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Klimaskepsis

Das Thermometer lügt!

In den deutschen Massenmedien ist Klimaskepsis ein Randphänomen Deshalb vermuten wir, dass sich Klimaskeptiker*innen im Internet austauschen, da sie ihre Positionen medial nicht repräsentiert sehen.

Jonas Kaiser
Doktorand am Lehrstuhl für politische Kommunikation
 
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    Zur Person
    Jonas Kaiser

    Jonas Kaiser forscht am Lehrstuhlfür politische Kommunikation an der Zeppelin Universität, wo er auch seinen Bachelor gemacht hat. Seinen Master machte Kaiser in Journalismus und Kommunikation an der Uni Hamburg und beschäftigte sich in seiner Masterarbeit mit der Beziehung zwischen Journalisten und Disastern. Sein momentaner Fokus liegt auf der Forschung an Klimaskepsis in Deutschland, wobei er sich sowohl mit online, als auch mit offline Präsenz dieses Feldes in Medien und politischen Diskursen beschäftigt.

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    Factbox
    Überschrift Factbox

    "Und sie erwärmt sich doch – Was steckt hinter der Debatte um den Klimawandel" heißt eine vom staatlichen Umweltbundesamt (UBA) herausgegebene Broschüre, die in den Medien als "trotzige Rechthaberbroschüre der Klimabesorgten im Umweltbundesamt" bezeichnet wurde und so für medialen Aufruhr sorgte. Das Amt ruderte nach solchen Vorwürfen erst einmal zurück und änderte Details seiner Publikation.

    Besagte Schrift gliedert sich in zwei Teile: Abschnitt A stellt 17 Fragen wie zum Beispiel, "Warum sollte man den Ergebnissen von Klimamodellen vertrauen?" und beantwortet diese, wobei die jeweiligen Antworten von Mitarbeitern der UBA verfasst wurden. Teil B formuliert Vorwürfe u.a. der Korruption an sog. "Klimaskeptiker" aus Journalismus und Wissenschaft.

    Aufgrund dieses Aufbaus hat die Broschüre eine Diskussion zur Frage nach der Rolle der Behörden in der Öffentlichkeit ausgelöst. Trotz genannter Änderungen bleiben Bedenken an der Machart der Publikation.

    Die 123-seitige Broschüre kann beim Umweltbundesamt kostenlos bestellt oder als pdf-Datei heruntergeladen werden.

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Herr Kaiser, was versteht man unter Klimaskepsis?


Jonas Kaiser: Vorab: wenn man über „Klimaskepsis“ spricht, dann ist dies eigentlich die Verkürzung der sogenannten Klimawandel-Skepsis. Es wird also nicht am Klima, sondern dem Klimawandel gezweifelt; eine elementare Unterscheidung. Die genaue Definition ist jedoch schwierig, da der Sammelbegriff der „Klimaskepsis“ alle erdenklichen Formen dieser Skepsis beschreibt: So kann man beispielsweise zwischen der Skepsis gegenüber dem Phänomen Klimawandel, dessen Ursachen, dessen Folgen sowie der vorherrschenden wissenschaftlichen Meinung unterscheiden. Diese Punkte müssen jedoch nicht miteinander zusammenhängen: Man kann beispielsweise den menschlichen Einfluss anzweifeln, jedoch trotzdem davon überzeugt sein, dass der Klimawandel stattfindet und bedrohliche Konsequenzen für die Welt haben wird. Natürlich kann man auch alles abstreiten. Es gibt eben nicht die Definition des Begriffs „Klimaskepsis“.

2008: Greenpeace-Aktivisten belagern mit der Aufforderung "Quit Coal" einen riesigen Tagebau in Polen.
2008: Greenpeace-Aktivisten belagern mit der Aufforderung "Quit Coal" einen riesigen Tagebau in Polen.

Es scheint beinahe so, als sei der Klimawandel eine Religion, an die man eben glaubt oder nicht. Wie kommt das?


Kaiser: Auch wenn man zuweilen den Eindruck gewinnen könnte, würde ich den Vergleich doch entschieden ablehnen, da es sich dabei um grundverschiedene Themen, bzw. nach Luhmann sogar unterschiedliche Systeme handelt. Ihr Eindruck entsteht vermutlich, weil man häufig vom (fehlenden) Glauben an den Klimawandel liest. Das liegt daran, dass der Klimawandel nicht nur enorm komplex, sondern auch sehr abstrakt ist. So haben wir keine Möglichkeit, den Klimawandel in unserer gegenwärtigen Lebensumwelt direkt zu erleben. Und auch nur die wenigsten von uns haben wohl eine gewissen Kompetenz in Sachen Klimawissenschaft. Etwas polemisch gefragt: Wenn führende Klimawissenschaftler*innen nicht mit Sicherheit sagen können, wieso es zu einer Pause der globalen Erwärmung kommt, woher sollen wir es dann wissen? Wir sind also letztlich auf die Aussagen der Klimawissenschaft angewiesen – und unser Vertrauen in sie.


Wer sind die Skeptiker? Und wie argumentieren sie? 


