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Professor Dr. Preilowski hat an der ZU eine Gastprofessur für Methoden in Verhaltens- und Hirnforschung inne und ist Mitbegründer des Hugo-Eckener-Labors für Experimentalpsychologie und Hirnforschung. Der aprobierte Klinische Neuropsychologe war am California Institute of Technology in Pasadena (USA) als Mitarbeiter von Roger W. Sperry an der sogenannten „Split-Brain“-Forschung beteiligt, für die Sperry 1981 den Nobelpreis für Medizin erhielt. Neben Forschungsschwerpunkten in der Zerebralen Asymmetrie und der Gehirnplastizität widmet er sich auch besonders entwicklungsbedingten schulischen Lernproblemen.
Im Rahmen der 27. Jahrestagung der Gesellschaft für Neuropsychologie in Marburg wurde Professor Dr. Bruno Preilowski am 24. September 2012 mit der Ehrenmitgliedschaft der Vereinigung „für seine herausragenden Verdienste um die Gesellschaft für Neuropsychologie“ ausgezeichnet. Preilowski war Teil der Gremien, die sich mit Ärzten, anderen Psychologen, Gesetzgebern und Krankenkassen auseinandersetzten, um die Neuropsychologische Therapie als Regeltherapie anerkennen zu lassen.
Sie kommen in Ihrer Forschung zu dem Befund, dass sich menschliche Gesichtshälften in einen emotionalen und einen kontrollierten Ausdruck unterscheiden lassen. Wie kann man sich das vorstellen?
Professor Dr. Bruno Preilowski: Es gibt Belege dafür, dass die linke Gesichtshälfte eher das widerspiegelt, was wir tatsächlich fühlen, und dass die rechte einen kontrollierten, willentlichen Ausdruck widergibt.
Gleichzeitig gibt es aber beim Gegenüber eine verstärkte Wahrnehmung der rechten Gesichtshälfte – das heißt der Hälfte, die uns „täuscht“. Das ist sehr gut belegt, da gibt es sehr viele Beispiele aus der experimentellen Neuropsychologie und, auch was die klinischen Daten betrifft, Belege dafür, dass wir Gesichter tatsächlich bevorzugt mit der rechten Gehirnhemisphäre betrachten.
Wie lassen sich diese Befunde erklären?
Preilowski: Wir haben gelernt, aus positiver Absicht zu täuschen. Wenn ich davon ausgehe, dass wir Menschen in einer sehr differenzierten Gruppe von Personen leben, die hoch spezialisiert sind, dann bin ich auf Kooperation angewiesen. Ich brauche denjenigen, der das kann, was ich nicht kann. Und dann muss ich eben auch lernen, ihm ein positives Gesicht zu zeigen, obwohl mir vielleicht nicht danach zu Mute ist.
Ganz abgesehen davon, dass ein positiver Gesichtsausdruck auch für den Täuscher selbst belohnend ist. Das ist ein altes Phänomen: Wenn ich Leuten einen Bleistift zwischen die Zähne stecke, bekommen sie tatsächlich eine positivere Einstellung. Lachen macht uns tatsächlich glücklich. So wissen wir auch schon relativ lange, dass Menschen darunter leiden, wenn sie ein Problem in der Mimik haben – zum Beispiel Parkinson-Patienten, die eine eingefrorene Mimik haben.
Wie lässt sich diese Verbindung zwischen Gesichtsausdruck und tatsächlicher Emotion erklären?
Preilowski: Es gibt die sogenannte Facial-Feedback-Hypothese, die besagt, dass das, was wir an Mimik produzieren, eine Rückmeldung an unser Gehirn gibt. Das heißt: Wenn die Mimik Freude ausdrückt, dann aktiviert unser Gehirn nicht nur die entsprechenden Muskeln, sondern es erhält auch gewissermaßen eine Kopie der Aktivierung und der Empfindungen, die mit den Muskelbewegungen einhergehen. Und das hat bei positiver Mimik einen positiven Effekt. Ob das gelernt ist, oder ob das einen angeborenen Zusammenhang darstellt, das wissen wir nicht. Aber es hilft tatsächlich, jeden Morgen vor dem Spiegel das Lächeln zu trainieren, um eine positive Stimmung zu erzeugen. Ein ehrliches Lachen könnte dabei eine stärkere Rückmeldung geben als ein erzwungenes - aber beides hilft.
Und wie würden Sie sich erklären, dass wir uns so bereitwillig täuschen lassen? Das ist doch ein Nachteil.
Preilowski: Das würde ich auch eher positiv sehen: Nicht, dass wir uns täuschen lassen, sondern, dass wir das Getäuscht-Werden akzeptieren – weil man bestätigt werden will. In einer Arbeitsgruppe, in der man ständig nur negative Sachen zu hören bekommt oder eben: zu sehen bekommt, wird man keine wirkliche Freude an der Kooperation haben. Da gibt es Momente, wo man gute Miene zum bösen Spiel machen und dies auch vom Gegenüber akzeptieren muss.
Bild: Daniela Hartmann / Flickr