ZU|Daily wurde in die Hauptseite in den Newsroom unter https://www.zu.de/newsroom/daily/ integriert. Die neuesten Artikel seit August 2024 werden dort veröffentlicht. Hier finden Sie das vollständige Archiv aller älteren Artikel.
Professor Dr. Peer Ederer studierte in Tokio und Havard, forschte und arbeitete bereits in weiten Teilen der Welt und arbeitete unter anderem auch bei der Deutschen Bank und der Unternehmensberatung McKinsey. Ganz seinem Lebenslaut entsprechend, gilt seine wissenschaftliche Leidenschaft den Zusammenhängen zwischen Humankapital, Wachstum und Innovation. Als Unternehmer setzt er seine Kenntnisse in der Finanzierung von Kraftwerken in Afrika ein. Peer Ederer leitet an der Zeppelin Universität das HUGIN Center for Human Capital, Growth and Innovation, welches das Projekt LLLightinEurope koordiniert, mit mehr als 30 Forschern weltweit. Das HUGIN Center soll eine wesentliche Stimme in der europäischen Diskussion um Lernen, Wissen, Wachstum und Wohlstand sein.
Am Dienstag, den 05.03.2013 hält Professor Dr. Peer Ederer unter dem Titel „Human Capital, Growth and Innovation" seine Antrittsvorlesung an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen und berichtet über vielfältige Herausforderungen in der europäischen Diskussion um Lernen, Wissen, Wachstum und Wohlstand. Im Anschluss lädt die Zeppelin Universität zum Apéro. Aufgrund der begrenzten Teilnehmerzahl wird um Anmeldung gebeten.
„Was wir zunächst herausgefunden haben, lässt sich unter ein ganz einfaches Motto stellen“, beginnt Profesor Dr. Peer Ederer, Direktor des ‚HUGIN Center for Human Capital, Growth and Innovation’ der Zeppelin Universität, seine Studienergebnisse zu beschreiben. „Smart Jobs make smart people“, sagt er. Und das hänge damit zusammen, wie sehr die Anforderungen an Arbeitnehmer im Rahmen der Globalisierung gewachsen sind: „Statt über Kosten wird der internationale Wettbewerb zunehmend über Flexibilität entschieden.“ Genau deshalb komme es heute auf die kleinen Innovationen für jeden einzelnen Mitarbeiter an. Wer ohne Schulung und Fortbildung ein Problem selbst löst, wird irgendwann auch in der Lage sein, komplexere Probleme in den Griff zu bekommen: „Genau das ist Problemlösungskompetenz“, fasst Ederer seinen Indikator in Worte. Besonders wichtig sei dabei die Messbarkeit, um es dann auch aktiv managen zu können, betont Ederer an dieser Stelle. Doch welche Charakteristika können Problemlösungskompetenz am treffendsten beschreiben?
Zur Beantwortung dieser Frage ist wichtig: Je vielfältiger die Arbeitswelt wird, desto mehr Probleme gibt es. Wer sie löst, der steigert seine Problemlösungskompetenz: Egal, bei welchem Produkt und egal, bei welcher Arbeit. Dazu verglich Ederer die Leistungsfähigkeit von unterschiedlichen Arbeitern – vom einfachen Bediener hin zum studierten Ingenieur. Dabei wurde unterschieden zwischen zwei Takten, die man psychometrisch untersuchte: Dem langsamen Arbeitstakt mit Varietät und Eigenständigkeit auf der einen Seite und schneller Fließbandarbeit mit eingefahrenen Prozessen auf der anderen Seite. Deutliches Ergebnis ist ein Vorteil für den langsamen Takt: Der gemessene Wert der Problemlösungskompetenz liegt an vielen Stellen deutlich höher als bei festgefahrenen Arbeitsschritten.
Genau an dieser Stelle greift Ederers anfangs beschriebenes Motto. Denn gerade der Arbeitsplatz beeinflusst die Problemlösungskompetenz in ganz besonderem Maße: „Im Unternehmen haben wir herausgefunden, dass ein Instandhalter, sozusagen die Feuerwehr des Unternehmens in Notfällen, eine viel höhere Problemlösungskompetenz hat, als ein Meister, der mehr als Bürokrat 200 Mitarbeiter verwaltet.“
Doch nicht nur vom Arbeitsplatz, sondern auch vom Führungsstil hängen die Fähigkeiten der befragten Mitarbeiter ab. „Wer genaue Anweisungen erhält, der ist weniger routiniert im Lösen von Problemen und ungeschickter im Umgang mit steigenden Anforderungen“, betont Ederer die Notwendigkeit von Selbstständigkeit am Arbeitsplatz. „Je seltener konkrete Anweisungen erfolgen, desto häufiger lösen Arbeiter ihre Probleme von selbst“, lässt sich eine Kausalität der Studie beschreiben.
Wird ein Mitarbeiter also weder mit Problemen konfrontiert, noch arbeitet er eigenständig, kann er keine Problemlösungskompetenz aufbauen – und wird umso schneller vom viel beschworenen Altersverfall eingeholt. „Es ist erschreckend, aber real, dass wir mit jeder Dekade, die wir älter werden, das Äquivalent einer Ausbildungsstufe verlieren“, erläutert Ederer seine Forschungsergebnisse. Ein schleichender Prozess, bei dem man sich „vom Akademiker zum Hauptschüler“ zurückentwickelt, warnt Ederer.
Genau deswegen rät Ederer, der selbst in Japan und an der Havard Business School Management studierte, zum stetigen Training gegen den geistigen Verfall: „Es gibt einige analytische Regeln, mit denen man unbekannte Probleme leicht angehen kann“, erklärt er. Zunächst sei das Problem zu entwirren, bevor die Impulse analysiert werden und die Wirkungsänderungen geklärt werden können. „Wenn dann erst mal die Lösung da ist, belohnt unser Körper uns mit einem kleinen Adrenalin-Schub. Das gefällt!“ Wenn andernfalls das Gehirn sich an Probleme gewöhnt, dann steigt die emotionale Bindung zu ihnen.
„Ich würde diesen Test übrigens auch gerne mal an Luftfahrtpiloten durchführen“, wirft Ederer am Ende ein. „Ich gehe fest davon aus, dass deren Werte trotz hoher Bildung und hoher Intelligenz recht gering ausfallen. Schließlich sollen sie routiniert arbeiten und nicht plötzlich einen Looping drehen“, erklärt er und lacht.