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Volker Klüpfel wurde 1971 in Kempten geboren. Er ist in Altusried aufgewachsen und arbeitet als Redakteur bei der Memminger Zeitung. Volker Klüpfel wohnt in Memmingen.
Michael Kobr wurde 1973 in Kempten geboren. Er ist in Kempten und Durach aufgewachsen und Realschullehrer für Deutsch und Französisch.
Das Foyer auf dem SeeCampus der Zeppelin Universität war gefüllt, als am Mittwochabend die Väter des Kommissars Kluftinger, Volker Klüpfel und Michael Kobr, als Gäste der ersten BürgerUniversität im Frühjahrssemester begrüßt wurden. Bestens gelaunt präsentierten sich die beiden Autoren im Gespräch mit ZU-Professor Jan Söffner und CCM-Studentin Jana Faßbender. Interessante Einblicke in ihr Leben als Schriftsteller und in ihr Zusammenleben mit dem kauzigen Kommissar später weiß man genau, dass die folgende Aussage wahr ist: „Wir leben den Kluftinger, wir leben wie er und mit ihm.“
Die Autoren der Allgäuer Krimis befinden sich momentan mitten in den Vorbereitungen auf die Veröffentlichung des zehnten Bandes der Kluftinger-Reihe, die regelmäßig unter dem Titel „Kluftinger: Kriminalroman“ publiziert wird und deren Bände heimatliche Namen tragen wie „Milchgeld“, „Erntedank“, „Grimmbart“ oder „Himmelhorn“. Die Frage von ZU-Kulturwissenschaftler Jan Söffner, ob sich die Reihe langsam dem Ende zuneige, dementieren die beiden Schriftsteller: Sie würden schreiben, bis sie körperlich nicht mehr dazu befähigt seien, oder hoffen, dass ihnen jemand rechtzeitig rät aufzuhören, wenn es soweit ist.
Mit den kontinuierlich alle anderthalb Jahre erscheinenden und bis zu 4.000 Seiten langen Büchern hätten sie den Lesern eine Heimat aufgebaut, die Welt des Kommissars Kluftinger im Allgäu – und noch hätten sie genug Stoff, um weitere Bände folgen zu lassen. Dort, im bayerisch-schwäbischen Allgäu, ist auch ihre Heimat: Klüpfel und Kobr sind dort geboren und haben sich bewusst fürs Bleiben entschieden. Dennoch sollen die Geschichten des Kommissars keine Ode ans Allgäu und kein Fremdenführer sein, gleichwohl geben sie im Namen Kluftingers Reisetipps auf ihrer Webseite. Dieser oute sich als klarer Lokalpatriot, sei geformt durch seine Region, aber würde sich auch an seiner Heimat reiben. Der Frage von Söffner, ob der Begriff Heimat politisch aufgeladen sei, widerspricht Klüpfel. Für seinen Hauptcharakter sei Heimat kein Abgrenzungsbegriff: Sie möchten gesellschaftspolitische Entwicklungen, wie die momentane Bedeutung dieses Terminus, nicht in ihren Krimis aufarbeiten, das würde zum Beispiel ein Format wie der Münsteraner Tatort viel flexibler und zeitnaher tun.
In zahlreichen Interviews und so auch am Mittwochabend verkünden sie stattdessen, dass Kluftingers Welt ein Gegenentwurf zur Großstadtwelt sei. So erklären sie sich auch ihren Erfolg, denn viele Leser sehnten sich nach dem ruhigen Dorfleben, nach der Ruhe in der Welt des Kommissars. Dieser leidet unter Flugangst, tut sich mit Fremdsprachen schwer und bezeichnet das Internet als Neuland, was vielen Lesern Normalität und Identifikation biete. Aber natürlich lässt sich das Thema der Zuwanderung von Menschen aus westafrikanischen Staaten oder dem Nahen und Mittleren Osten im Allgäu nicht ignorieren und würde daher auch in den Büchern zur Sprache kommen.
Ähnlich interessant wurde es an diesem Abend, als Klüpfel und Kobr tiefe Einblicke in ihr Leben als Schriftsteller gaben. Tatsächlich hatten sie bei ihrem ersten Buch noch nicht einmal einen Lektor, sondern haben erst einmal ohne Gedanken an einen Sendungsempfänger oder eine mögliche Zielgruppe einfach drauf los geschrieben. Darüber sind sie auch froh, denn ein großer Verlag hätte ihnen die eine oder andere verrückte Idee wahrscheinlich ausgeredet. Diese Enttäuschung spürten sie dann bei den Verfilmungen: Zunächst sei ihre Heimat nicht wahrheitsgerecht dargestellt worden, und außerdem haben sie bemerkt, dass man „lieber die Pest am Set (hätte) als die Autoren“. Fazit: Ein weiterer Film wird unter solchen Umständen nicht mehr produziert.
Auch ohne eine weitere Verfilmung haben die beiden eine ganze Welt um Kommissar Kluftinger aufgebaut, in der es Kochbücher, Reisetipps und Merchandise gibt. Zu dem Erfolg tragen sie mit ihrer Comedy-artigen Bühnenpräsenz genauso bei wie die kauzige Art des Hauptcharakters der Bücher. Sie haben inzwischen sogar ein Buch über die Lesereisen verfasst – getreu dem Motto „Mit Klufti auf Reisen“. Ist diese Art der kommerziellen Kultivierung notwendig für den Erfolg eines Buches? Die Frage beantwortet der Abend nicht, aber die große Fangemeinschaft nutzt das Angebot rund um ihren Ach-so-normalen-Helden.
Der Alltag von Volker Klüpfel und Michael Korb ist bis auf die Lesereisen überraschend normal. Nach einer morgendlichen Besprechung schreiben sie abwechselnd ein Kapitel – aber nur an Werktagen! Solche Anekdoten sind es, die sinnbildlich für den Abend stehen, der ganz wie die beiden Autoren und ihre Romanfigur verläuft: kurzweilig und humorvoll, voller Schmunzeln und Lachen.
Titelbild:
| Hans Scherhaufer / Kluepfel-Kobr.de (Presse)
Bilder im Text:
| Hans Scherhaufer / Kluepfel-Kobr.de (Presse)
| Kevin Kraus / Zeppelin Universität
Portrait:
| Hans Scherhaufer / Kluepfel-Kobr.de (Presse)
Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm