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Dass Kunst und Kultur einfach ihr Ding sind, wusste Miriam Knobe schon früh. „Bereits als Kind habe ich nicht nur viel gelesen, sondern bin auch immer gerne mit meiner Patentante ins Theater oder in die Oper gegangen“, erzählt Knobe. Da es ihren Eltern wichtig war, die Interessen ihrer Tochter zu fördern, erlernte sie das Spielen von Klavier und Fagott und das Schauspielern in einer Musiktheatergruppe. „Da sowohl mein Vater als auch meine Mutter zudem studierte Pädagogen sind, die in ihrem beruflichen Alltag mit Menschen mit Behinderungen arbeiten, haben sie mir mitgegeben, dass es wichtig ist, Menschen zusammenzubringen und zu sehen, dass in allem und jedem etwas Schönes und Gutes steckt“, bemerkt Knobe.
Nach ihrer Konfirmation blieb Miriam Knobe der evangelischen Kirchengemeinde ehrenamtlich verbunden und konzipierte und organisierte gemeinsam mit anderen engagierten Jugendlichen und jungen Erwachsenen über das Jahr Reisesegengottesdienste und in der Vorweihnachtszeit einen Adventsgottesdienst. Eine Freundin und Klassenkameradin wiederum war es, die Miriam Knobe auf eine Ausschreibung des Jugendparlaments in ihrer Heimatstadt Haan aufmerksam machte. Sie kandidierte und wurde gewählt. „Besonders bereichernd an der Parlamentsarbeit war es, die Interessen von Gleichaltrigen zu vertreten und das Gefühl zu haben, etwas verändern zu können. Denn wir Jugendlichen und unsere Anliegen wurden von den Gemeinderatsmitgliedern ernst genommen“, berichtet Knobe, die eine zweite Amtsperiode dranhängte, um angestoßene Projekte wie die Schaffung eines Jugendtreffs weiter zu begleiten.
Ihr breites Interesse – was sich auch in ihren Leistungskursen Deutsch, Französisch, Mathe und Geschichte widerspiegelte – machten ihr die Studienwahl nicht leicht. Das Patentrezept ihrer Patentante für ihre generalistisch veranlagte Patin: die ZU. „Und damals war mir auch schon klar, dass ich dort studieren möchte, obwohl mein Umfeld bezahlter Hochschulbildung in Deutschland eher kritisch gegenüberstand“, erwähnt Knobe.
Um einen Mittelweg zu gehen und sich Universität überhaupt mal anzuschauen, versuchte Miriam Knobe es zunächst mit einem Bachelor in Germanistik und Informationswissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. „Doch mein Bauchgefühl sagte mir immer wieder, dass es sich einfach nicht richtig anfühlt“, bemerkt Knobe. Deshalb und weil sich mit einer möglichen Karriere als Kulturmanagerin eine spannende Perspektive offenbarte, entschied sie sich für eine Bewerbung an der ZU. „Auch wenn ich selbst kritisch war, haben mich die ersten Eindrücke von der Universität und ihren Menschen beim Auswahltag beeindruckt, ja geradezu berauscht“, erinnert sich Knobe.
Dass Soziologie und Philosophie ihre Sache sind, wusste Miriam Knobe bereits im dritten Semester. „Je mehr ich mich mit wissenschaftlichen Texten auseinandergesetzt habe, desto mehr habe ich gemerkt, wie sich mein Denken erweitert“, beschreibt Knobe. Eine Person, die sie und ihr Denken prägt, ist ZU-Kulturwissenschaftler Professor Dr. Jan Söffner. „Er hat eine ganz besondere Art, Studierende zu ermutigen, neue Denkwege zu beschreiten“, erzählt Knobe. Exemplarisch für diesen geistigen Freiraum steht ihre Bachelorarbeit, für die sie eine Feldforschung in den Friedrichshafener Kneipen durchführte. „Ich habe mir die Kneipe als Erinnerungsort genauer angeschaut und versucht zu beschreiben, was Kneipen in diesem Sinne so besonders macht“, erläutert Knobe, die sich mit ihrem Notizbuch zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten an den Tresen setzte, das Kneipenleben beobachtete und ihre erlebten Eindrücke aufzeichnete.
In Friedrichshafen hat Miriam Knobe nicht nur einen Erinnerungsort erforscht, sondern auch Räume geschaffen, an die sich Menschen gerne und gut erinnern. Als Teil eines studentischen Teams organisierte sie eine Auflage der „Langen Nacht der Musik“, übernahm dabei die Öffentlichkeitsarbeit und Arbeiten, die während des Musikfestivals anfielen. Als Vorstandsvorsitzende von welt_raum e.V. versuchte sie, die Grundidee des Vereins fortleben zu lassen: Begegnungen zwischen Geflüchteten, Bürger:innen und Studierenden zu ermöglichen, um voneinander zu lernen und miteinander Vorurteile abzubauen. „Die Situation der Geflüchteten in Friedrichshafen hat sich während meiner Amtszeit permanent verändert – so etwa, als die Gemeinschaftsunterkunft im Fallenbrunnen aufgelöst wurde. Meine Führungsaufgabe bestand also darin, wie wir es gemeinsam schaffen, der jeweils neuen Situation mit neuen Formaten gerecht zu werden“, beschreibt Knobe.
