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Interview mit Windsurfer Sebastian Kördel

„Das wird kein Zuckerschlecken“

Interview: Patrick Merk | Fotos: DSV/Sailing Energy
28.05.2024
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In diesem Jahr wirst Du voraussichtlich zum ersten Mal an den Olympischen Spielen in der Disziplin iQFOiL teilnehmen. Wie und wo bereitest Du Dich darauf vor?


Sebastian Kördel: Ich bereite mich seit 2021 auf dieses große Ereignis vor: das olympische Rennen in Marseille. Obwohl ich noch nicht genau weiß, was mich erwartet, hatte ich bereits die Gelegenheit, am olympischen Testevent teilzunehmen. Dabei war dieselbe Anzahl an Athleten und Rennleitern vor Ort, wir haben im gleichen Hotel geschlafen usw. Es war ein interessanter Einblick, der Lust auf mehr gemacht hat. Das Training wird nun in Cadiz, Südspanien fortgesetzt. Anschließend verbringen wir einen Monat auf Mallorca, bevor es von Palma aus zum letzten Rennen vor den Olympischen Spielen nach Südfrankreich geht. Ich reise dann weiter an den Gardasee und nach Marseille, wo der Deutsche Segler-Verband einen Stützpunkt unterhält und wir uns auf die Bedingungen einstellen und das uns zur Verfügung gestellte Material begutachten können.


Was genau ist eigentlich iQFOiL?


Kördel: Das Besondere an dieser Disziplin ist, dass wir auf Hydro-Foils unterwegs sind, die das Surfbrett aus dem Wasser heben. Dadurch erreichen wir hohe Geschwindigkeiten, da die Fläche und der Widerstand verringert werden. Wir sind die zweitschnellste Segelklasse bei den Olympischen Spielen. Nur die Kiter sind noch etwas schneller. Wie bei anderen Segelrennen geht es hierbei um Geschwindigkeit und nicht um Tricks. Die Regatta besteht aus Qualifikationsrennen, Finalläufen und am Ende kämpfen die Top 10 um Medaillen.


Was ist dein Ziel für Marseille, wenn alles gut geht: Dabei sein ist alles oder die Goldmedaille?


Kördel: Mein Team und ich haben das Ziel, eine Medaille zu gewinnen. Meine bisherigen Leistungen bestätigen, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Lediglich bei der Weltmeisterschaft in Lanzarote vor ein paar Wochen lief es nicht wie geplant. Dennoch lasse ich mich davon nicht beirren. Ich habe weiterhin mein Ziel vor Augen. Das schlechte Ergebnis hat mich wachgerüttelt. Ich trete gegen die Besten der Welt an. Jeder Konkurrent hat ein großes nationales Team hinter sich, das seine Athleten schnell machen will. Das wird kein Zuckerschlecken. Ich muss alles geben und optimieren, um eine Chance auf eine Medaille zu haben. Allerdings habe ich durch meine bisherigen Erfolge gezeigt, dass es definitiv möglich ist.

„Das Besondere an der Disziplin iQFOiL ist, dass wir auf Hydro-Foils unterwegs sind, die das Surfbrett aus dem Wasser heben. Dadurch erreichen wir hohe Geschwindigkeiten, da die Fläche und der Widerstand verringert werden.“
„Das Besondere an der Disziplin iQFOiL ist, dass wir auf Hydro-Foils unterwegs sind, die das Surfbrett aus dem Wasser heben. Dadurch erreichen wir hohe Geschwindigkeiten, da die Fläche und der Widerstand verringert werden.“

Seit Deiner Kindheit und Jugend stehst Du auf dem Windsurfbrett. War es schon immer Dein Traum, an den Olympischen Spielen teilzunehmen?

Kördel: Er war immer präsent, jedoch war das Material für die bisherigen olympischen Zyklen nicht besonders attraktiv: schwer, langsam und veraltet. Eine Motivation für die Olympischen Spiele war somit nicht gegeben. Stattdessen habe ich mich für einen anderen Weg entschieden und bin in den Privatsektor gegangen. Dort nahm ich unter anderem an Windsurf-Weltcups in Frankreich, Deutschland, Spanien, aber auch in Asien und der Südsee teil. Als die olympische Klasse auf Windfoils umgestellt wurde, war das der entscheidende Faktor für meine Entscheidung, mich auf die Olympischen Spiele vorzubereiten. Besonders der Gewinn der Weltmeisterschaft 2022 hat gezeigt, dass ich das Potenzial habe, der Beste zu sein. Das hat in mir ein Feuer entfacht!


Was macht diesen Wettbewerb eigentlich so besonders? Was ist bei den Olympischen Spielen anders als bei einer Weltmeisterschaft?