Kaiser: Dies lässt sich freilich nicht genau sagen, da unzählige unterschiedliche Argumentationen existieren. Manche streiten den Treibhauseffekt ab, manch andere akzeptieren die Hypothese des anthropogenen Klimawandels, betonen aber, dass zumindest für uns Deutsche der Klimawandel doch eine prima Angelegenheit sei. Natürlich hat dies auch zur Folge, dass es nicht die Klimaskepsis-Community gibt, da es zu viele unterschiedliche Standpunkte gibt und auch in dem Rahmen Extreme und Moderate existieren. Diese könnte man zwar benennen – so wie kürzlich das Umweltbundesamt – doch sollte man dies meines Erachtens nicht personalisieren. Das lenkt von den Standpunkten ab und kann zu einer Art „Hexenjagd“ führen.

"Und sie erwärmt sich doch" - Stellungnahme des Umweltbundesamtes


Alle Politiker betonen, wie wichtig der Kampf gegen Klimawandel sei. Offenbar reicht dies jedoch nicht, um alle Bürger von der Existenz des Klimawandels zu überzeugen. Wie lässt sich das ändern?


Kaiser: Die Frage lautet wohl eher: Sollten die Skeptiker*innen überhaupt überzeugt werden? Nach einer aktuellen Umfrage von Anita Engels und Kollegen zweifeln in Deutschland zwischen 7 und 19 Prozent der Menschen am Klimawandel. Doch ist dies so bedenklich, als dass man etwas dagegen unternehmen sollte? Und wie sollte eine solche Maßnahme aussehen? Hier herrscht eine kontroverser Diskussion innerhalb des Felds der Wissenschaftskommunikation: So vertreten einige die These, dass wir gar nichts unternehmen müssen, da wir so vom eigentlichen Problem des Klimawandels ablenken, wohingegen andere das Defizit-Modell als Lösung betrachten - also die Idee, dass Klimaskeptiker*innen die relevanten Informationen fehlen, denn ansonsten wären sie nicht ihrer Meinung. Eine dritte Gruppe schlägt vor Klimawandel in bestimmte Frames, also Deutungsrahmen, wie Gesundheitsthemen zu packen und so die Skeptiker*innen zu überzeugen. Eine überzeugende Lösung sehe ich hier bisher nicht – jedoch auch keinen dringenden Anlass.

Zukünftige Generationen werden jene sein, die den Klimawandel tatsächlich erleben und sich die heutige Welt nicht mehr vorstellen können - Proteste für Änderungen der Klimapolitik in Australien
Zukünftige Generationen werden jene sein, die den Klimawandel tatsächlich erleben und sich die heutige Welt nicht mehr vorstellen können - Proteste für Änderungen der Klimapolitik in Australien

Manche Medien leugnen oder verharmlosenden den Klimawandel? Befeuern sie dadurch die Klimaskepsis in Deutschland?


Kaiser: Theoretisch ist das denkbar. Eigentlich ist aber das Gegenteil der Fall: In den deutschen Massenmedien ist Klimaskepsis ein Randphänomen. So haben wir uns die Medienberichterstattung anlässlich der Weltklimakonferenz in Durban 2011 angeschaut und konnten kaum klimaskeptische Inhalte finden. Ein Ergebnis übrigens, was über die Jahre immer wieder für Deutschland festgestellt werden konnte. Klar wird ab und an darüber gesprochen oder geschrieben, aber wenn wir uns die Umfragewerte und die wissenschaftlichen Medieninhaltsanalysen anschauen, dann muss man eher zu der Erkenntnis kommen, dass Klimaskepsis in der deutschen massenmedialen Berichterstattung „unterrepräsentiert“ ist. Wir vermuten deshalb, dass die deutschen Klimaskeptiker*innen sich vor allem im Internet austauschen, da sie ihre Positionen nicht in den Massenmedien repräsentiert sehen.


Glauben Sie, dass die Klimaskeptiker in Deutschland Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen können? Und was halten Sie von der Idee, allzu aggressives, öffentliches Leugnen des Klimawandels zu sanktionieren?


Kaiser: Ganz klar: gar nichts. Dies wäre auch eine der schlechtesten aller theoretisch denkbaren Lösungen. Wir können ruhig davon ausgehen, dass die deutsche Klimapolitik nicht von Klimaskeptiker*innen beeinflusst wird. Was uns in unserer Studie jedoch überrascht hat, war die Prominenz des Machtlosigkeit-Frames. Dieser beinhaltete beispielsweise Aussagen, die erklärten, dass Deutschland oder die EU nichts gegen den Klimawandel ausrichten könnten, oder dass die Zwei-Grad-Obergrenze sowieso nicht einzuhalten sei. Die Betonung der eigenen Machtlosigkeit ist zwar einerseits verständlich, da dies ganz gut die Machtverhältnisse in der internationalen Klimapolitik darstellt, andererseits kann dies auch als einfache Ausrede verstanden werden, als einen defätistischen Akt zur Vermeidung klimapolitischer Entscheidungen. In Zukunft wird es interessant zu sehen, wer diese kritischen Frames besetzt. Vorstellbar wäre etwa, dass so Klimaskeptiker*innen den Weg über Bande in die mediale Öffentlichkeit suchen.

Titelbild: Ahkka/photocase.com

Text: Lisa (CC BY-NC-ND 2.0) Takver (CC BY-SA 2.0)

Portrait: Ideenpark Essen

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Zeit, um zu entscheiden

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