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Mozart, Brahms und Bach, das sind Namen, die jeder kennt, auch wenn diese drei Männer alle lang vor unserer Zeit gelebt haben. Doch wer sind die großen Komponisten unserer Zeit? Mit etwas Glück werden vielleicht Taylor Swift und Beyoncé in hundert Jahren diesen Bekanntheitsgrad erreichen, aber was ist mit der klassischen Musik passiert? Ist sie wirklich so oldschool, dass es kein Zurück mehr für sie gibt, oder gibt es noch Hoffnung für das Genre?
Um das herauszufinden, haben sich verschiedene Wissenschaftler die Frage gestellt, woran es denn eigentlich liegt, dass klassische Musik und klassische Konzerte immer weniger beliebt sind. Liegt es wirklich am Inhalt der klassischen Musik oder ist vielleicht einfach das Format des klassischen Konzertes veraltet? Dass Musik Menschen bewegen und emotional berühren kann, ist allgemein bekannt, aber inwiefern kann das Konzert das Erleben und Wahrnehmen der Musik durch den Zuschauer beeinflussen? Und wie können diese Erkenntnisse genutzt werden, um das klassische Konzert wieder zugänglicher zu machen?
Mit all diesen Fragen haben sich die Experten und Wissenschaftler bei der internationalen Tagung „The Future of Classical Concert“ an der ZU auseinandergesetzt. Den Kern der Tagung stellte die Studie „Experimental Concert Research“ dar. Wie können Licht, Konzertmoderation oder Videoinstellationen das Musikerleben verändern und wie entscheidend sind die Reaktionen anderer Zuschauer für unser Erleben?
Die Studie untersucht diese Fragen, indem Mimik, Puls, Atemfrequenz und Körperhaltung der Zuschauenden klassischer Konzerte aufgezeichnet wurden. Dabei konnte festgestellt werden, dass die verschiedenen Formate aus Licht, Moderation etc. keinen großen Effekt auf die Zuschauer hatten. Allerdings können klassische Konzerte tatsächlich eine Art der Synchronität des Atems und Puls des Publikums auslösen, und zwar vor allem, wenn die Zuschauer von einem Stück emotional berührt wurden. Sogar Aspekte der Persönlichkeit haben einen Einfluss auf die Synchronität der Zuschauer, Extraversion und Synchronität stehen beispielsweise in einem negativen Zusammenhang.
Eine der entscheidenden Erkenntnisse der Studie ist allerdings, dass das Publikum eines Konzertes keine homogene Masse ist und auch nicht als eine solche behandelt werden sollte. Es gibt verschiedene Arten des Konzertbesuchers. Neben Besuchern, die die Musik lieben, wird es beispielsweise immer auch Begleitpersonen geben, die nur aufgrund des sozialen Faktors des Events dabei sind.
Über die beiden Tage hinweg widmen sich zahlreiche weitere Referenten den Implikationen dieser und vieler weiterer Studien, welche sich alle mit der Zukunft des klassischen Konzertes auseinandersetzten. Denn wie der renommierte Musikkritiker und Journalist des New Yorkers, Alexander Ross, in seiner Keynote zu Beginn der Veranstaltung auf den Punkt brachte, habe die klassische Musik eine transformative Kraft, die ein grenzüberschreitendes, manchmal fast religiöses Erlebnis bieten kann. Die junge Generation hätte schlicht nachlassendes Interesse an der Kunstform. Durch neue und innovative Konzertformate ließe sich dies allerdings vielleicht abwenden.