Ob eine StudentStudy zu Gender Studies oder ein Transcultural Leadership Summit zu Brasilien: Gemeinsam mit Kommilitoninnen und Kommilitonen initiierte Miriam Knobe außerdem Diskursräume, um sich über Konzepte von Feminismus und Sexualität sowie Ansätze von transkultureller Führung und Kooperation auszutauschen. Um mehr darüber zu erfahren, wie es ist, an einer Universität tätig zu sein, arbeitete sie schließlich als wissenschaftliche Hilfskraft am Planspiellabor und am Zentrum für Politische Kommunikation und unterstützt aktuell die Juniorprofessur für Cultural & Media Policy Studies.
Mit der Bachelorarbeit entdeckte Miriam Knobe ihre Freude am Forschen. Wie es der Zufall so wollte, stand mit dem Master in Interdisciplinary Research | IRMA der Start eines neuen Forschungsmasters an der ZU kurz bevor. „Eigentlich wollte ich für den Master woanders hingehen, aber nach mehreren Gesprächen mit Jan Söffner ist mir bewusst geworden, dass der IRMA genau der richtige Master für mich ist. Weil er den Fokus auf ein eigenes Forschungsprojekt legt und damit auf eine weitere Forschungstätigkeit optimal vorbereitet“, erwähnt Knobe. Im ersten Semester wählte sie das Forschungsthema und das Forschungsdesign, in regelmäßigen Kolloquien präsentierte und diskutierte sie die Fortschritte ihres über drei Semester laufenden Forschungsprojektes. „Darin habe ich mich mit dem Spannungsfeld von Ästhetik und Ökonomie beim Film auseinandergesetzt“, bemerkt Knobe.
In die Filmszene tauchte sie erstmals bei einem Studienpraktikum in der Film- und Medienstiftung NRW ein. „Von da an wusste ich, dass ich mir die Filmproduktion mal aus der Nähe anschauen möchte“, berichtet Knobe. Daher zog sie nach dem Bachelor nach Berlin, um in einem weiteren Praktikum bei der Produktionsfirma MadeFor Film GmbH mehr über das Filmgeschäft zu erfahren. In den ersten Monaten ihres Masterstudiums ging es für sie quer durch Deutschland zu verschiedenen Filmsets. Für den Kinofilm „Lieber Kurt“ noch als Set-Runnerin tätig, arbeitete sie bei den Filmprojekten „Alle für Ella“, „37 Sekunden“, „Friedliche Weihnachten“ und „Seeland“ als Assistentin der Aufnahmeleitung. „Vom ersten Tag an habe ich mich am Set wohlgefühlt, weil die offene und wertschätzende (Macher-)Mentalität perfekt zu mir passt“, erklärt Knobe.
Eine dabei gemachte Beobachtung führte sie zum Thema ihres Forschungsprojektes. „Ich habe beobachtet, dass es beim Film zum einen ums Geld geht, und war überrascht, wie groß der Einfluss der eingesetzten finanziellen Mittel auf die Filmqualität sein kann. Zum anderen geht es beim Film aber auch um Kunst, denn viele Filmschaffende, denen ich begegnet bin, sehen sich in erster Linie als Kunstschaffende“, erzählt Knobe. „Daraus ergab sich dann die Forschungsfrage: Wie beeinflussen sich in der Filmproduktion ästhetische und ökonomische Faktoren?“
Sechs Wochen lang betrieb sie an einem Filmset eine Feldforschung, beobachtete und protokollierte das Geschehen und konzentrierte sich auf die Momente, in denen Entscheidungen entweder für das Geld oder für die Kunst getroffen werden. In ihrer Masterarbeit verknüpft sie nun die Daten aus ihrer Feldforschung mit Experteninterviews mit dem Regisseur und dem Hauptdarsteller des Filmprojekts. „Letztlich möchte ich das Dreieck Kunst, Markt und Macht beim Film analysieren“, verrät Knobe.
Für die Zeit nach dem Master hat Miriam Knobe einige Produktionsfirmen in den Blick genommen, um als Junior Producerin bei weiteren Filmprojekten mitzuwirken: „Die Bewerbungen laufen bereits. Genauso wie die Gespräche mit Jan Söffner über eine mögliche Promotion. Noch ist beides möglich, noch schwankt mein Bauchgefühl zwischen Filmproduktion und Forschung. In jedem Fall möchte ich durch die Aufbereitung von komplexen Themen möglichst viele verschiedene Menschen erreichen, inspirieren und zur Reflexion anregen.“