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Lehmann ist Inhaberin des Lehrstuhls für Soziologie mit dem Schwerpunkt auf Organisationstheorie an der Zeppelin Universität. Sie studierte Design an der Hochschule für Kunst und Design in Halle, später Erziehungswissenschaften und Soziologie an den Universitäten Halle/Wittenberg und Bielefeld. Nach ihrer Promotion und Habilitation in Soziologie arbeitete sie in Forschung und Lehre an den Universitäten Halle/Wittenberg, Leipzig, der Bauhaus-Universität Weimar, der Wirtschaftsuniversität Wien und der Universität Duisburg-Essen.
Aus den Richtlinien von Twitter:
Die mit einer Raute (#) kenntlich gemachten und auch farblich meist anders hervorgehobenen Worte nennen sich Hashtag und sollen dem Nutzer verdeutlichen um was es in der jeweiligen Meldung gerade geht – eine Verschlagwortung wie man es auch nennen könnte, die gerne und häufig von Twitternutzern verwendet wird. Einerseits lassen sich so sehr schnell und gezielt Informationen in Twitter finden, als auch Trends und aktuelle Themen verfolgen.
Ebenfalls lesenwert:
Seit wann nutzen Sie Twitter, Frau Lehmann, und aus welchem Impuls heraus?
Lehmann: Erster Anlass waren die Auseinandersetzungen um den 13. Februar 2011 in Dresden, den Gedenktag der Bombardierung des Stadtzentrums 1945, der seitens der rechten Szene als Aufmarschgelegenheit und seitens des Verfassungsschutzes und der Polizei für vorher beispiellose Datensammlungen und anschließende Prozesse genutzt worden war. Bekannt geworden ist der derzeit ausgesetzte Prozess gegen den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König. Dieser Prozess ist eigentlich nur über Twitter brauchbar - das heißt: in intellektuell überzeugender Varianz - beobachtet und kommentiert worden.
Einen über meinen bürgerlichen Namen und meine Universitätsadresse zurechenbaren Account habe ich erst seit September 2013; er dient mir als Versuch, diese Varianz in die Diskussion mit Studierenden und Kollegen einzubringen, ohne dabei an die Sitzzeiten gebunden zu sein. Ich frage mich also, ob ein Seminar auch Kommunikationsvarianten integrieren kann, die nicht als Gespräch unter Anwesenden formatiert sind. Es gab bereits einige präzise Beiträge zu den Seminardiskussionen.
Finden Sie für Ihren Geschmack genug andere Wissenschaftler auf Twitter, oder sollte die Gruppe noch größer werden?
Lehmann: Ich denke gar nicht in Quantitäten oder großen Zahlen, sondern in Einzelheiten und Ereignissen. Deswegen ist diese Frage für mich unbeantwortbar.
Wofür nutzen Sie Twitter in erster Linie?
Lehmann: Über den universitär zurechenbaren Account setze ich Links (URLs oder Zitate oder Bemerkungen) in die Welt, die ich im selben Moment vergessen kann; das ist ein Vorteil, weil ich auf diese Weise nicht laufend bewahrende Notizen über Flüchtiges machen muss - die Notiz selbst ist flüchtig. Reagiert jemand auf eine solche flüchtige Notiz (einen Link), erinnere ich sie; anderenfalls bleibt sie versunken. Mehr findet nicht statt.
Gibt es eine Fachrichtung in der Twitter am ehesten verbreitet ist?
Lehmann: Wahrscheinlich Journalismus. Soziologische Theorie sicher nicht.
Sind ausländische Forscher/innen fortschrittlicher, was die Nutzung von Twitter angeht?
Lehmann: Das kann ich nicht sagen - einerseits, weil mir der Überblick fehlt, andererseits, weil ich gar nicht weiß, ob "Fortschritt" im digitalen Raum ein sinnvoller Ausdruck ist (ich denke: er ist es nicht).
Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, wem Sie folgen und wem nicht?
Lehmann: Ganz impulsiv. Das heißt, meinem Temperament geschuldet: lange sehr zögerlich, dann sehr treu.
Würden Sie die Plattform den Studierenden als Recherche-Medium empfehlen?
Lehmann: Nein, empfehlen würde ich es nicht, weil ich eben dazu die Autorität, die mir die Rollenkomplementarität der Universität analog zugesteht und auch abverlangt, in das digitale Medium verschleppen müsste.
Hegen Sie Hoffnungen, was die zukünftige Nutzung der Plattform für die Wissenschaft angeht?
Lehmann: Ja, die hege ich; sie betreffen eine Umstellung von personalen auf sachliche Zurechnungen. Was mich an Twitter überzeugt, ist der Verzicht auf Komplementärrollen und auf oben/unten- sowie Zentrum/Peripherie-Asymmetrisierungen. Was mich gar nicht überzeugt, ist die Dominanz der Sozial- gegenüber der Sachdimension. Man müsste die Möglichkeit haben, "Follower" von sachlichen Zurechnungen zu werden. Das sind derzeit nur "Hashtags" - extrem unbefriedigend, aber eine passable Baustelle. Mal sehen.
Hätten Sie zum Schluss noch 3 Tipps, wem man folgen sollte?
Lehmann: Nein, natürlich nicht. Die Begründung hierfür liegt in der bereits genannten Autorität, die mir durch die Rollenkomplementarität der Universität anhaftet.
Titelbild: Andy Melton (CC BY-SA 2.0)
Text: Bernard Goldbach (CC BY 2.0)