Kördel: Die Olympischen Spiele finden nur alle vier Jahre statt, während die Weltmeisterschaften jährlich ausgetragen werden. Bei der Weltmeisterschaft treten größere Startfelder an und man muss sich gegen bis zu 160 Athleten durchsetzen, während man bei den Olympischen Spielen nur gegen 24 andere Surfer antritt. Dabei kommen die teilnehmenden Nationen aus der ganzen Welt, wobei die Leistungsdichte im Verhältnis zur Weltmeisterschaft natürlich geringer ist. Es qualifizieren sich nicht die ersten 24 Fahrer der Weltrangliste, sondern pro Nation gibt es nur einen Fahrer, der sein Land vertreten darf. Für Länder wie Frankreich oder die Niederlande, die mehrere Top-Athleten haben und mehrfach in den Top 10 vertreten sind, ist das ein Nachteil. Für mich dementsprechend ein Vorteil, weil ich mich nur gegen den besten Franzosen und gegen den besten Niederländer durchsetzen muss.


Du hast an der Zeppelin Universität studiert und 2014 einen Bachelor in Corporate Management & Economics gemacht. Hattest Du damals schon vor, Profisportler zu werden?


Kördel: Ja! Die Zeit an der Zeppelin Universität möchte ich keinesfalls missen. Bereits nach der Schule hatte ich das Potenzial, Vollprofi zu werden – und es gab auch erste Sponsoren, die das ermöglicht hätten. Ich habe mich jedoch dazu entschieden, zumindest einen Bachelorabschluss zu erwerben, bevor ich Profi werde: einfach, um etwas in der Tasche zu haben. Während meiner Studienzeit bin ich neben meinen Praktika im Sommer regelmäßig Rennen gefahren und habe in der Winterpause trainiert. Einmal bin ich direkt nach meiner letzten Klausur zum Worldcup an die Costa Brava gereist, worunter meine Ergebnisse auf dem Rennkurs natürlich etwas litten. Ich war erleichtert, als ich mit dem Profisport beginnen konnte und nicht mehr in der Bibliothek sitzen musste. Ich hatte an der Zeppelin Universität eine schöne Zeit und habe coole Leute kennengelernt, mit denen ich noch heute in Kontakt stehe.


Spielen die Themen, die Du im Studium behandelt hast, heute noch eine Rolle für dich?


Kördel: Die genauen Themen und Sachverhalte nicht. An der Zeppelin Universität habe ich jedoch gelernt, mit Zahlen umzugehen, neue Denkmuster zu entwickeln und Probleme aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Diese Fähigkeiten haben mir auch in meiner Karriere als Profisportler geholfen und tragen zu meinen Erfolgen bei.

„An der Zeppelin Universität habe ich jedoch gelernt, mit Zahlen umzugehen, neue Denkmuster zu entwickeln und Probleme aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Diese Fähigkeiten haben mir auch in meiner Karriere als Profisportler geholfen und tragen zu meinen Erfolgen bei.“
„An der Zeppelin Universität habe ich jedoch gelernt, mit Zahlen umzugehen, neue Denkmuster zu entwickeln und Probleme aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Diese Fähigkeiten haben mir auch in meiner Karriere als Profisportler geholfen und tragen zu meinen Erfolgen bei.“

Machst Du Dir schon Gedanken darüber, was nach Deiner sportlichen Karriere kommen könnte? Oder konzentrierst Du Dich noch zu 100 Prozent auf das Windsurfen?


Kördel: Wenn man eine Medaille im olympischen Sport anstrebt, bleibt wenig Raum für andere Gedanken. Natürlich überlegt man sich immer, wie es weitergeht. Auch bei den nächsten Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles hätte ich rein körperlich noch die Möglichkeit teilzunehmen. Die Frage ist nur, ob ich die nächsten vier Jahre meines Lebens für den Sport opfern möchte. Jetzt konzentriere ich mich jedoch vollständig auf die Olympischen Spiele, alles andere wird hintangestellt. Ich werde danach eine Pause einlegen und entscheiden, ob ich weitermache.


Du bist in der Bodenseeregion aufgewachsen und hast als Kind auf dem Bodensee Windsurfen geübt. Bist Du manchmal noch hier?


Kördel: Leider kommt es sehr selten vor, obwohl ich eigentlich sehr heimatverbunden bin. Mein Lebensmittelpunkt liegt jedoch woanders und ich bin oft auf Reisen zu Trainingslagern und Ähnlichem. Gelegentlich besuche ich meine Eltern und natürlich verbringe ich gerne Zeit am See.


Was machst Du, wenn Du nicht gerade über dem Wasser schwebst?


Kördel: Dann beschäftige ich mich damit, wie man noch schneller über das Wasser schweben kann. Ich werde vom Verband unterstützt, organisiere jedoch meine Kampagnen selbst, kümmere mich um Transport und Material, mache die Buchhaltung, suche nach Sponsoren und halte gelegentlich Gastreden. Es wird also nicht langweilig! In meiner Freizeit gehe ich gerne Wellenreiten, Rennradfahren und ich freue mich, bald wieder in die Berge zum Skifahren zu kommen. Darauf musste ich die vergangenen drei Jahre wegen des Verletzungsrisikos verzichten.

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