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Natalie Amiri, 1978 in München geboren, studierte Diplom-Orientalistik und Islamwissenschaft an der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg. Seit 2007 arbeitet Natalie Amiri für das ARD-Studio in Teheran. Seit 2011 vertritt sie auch die Korrespondenten in den ARD-Studios Rom und Istanbul. Natalie Amiri hat sich durch investigative Recherchen, engagierte Interviews und Reportagen hervorgetan, unter anderem durch die 30-minütige ARD-Reportage „Die Terrorfront in Syrien“ sowie die preisgekrönte ARD-Dokumentation „Tod vor Lampedusa – Europas Sündenfall“. Seit dem 30. März 2014 moderiert sie den Weltspiegel aus München, außerdem das BR-Europamagazin Euroblick. Seit 2015 leitet Natalie Amiri das ARD-Studio in Teheran.
Seit der Wiedereinführung der Sanktionen durch den von Donald Trump unilateral aufgekündigten Joint Comprehensive Plan of Action herrsche in der Bevölkerung eine Stimmung der Angst, was wiederum dazu führe, dass es fast unmöglich geworden sei, Interviewpartner auf der Straße zu finden. Die Sanktionen, mit denen der amerikanische Präsident versucht, maximalen Druck auf die Führung in Teheran aufzubauen, seien die schlimmsten, die es im Iran je gegeben habe: „Dieses Land wird gerade schrittweise ausgeblutet, den dort lebenden Menschen fehlt schlichtweg die Luft zum Atmen“, so Amiri. „So wie die Stimmung im Land ist, so werden wir Journalisten behandelt.“ Im Gegensatz dazu sei das journalistische Arbeiten in der Türkei schon fast wie im Paradies. Zwar ist die Türkei derzeit das Land, in denen die meisten Journalisten inhaftiert sind, jedoch gebe es auch NGOs und eine halbwegs freie Presse, die Kritik an Politikern zulasse.
Natalie Amiris Ambition ist es – trotz schwieriger Arbeitsbedingungen – zu zeigen, dass es eine große friedvolle Zivilgesellschaft im Iran gibt, alles andere also als eine isolierte Gemeinschaft, wie der Iran in internationalen Medien oftmals dargestellt wird. Mit welchen konkreten Problemen Amiri zu kämpfen hat, zeigt sie in mehreren Filmausschnitten von ihren Produktionen im Iran. Dabei lässt sie die Zuschauer und Zuhörer raten, weswegen sie nach der Veröffentlichung Probleme mit dem iranischen Kulturministerium bekommen hat. Ein Beispiel ist ein Videoclip, bei dem ein Hund aus einem Autofenster schaut und zeitgleich im Hintergrund ein Poster von dem Obersten Führer Ajatollah Ali Khamenei erscheint. Laut dem Ministerium sei es gegenüber dem Revolutionsführer beeidigend gewesen wäre, dass ein Hund auf ihn herabblicke.
Ein weiteres großes Hindernis in der Berichterstattung im Iran sei es, dass es keine klaren Regeln gebe, an die sich Journalisten halten können. Einzig die roten Linien, die nicht überschritten werden dürfen, sind klar: jegliche Kritik am Obersten Führer und an der Staatsreligion. Bei anderen Themen orientiert sich Amiri daran, was aktuell in der iranischen Presse diskutiert wird. Da sie neben der deutschen auch die iranische Staatsbürgerschaft besitzt, ist sie zusätzlich einem hohen persönlichen Risiko ausgesetzt, da der Iran keine doppelte Staatsbürgerschaft anerkennt.
Wenn Natalie Amiri von solchen Problemen erzählt, erschüttert es sie immer wieder, für wie selbstverständlich die Pressefreiheit in Deutschland verstanden wird und wie schnell es zur Diffamierung von Journalisten kommt. Wenn sie aus dem Mittleren Osten nach München zurückkehrt, fragt sie sich häufig, wie Menschen so ausgelassen im Wiesn-Zelt feiern können, während andere Menschen in ihren Ländern für mehr Freiheitsrechte kämpfen. Ihr Wunsch wäre mehr Akzeptanz und Offenheit für andere Kulturen, insbesondere, um populistischen Strömungen entgegenzuwirken.
Am Ende des Abends wird deutlich, dass es ist ein tagtäglicher Kampf ist, im Iran als deutsche Journalistin im Einsatz zu sein. Frust, Wut und Angst sind stetige Wegbegleiter während der Arbeit, und die Resultate sind nicht selten unproblematisch. Natalie Amiri möchte jedoch den Menschen im Iran eine Stimme geben und ihre Geschichten ins Ausland tragen. Denn ihre Stimmen verdienen es, gehört zu werden.
Titelbild:
| Hasan Almasi / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link
Bild im Text:
| Samuel Groesch / Zeppelin Universität (alle Rechte vorbehalten)
Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm