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Professor Dr. Rick Vogel ist seit dem Frühjahrssemester 2012 Inhaber des Lehrstuhls für Public Management & Public Policy an der Zeppelin Universität. Seine derzeit wichtigsten Arbeitsgebiete sind Public Sector Leadership, Mixed Governance und institutioneller Wandel im öffentlichen Sektor. Rick Vogel habilitierte sich 2011 an der Universität Hamburg und erhielt die Venia Legendi für Betriebswirtschaftslehre. Seine externe Promotion schloss er 2005 an der Bergischen Universität Wuppertal mit Auszeichnung nach dem dortigen Studium der Wirtschaftswissenschaft ab. Sieben Jahre war Vogel zudem als Organisationsberater tätig.
Bei der experimentellen Studie sind die Forscher neue Wege gegangen. „Herkömmliche Laborexperimente haben den Nachteil, dass sie nur kleine Fallzahlen realisieren können und meist nur mit Studierenden durchgeführt werden“, so Professor Dr. Rick Vogel. Deshalb seien Ergebnisse nur sehr begrenzt verallgemeinerbar. Stattdessen haben die Forscher die Möglichkeiten des Internets genutzt und ein Online-Experiment durchgeführt. Über Webseiten der Wirtschaftspresse wurden gezielt Entscheidungsträger in der Wirtschaft angesprochen und zum Mitmachen animiert. Getarnt war das Experiment als Selbst-Test: Den Internet-Usern wurde angeboten, mit einem Fragebogen ihren Entscheider-Typ herauszufinden. Auf diese Weise konnten mehr als 3.000 Teilnehmer gewonnen werden. Was die Versuchspersonen nicht wussten: Nicht alle Teilnehmer bekamen für ihre Entscheidungen die gleichen Informationen. Die imaginären Gründerteams waren im Hinblick auf die demographischen Merkmale ihrer Mitglieder unterschiedlich stark durchmischt. In heterogenen Teams unterschieden sich die Mitglieder hinsichtlich Ausbildung, Erfahrung, Geschlecht und Nationalität vergleichsweise stark, während homogene Teams aus Mitgliedern zusammengesetzt waren, die sich demographisch relativ ähnlich waren.
Eine originelle Idee, so nehmen Gründer oftmals an, sei der Garant für ihren Erfolg. Dabei zeigte bisherige Forschung, dass das Gründerteam oft wichtiger ist als die Geschäftsidee selbst: Risikokapitalgeber investieren lieber in ein A-Klasse-Team mit einer B-Klasse-Idee als in eine A-Idee von einem B-Team. Die Forscher Professor Doron Kliger von der Universität Haifa, Tatjana Puhan von der Universität Zürich und Professor Dr. Rick Vogel, Inhaber des Lehrstuhls für Public Management and Public Policy der Zeppelin Universität, konzentrierten sich deshalb darauf, in welcher Zusammensetzung Gründerteams die besten Chancen haben, Risikokapital zu erhalten. Die Studie mit dem Titel „Venture capitalists, investment decisions and entrepreneurial team diversity: an experimental study” wurde in Zusammenhang mit der breiter angelegten Studie „Wie entscheiden Entscheider“ durchgeführt. Dabei ging es vor allem um die Frage „Kopf oder Bauch?“ – sind Entscheidungen vom Verstand oder von der Intuition geleitet?
Um herauszufinden, welchen Einfluss die Zusammensetzung von Gründerteams hat, entwickelten die Wissenschaftler im Jahr 2010 ein Experiment, bei dem die Teilnehmer Teams bewerten mussten. Diese hatten sich mit einem Business Plan um Risikokapital beworben. Während die Geschäftsidee – eine neue Technologie zur Produktion von Brennstoffzellen für Hybridantriebe – immer dieselbe war, änderte sich die Zusammensetzung des Gründerteams. Variiert wurden aufgabenbezogene Merkmale wie Ausbildung und Führungserfahrung sowie nicht-aufgabenbezogene Eigenschaften wie Geschlecht und Nationalität.
Bislang war die Gründungsforschung davon ausgegangen, dass große demographische Unterschiede in aufgabenbezogenen Merkmalen kognitive Konflikte zwischen den Teammitgliedern hervorrufen. Doch wie andere Studien belegen, wirken sich diese Konflikte gerade bei unstrukturierten und kreativen Aufgaben wie der Gründung eines Unternehmens produktiv aus: Zwar sind Entscheidungsprozesse in heterogenen Teams aufwändiger, weil die Mitglieder viele unterschiedliche Perspektiven und Argumente einbringen, am Ende wird aber meist eine höhere Entscheidungsqualität erzielt. Anders verhält es sich mit nicht-aufgabenbezogenen Persönlichkeitsmerkmalen: Unterscheiden sich Teammitglieder in dieser Hinsicht stark, treten häufig affektive Konflikte auf, die ohne produktive Wirkung bleiben. Kommunikations- und Entscheidungsprozesse werden dann unnötig erschwert.
Die Studie, die sich derzeit noch im Review-Prozess befindet, ergab, dass professionelle Entscheider in allen Dimensionen eine hohe Diversität honorieren und signifikant lieber in heterogene als in homogene Teams investieren. Während das für die aufgabenbezogenen Merkmale wie Ausbildung und Erfahrung zu erwarten war, hat es die Forscher überrascht, dass das Gleiche auch für nicht-aufgabenbezogene Eigenschaften wie Geschlecht und Nationalität gilt. Zum Beispiel zogen die Entscheider selbst in einer Männerdomäne wie der Hochtechnologiebranche gemischte Gründerteams aus Männern und Frauen rein männlichen Teams vor. Gleiches gilt für die Nationalität der Gründer, obwohl hier Kommunikationsschwierigkeiten durch kulturelle und sprachliche Differenzen besonders offensichtlich sind. „Offenbar sind die Kosten der sozialen Integration in gemischten Teams für Risikokapitalgeber nicht entscheidend“, sagt Professor Dr. Rick Vogel.
Was veranlasst Risikokapitalgeber dann, konsistent in heterogene Teams zu investieren? Vogel: „Risikokapitalgeber beziehen in ihre Entscheidung nicht nur das Human-, sondern auch das Sozialkapital von Unternehmensgründern ein. Stark durchmischte Teams versprechen vielfältigere Zugänge zu sozialen Netzwerken und damit eine breitere Ressourcenbasis. Deshalb ist die Diversität eines Gründerteams für Risikokapitalgeber ein wichtiger Frühindikator für spätere Geschäftserfolge.“ Aus der Perspektive von Gründungswilligen gelte es daher, die höheren sozialen Kosten eines heterogenen Teams mit dem besseren Zugang zu Risikokapital abzuwägen. Drum wähle, wer sich lange bindet.
Bild: Bertram Rusch