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Linn Viktoria Rampl ist seit 2010 Promotionsstipendiatin am Lehrstuhl für Marketing an der Zeppelin Universität. Davor studierte sie Wirtschaftspsychologie (B.Sc.) an der Ruhr-Universität Bochum und Wirtschaftswissenschaften (M.A.) an der Zeppelin Universität. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Branding, Consumer Neuroscience, Vertrauen und Emotionen.
Trotz Kritik an der Verwendung solcher „Personality Traits" wurden derartige Konzepte in der Vergangenheit von Forschern erfolgreich zur Erklärung bestimmter Sachverhalte genutzt (Aaker 1997). Es wird die Annahme zugrundegelegt, dass sich Unternehmensmarken für eine Beschreibung mit menschlichen Persönlichkeitseigenschaften eignen. Die Social Identity Theory beispielsweise legt nahe, dass Mitgliedschaft in Organisationen ein Bestandteil der sozialen Identität von Menschen werden kann.
Aaker, J. A. (1997), Dimensions of brand personality, Journal of Marketing Research, Vol. 34, pp. 347-56.
Rampl, L. V., & Kenning, P. (im Erscheinen), Employer brand trust and affect: linking brand personality to employer brand attractiveness. European Journal of Marketing.
Die Marketingaktivitäten von Unternehmen sind vielfältig: Neben Kunden zählen auch Lieferanten, Anteilseigner oder das lokale Umfeld zu den Zielgruppen, die auf verschiedene Art und Weise in elaborierter Form angesprochen werden. Weniger Engagement ist jedoch auf dem Gebiet des Arbeitsmarktes zu finden – obwohl sich Unternehmen in Zeiten mangelnder Fachkräfte kontinuierlich auf einem umkämpften Arbeitsmarkt behaupten müssen.
An dieser Stelle setzt „Employer Branding“ ein. Darunter wird die proaktive Gestaltung des Unternehmensimages als Arbeitgeber verstanden, die sich nicht nur an bestehende, sondern auch an potentielle Mitarbeiter sowie die allgemeine Öffentlichkeit richtet. „Aktuelle Studien zeigen, dass weltweit gesehen die meisten attraktiven Arbeitgebermarken aus den USA kommen – jedoch mit Platz 2 dicht gefolgt von Deutschland", so Rampl. Dass das Thema neben der Wirtschaft auch in der Wissenschaft an Relevanz gewinnt, zeigen zunehmende Forschungsaktivitäten auf dem Feld des Employer Brandings im Bereich Marketing, Personal, Psychologie oder Management.
In einer aktuellen Studie widmen sich Rampl und Kenning dem jungen Forschungsfeld und untersuchen die spezifische Anwendbarkeit eines absatzmarktgerichteten Branding-Konzeptes im Arbeitgeberbezug. Grundannahme dabei ist, dass die Arbeitgebermarkenattraktivität nicht nur von funktionalen Kriterien abhängt – wie etwa Gehalt oder Weiterentwicklungsmöglichkeiten – sondern, basierend auf Lievens/Highhouse (2003), sich auch in „Markenpersönlichkeitseigenschaften“ widerspiegeln kann.
Neben dieser Grundannahme existieren in der Forschung bisher jedoch noch keine weiteren Theorien über Zusammenhänge zur Entstehung von Markenattraktivität bei Arbeitgebern. Hier setzen Rampl und Kenning an und nutzen dafür das „Consumer Brand Model“ Konzept von Sung/Kim (2010), das zwei Bereiche als wichtige Einflussfaktoren auf die Markenattraktivität identifiziert: Markenvertrauen sowie Markenemotionen.
Die Markenemotionen – der sogenannte „Brand Affect“ – beschreiben dabei die Fähigkeit von Marken, positive Empfindungen oder Emotionen zu erzeugen. Unter Markenvertrauen dagegen wird die Verlässlichkeit und Ehrlichkeit einer Marke verstanden. Diese beiden Bereiche wirken schließlich auf die Markenattraktivität.
Das von den Autoren erstellte Modell beinhaltet, basierend auf Aaker (1997), insgesamt fünf Faktoren der Markenpersönlichkeit, die Einfluss auf Markenvertrauen und -emotionen ausüben.
Diese Grafik verdeutlicht die angenommenen Einflussmechanismen:
Als Beispielunternehmen wählten die Autoren Beratungsfirmen im Management Consulting. Studienteilnehmer waren Studenten, da diese eine besondere Zielgruppe bei Recruitingaktivitäten darstellen. Insgesamt wurden 310 Fragebögen ausgewertet.
Die Ergebnisse der Befragung zeigen: Der Schwerpunkt der Attraktivität einer Arbeitgebermarke liegt klar im Bereich der Markenemotionen. Auch Vertrauen wirkt sich positiv aus, zeigt jedoch im statistischen Modell der Forscher einen geringeren Einfluss auf die Attraktivität der Marke.
Als wichtigste Faktoren für Markenemotionen und -vertrauen zeigen sich „Aufrichtigkeit“, „Aufregung/Spannung“ sowie „Kultiviertheit“. Besonders die Aufrichtigkeit von Marken sticht mit dem größten Einfluss auf beide Variablen hervor. Danach folgt die Aufregung/Spannung einer Marke, die im Wesentlichen der Markenemotion zugute kommt. Kultiviertheit wirkt zu einem geringeren Grad ebenfalls emotional. Interessant ist zudem, dass die Robustheit einer Marke, die sich in einem maskulinen, starken Auftritt widerspiegelt, sogar leicht negativ auf die emotionale Beurteilung wirken kann.
Die Studie zeigt: Theoretische Konzepte des absatzmarktgerichteten Brandings sind auch auf den Arbeitgeberkontext anwendbar. Inwieweit bestehende Handlungsempfehlungen auch beim Employer Branding Anwendung finden können, kann an dieser Stelle zwar nicht beantwortet werden, Potential für solche Analogien ist jedoch erkennbar.
Positive Emotionen einer Marke gegenüber können für potentielle Bewerber bedeutsamer sein als etwa vertrauensbildende Eigenschaften. Schätzen Bewerber Unternehmen als aufrichtig und ehrlich ein und verstehen es diese wiederum, Begeisterung zu entfachen und zu kommunizieren, ist ein attraktiveres Arbeitgeberbild wahrscheinlich.
Konkrete Folgerungen sehen die Autoren im Bereich des Personalmanagements, das bisher in Stellenanzeigen oft funktionale Charakteristika der Jobs betont. Unternehmen könnten hier mit emotionalen Komponenten stärker auf die Arbeitgebermarke eingehen und somit attraktiver auf ihre Bewerber wirken. Oder sie könnten noch weiter gehen, indem sie eine spezifische Markenpersönlichkeit schaffen und klar definieren, welche Charakteristika ihnen am wichtigsten sind.
Auch Testimonials in Form zufriedener Mitarbeiter, Mund-zu-Mund-Propaganda oder eine spezifische, persönliche Kommunikation durch die Geschäftsführung könnten gemäß der Autoren zur Schaffung einer Markenpersönlichkeit beitragen.
Unternehmen haben es also in der Hand, ob sich gefragte Fachkräfte für sie – und damit gegen die Konkurrenz entscheiden.
Aber, so Rampl: „Es ist entscheidend, dass das vermittelte Employer Brand Image auch tatsächlich zum Unternehmen passt. Man sollte also nur das kommunizieren, was letztlich auch zutrifft. Das zeigt auch unsere Studie mit den stärksten Effekten im Bereich ‚Aufrichtigkeit'."
Bild: tobeys/photocase.de; Grafik: Bertram Rusch