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Ulf Kunze, geboren 1969, studierte Ökonomie in Witten Herdecke und durchlief Stationen im strategischen Managament, im Marketing und in Innovationsabteilungen. 1999 gründete er die neopoly AG, ein Unternehmen für Onlinespiele. Zuletzt wirkte er an der Gründung von YOU IS NOW mit, einem Corporate Incubator von immobilienscout24.
Vgl. Metastudie zu Inkubatoren "A Systematic Review of Business Incubation Research" von Hackett/Dilts (2004), The Journal of Technology Transfer.
Die Autoren verglichen über 35 Studien auf dem Feld der Business Incubators.
"Sie wollen individuell sein, doch meiner Meinung nach erreichen Sie das hier noch nicht“, die Kritik von Petra Euler am Geschäftsmodell der Startups geht an die Substanz. Die Geschäftsführerin der Amadeus Germany GmbH war im August zu Besuch beim sogenannten PioneerPort der Zeppelin Universität (ZU), der angestebten Dachmarke aller gründungsbezogener Aktivitäten am ZU-Campus. Gemeinsam mit Ulf Kunze, mehrfacher Unternehmensgründer und ebenfalls erfahrener Berater im Startup-Bereich, stellte sie in Feedback-Sessions ihr Expertenwissen zur Verfügung und beurteilte die verschiedenen Geschäftsmodelle.
Die Hochschule übernimmt hier wichtige Funktionen eines Business Incubators, also eines Entwicklungsraumes für Geschäftsideen. Startups wird dabei etwa Zugang zu Fachwissen und einem Expertennetzwerk ermöglicht. Die Feedback-Sessions sollen hierbei einen ersten Berührungspunkt der Gründer mit verschiedenen Experten darstellen, in denen auf jeweils zehn- bis zwanzigminütige Präsentationen die Sparring-Sessions folgen. In diesen Kritikrunden stehen die Gründer den Fragen der Experten Rede und Antwort. Durch die knappe Präsentationszeit war ein tiefes Eintauchen in einzelne Punkte zwar nicht in jedem Fall möglich, dennoch erhielten die Startups Informationen der Experten zu spezifischen Fachbereichen ihrer Arbeit wie auch eine allgemein-externe Einschätzung des Geschäftskonzeptes.
Diese Art Pitch mit einseitigem Feedback in Richtung der Startups ist ein gängiges Format im Inkubationssektor und dient überwiegend dem Erfahrungstransfer hin zu den Gründern.
Doch was motiviert erfahrene Unternehmer, ihr Wissen an Gründer weiterzugeben – und können sie selbst etwas dabei lernen? Kunze spricht in diesem Fall von einer Mischung aus Sendungsbewusstsein und der Rückbesinnung an seine eigene Gründungszeit, von „kleinen Gesprächen oder dem Blick des anderen, der ein bisschen mehr Erfahrung hat“, die ihm als wertvoll in Erinnerung geblieben sind. Er selbst ist Gründungsmitglied von You Is Now, einer Inkubationsplattform von immobilienscout24, wodurch er auch die unternehmerische Perspektive wahrnimmt. Besonders im Bereich „disruptiver Gedanken“ für bestehende Organisationen sieht er hier Lernpotential. „Betreiben Unternehmer ihr Geschäft längere Zeit, nehmen die Pfadabhängigkeiten und Netzwerkexternalitäten derart überhand, dass der Weg kaum noch anders gegangen werden kann und der Blick über den Tellerrand unmöglich erscheint“, unterstreicht er. In seinen Augen ist es besonders die frische Herangehensweise, die als weicher Faktor sehr positiv auf Unternehmen wirken kann.
Dass Unternehmen nach dieser Perspektive bereits aktiv suchen, verdeutlicht sich im Trend der „corporate incubators“, die, wie auch You Is Now, dem Gründungsmarkt als unternehmensnahe Institutionen ihr spezifisches Wissen und Kapital zur Verfügung stellen. Auch Coworking-Spaces auf ungenutzten Freiflächen von Unternehmen dienen der direkten Konfrontation mit Selbstständigen und Gründern. Dabei handelt es sich um Räume und Gebäude, in denen verschiedene Menschen und Projektgruppen individuell, aber trotzdem gemeinsam arbeiten. Unternehmen scheinen also zunehmend einen gewissen Grad an Unsicherheit zu akzeptieren, beziehungsweise zu provozieren, um durch die Konfrontation mit Neuem potentiell negative, eingefahrene Verhaltensmuster zu überwinden. „Unter anderem geht es uns auch darum, eine Organisation insgesamt innovativer aufzustellen. Und das ist eben einer der Wege, neue Gedanken weiterzudenken und die Kernorganisation damit zu konfrontieren“, hält Kunze fest.
Zwar ist längst nicht jede Gründungsidee reif für einen Inkubator, denn im Schnitt schafft es nur ein Startup aus 100 in ein solches Programm. Das Potential des "frischen Windes" für Produkte wie Prozesse aber zeichnet sich bereits deutlich in den verschiedenen Marktaktivitäten ab. Das Feld der Startups entwickelt sich demnach auch für etablierte Unternehmen zu einer interessanten Perspektive, neue Wege zu beschreiten. Und vielleicht erreicht diese frische Brise in den kommenden Jahren sogar eine neue Windstärke – trotz der im Trend rückläufigen Gründungszahlen in Deutschland.
Bild: Bertram Rusch