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Die zunehmende Knappheit und Überteuerung von Wohnraum ist zu einer der größten sozioökonomischen Herausforderungen geworden. Während Hausbesitzer:innen und Investor:innen von den steigenden Miet- und Immobilienpreisen profitieren, ist eine wachsende Anzahl von Menschen gezwungen, einen immer größeren Teil ihres Einkommens für das Wohnen auszugeben. In Europa ist der Hauspreisindex in den vergangenen Jahren rasant angestiegen. Im Jahr 2017 waren 10,4 Prozent der Haushalte in der EU28 aufgrund sehr hoher Wohnkosten überlastet (das bedeutet Wohnkosten, die 40 Prozent des verfügbaren Einkommens übersteigen). Lässt man die Immobilieneigentümer:innen beiseite, ist der Anteil mit 26,4 Prozent sogar noch um einiges höher. Negative Externalitäten von hohen Wohnkosten sind Einschnitte bei persönlichen Gesundheitsleistungen, Bildung und Wohlbefinden sowie schwächere Wirtschaftsleistung und schwächeres Wachstum. Zudem tragen die hohen Miet- und Immobilienpreise zur aktuell hohen Inflation bei und erhöhen den Lohndruck.
In der aktuellen Debatte wird immer häufiger ein Zusammenhang zwischen Wohnkosten und der Sharing Economy hergestellt. Insbesondere Homesharing-Plattformen wie Airbnb stehen in der Kritik, die Miet- und Immobilienpreise in die Höhe zu treiben, indem sie eine Verlagerung von Langzeit- zu Kurzzeitvermietung verursachen. In diesem Zusammenhang kam es in zahlreichen Städten zu Protestbewegungen. Befürworter hingegen argumentieren, dass Homesharing den Bewohner:innen eine zusätzliche Einkommensquelle bietet und so hilft, mit steigenden Preisen zurechtzukommen.
Die Wohnungskrise in vielen europäischen Städten und der wachsende Unmut über Homesharing-Plattformen waren Anlass, den Zusammenhang zwischen Homesharing und der Wohnungskrise näher zu untersuchen. Die globale Verbreitung von diesen Plattformen – allein Airbnb verfügt über sieben Millionen Übernachtungsmöglichkeiten in 100.000 Städten – sowie das erwartete Wachstum in diesem Bereich untermauern die Relevanz dieser Analyse.
Trotzdem ist die wissenschaftliche Literatur bezüglich Auswirkungen des Homesharings auf Miet- und Immobilienpreise noch unzureichend. Die noch immer geringe Anzahl an Studien ist überwiegende deskriptiv und kann daher keine kausalen Zusammenhänge identifizieren. Insbesondere die Auswirkungen von Airbnb auf den Wohnungsmarkt in Europa, das als riesiger und wachsender Homesharing-Markt gilt, sind nur unzureichend untersucht worden.
Hier setzt unsere Studie an. Die Ergebnisse für 25 europäische Städte im Zeitraum zwischen 2010 und 2019 zeigen, dass Homesharing erheblich zu einem Anstieg der Miet- und Immobilienpreise beigetragen hat. Dabei sind diese Effekte hauptsächlich in den Stadtzentren zu finden. Es gibt aber auch signifikante Belege für Spillover-Effekte auf andere Stadtteile. Des Weiteren haben wir untersucht, ob Homesharing-Regulierungen einzelner Städte die Auswirkungen auf die Miet- und Immobilienpreise abmildern konnten. Jedoch konnten wir keine Belege dafür finden.
Nichtdestotrotz sollte die Schlussfolgerung unserer Studie nicht lauten, dass Homesharing-Plattformen verboten werden müssen. Vielmehr appellieren wir, dass der Anstieg der Miet- und Immobilienpreise in europäischen Städten von Regierungen mit Bedacht angegangen werden muss. Wie frühere Untersuchungen gezeigt haben, bieten Homesharing-Plattformen auch Vorteile für die Gesellschaft, beispielsweise haben sie positive Effekte auf die lokale Beschäftigung oder das Einkommen. Daher müssen die Städte die richtigen politischen Instrumente finden, um ein Gleichgewicht zwischen Homesharing und der Erschwinglichkeit von Wohnraum herzustellen.
Prof. Dr. Jarko Fidrmuc ist gebürtiger Slowake und absolvierte zunächst ein Studium der Wirtschaftswissenschaften in seiner Heimatstadt Bratislava, bevor er 2000 an der Universität Wien promoviert wurde. In seiner Doktorarbeit befasste er sich mit der Integration Osteuropas in die Europäische Union. Im Jahr 2005 wurde er als Professor für Politische Ökonomie mit Schwerpunkt Osteuropa an die Volkswirtschaftliche Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München berufen. 2013 hat Fidrmuc an der Zeppelin Universität seine Arbeit als Inhaber des ZEPPELIN-Lehrstuhls für Internationale Wirtschaftstheorie und -politik (heute: ZEPPELIN-Lehrstuhl für International & Digital Economics) aufgenommen.
Fabian Reck ist seit 2019 wissenschaftlicher Mitarbeiter am ZEPPELIN Lehrstuhl für International & Digital Economics. Sein Forschungsschwerpunkt ist Entwicklungsökonomie mit Fokus auf Institutionen und gute Regierungsführung. Er studierte im Bachelor Internationale Entwicklung mit dem Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre an der Universität Wien. Im Master studierte er International Business and Economics an der Universität Hohenheim. Danach arbeitete er zwei Jahre für Industrie- und Handelskammern in Deutschland, Brasilien und Irland.
Titelbild und Abbildung 2:
| Eigene Abbildung basierend auf Eurostat-Daten
Abbildung 1:
| Eigene Abbildung basierend auf Inside Airbnb-Daten