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Seit 2007 hat sich Joachim Herrmann konsequent im Amt des Innenministers Bayerns gehalten und wurde kürzlich erneut wiedergewählt. Im Rahmen eines Global Talks des CIPs besucht er die ZU, um über aktuelle Fragen der Politik und sein Amt zu sprechen. Dabei findet er, für Politiker oft ungewöhnlich klare Worte und macht seine Meinung stets deutlich.
Ein Beispiel dafür ist seine scharfe Äußerung gegen die AfD. Er brandmarkt die Partei als Gefahr für die Demokratie und betonte die Notwendigkeit, ihr klar entgegenzutreten. Er verurteilt die radikalen Positionen der Partei stark und unmissverständlich. Seine Rede ist laut und von Emotionen geprägt, wodurch er Applaus des Publikums erntet, allerdings auch geschickt der Frage ausweicht, die ihm eigentlich gestellt wurde: wie die CSU die abgewanderten Wähler:innen zurückgewinnen möchte. Stattdessen wird betont, dass grundsätzlich alle demokratischen Parteien im Landtag zusammenhalten würden, wenn es um die AfD geht, trotzdem hätten vor allem andere Parteien wie die Grünen und die FDP Stimmen verloren und der AfD somit zum Wahlsieg verholfen.
Schon mit der ersten Frage des Abends zeigt Herrmann seine Loyalität zur CSU und Ministerpräsident Markus Söder. Als auf die geringe Anzahl von Frauen im Kabinett angespielt wurde, moderierte er die Kritik direkt mit der Aussage: „Ich werde die Entscheidung des Ministerpräsidenten, wie er das Kabinett zusammenstellt, nicht hinterfragen“, ab. Auch im weiteren Verlauf des Gesprächs ist kein Platz für Kritik an der Politik „meines Ministerpräsidenten“, wie Herrmann Söder stets bezeichnet, ohne auch nur einmal seinen Namen zu nennen.
Ein weiterer Fokus des Talks liegt auf der Wahlrechtsreform, gegen welche die CSU eine Klage eingereicht hat. Herrmann äußert sich deutlich gegen die Reform, welche er als „Nacht-und-Nebel-Aktion“ der Ampel bezeichnet. „Große grundlegende Fragen des Wahlrechts sind seit 1949 immer im Konsens der großen Parteien entschieden worden“, so würde man einfach nicht mit dem Wahlrecht umgehen. Er ist zuversichtlich, dass das Verfassungsgericht die Reform, durch welche die CSU an der 5 % Hürde auf Bundesebene scheitern könnte, verhindern wird.
„Wir können lautstark sagen, was wir in Bayern für richtig halten oder auch nicht, aber Entscheidungen werden auf diesem Gebiet auf anderen Ebenen getroffen“, erklärt Herrmann auf die Frage nach seinem Handlungsspielraum als zuständiger Minister für Migration und Integration. Er betont die Überlastung der Kommunen und dass man die Integrationsfähigkeit Deutschlands nicht überschätzen dürfe. Zu einer erfolgreichen Integration gehöre es, dass unsere demokratischen Werte geteilt werden, was nicht selbstverständlich sei. Er plädiert für kürzere Zahlungen von Sozialleistungen in Deutschland und neuen Maßnahmen, um Missbrauch dieser zu verhindern.
Gegen Ende des Gespräches wird noch der Länderfinanzausgleich angesprochen, welchen Herrmann als „Richtige und wichtige Sache“ bezeichnet. „Wir stehen stark da und sind auch stolz darauf, dass wir diese wirtschaftliche Stärke haben“, erklärt er. Dass Bayern in seiner Position allerdings mehr als die Hälfte des Ausgleichs zahlen solle, würde er nicht einsehen. Der Wunsch wäre schon, dass die Empfängerländer sich bemühen, ihre Situation zu verbessern, erklärt Herrmann. „Den Wohlstand, den wir in Baden-Württemberg und Bayern erreicht haben, den haben die Leute sich hart erarbeitet, der ist ja nicht vom Himmel gefallen“, vor allem junge Leute sollen mehr Verantwortung übernehmen, härter arbeiten und sich mehr anstrengen.
„Also lebt es sich in Bayern einfach besser?“, die Leitfrage des Abends muss Herrmann eigentlich gar nicht mehr beantworten, auch in diesem Zusammenhang ist seine Meinung über den Abend hinweg deutlich geworden. Er betont die Lebensqualität in Bayern, die Sicherheit und niedrige Arbeitslosenquote im Freistaat und kommt zu dem Schluss: „Wir sind nicht in allen Dingen die Nummer eins, aber wir stehen in vielem Gut da“. Auf die Frage hin, woran das liegen würde, hat er auch eine klare und wenig überraschende Antwort: Das läge an dem konsequenten Kurs, den Bayern über Jahrzehnte hinweg mit der CSU fährt.
Seit 2007 ist Herrmann im Amt des Innenministers tätig und verkörpert eine Ära der Kontinuität in der bayerischen Politik – eine Kontinuität, die nicht unbedingt von Vielfalt und dynamischen Veränderungen geprägt ist. Genau darauf spielt auch die einzige Frage aus dem Publikum an, die es schafft den Minister leicht aus der Verfassung zu bringen: Wenn sich junge Menschen doch mehr engagieren müssen, hätte er mit seinen 67 Jahren nicht das Zepter an jemand jüngeren geben sollen? Kurz muss Herrmann darüber nachdenken. Aber wer könne denn schon nein sagen, wenn man vom Ministerpräsidenten darum gebeten wird, sich noch einmal aufzustellen, besonders wenn dieser einen als besten Innenminister Deutschlandes bezeichnet?
Eines muss man Herrmann lassen, er findet klare Worte und macht seine Meinung deutlich. Ob er auch danach gefragt wurde, ist eine andere Frage…