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Das Projekt 2024 ist eine Initiative des Friedrichshafener Instituts für Familienunternehmen mit Unterstützung der EQUA-Stiftung. Die Forschung widmet sich den Fragen, welche Rolle der Nachwuchs von Familienunternehmern in zehn Jahren im Unternehmen spielen wird und wie sich in dieser Zeit deren Pläne und Einstellungen verändern. Auf diesem Entwicklungsweg begleitet das Team auf Prof. Dr. Reinhard Prügl, Dr. Ursula Koners und Jana Hauck interessierte Teilnehmer wissenschaftlich und bei Interesse auch persönlich. Nach einer einfachen Registrierung über ein Online-Formular füllen Interessenten einen Fragebogen aus, in dem die wichtigsten Fakten über Person, Unternehmen und Einstellungen geklärt werden. Dabei versteht das Projektteam seine Arbeit als Forschung zum Mitmachen und Mitgestalten. Die Forschungsergebnisse sollen die Teilnehmer interessieren und weiterbringen.
Einmal jährlich sind alle „2024iger“ zu einem Treffen eingeladen. Die Wissenschaftler sind überzeugt davon, dass der Austausch mit anderen, die als Unternehmerfamilienmitglied in der gleichen Situation sind zur Weiterentwicklung aller Teilnehmer beitragen kann. Im besten Fall ist so eine Begleitung über zehn Jahre hinweg möglich. Und das bei komplett kostenloser Teilnahme am Projekt 2024.
Prof. Dr. Reinhard Prügl ist wissenschaftlicher Leiter des Friedrichshafener Instituts für Familienunternehmen und Inhaber des Lehrstuhls für Innovation, Technologie und Entrepreneurship. Seine Forschungsinteressen liegen in den Bereichen Open/User Innovation, Technological Competence Leveraging, Business Model Innovation und Family Entrepreneurship. Zuvor lehrte, arbeitete und forschte er in Wien, Innsbruck und Massachusetts.
Dr. Ursula Koners arbeitete während und nach ihrem Studium der Europäischen Betriebswirtschaftslehre und ihrer Promotion in Cranfield immer wieder auch in der Praxis - unter anderem für den Ravensburger Spieleverlag und die Daimler AG in Stuttgart. Seit 2011 ist Koners Institutsmanagerin des Friedrichshafener Instituts für Familienunternehmen und Programmdirektion des Executive Master for Family Entrepreneurship.
Jana Hauck ist seit 2012 akademische Mitarbeiterin am Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen. Zuvor studierte Hauck Corporate Management & Economics an der Zeppelin Universität und der American University Cairo. Im Jahr 2013 erlange sie ihren Master-Abschluss in Familiy Entrepreneurship. Wissenschaftlich beschäftigte sich Hauck unter anderem mit Markenmanagement im Weinmarkt und Deutschland nächster Unternehmergeneration.
Mit dem „Projekt 2024“ wollen Sie die Entwicklungswege von Mitgliedern von Unternehmerfamilien wissenschaftlich begleiten. Warum widmen Sie sich dieser Frage über einen so langen Zeitraum?
Dr. Ursula Koners: Das FIF hat seit der Gründung des Instituts im Jahr 2009 ganz klar die „nächste Generation“ als einen Schwerpunkt in Forschung und Lehre. Wir haben täglich mit den verschiedensten Mitgliedern von Unternehmerfamilien zu tun und fungieren dadurch in vielen Fällen auch als Ansprechpartner für Fragen oder als neutraler Zuhörer, Coach und Ratgeber. Das Projekt ist also auch Resultat dieser speziellen FIF-Kernkompetenz.
Jana Hauck: Bislang wissen wir im Forschungsfeld noch nicht viel über die Entwicklungswege von jungen Mitgliedern von Unternehmerfamilien, über deren Motive und Einstellungen in Bezug auf das Unternehmen und deren berufliche und persönliche Zukunftspläne. Auch etliche andere Aspekte wollen wir mit dem Projekt2024 besser verstehen, zum Beispiel die Sozialisierung in einer Kindheit und Jugend, die durch die Präsenz eines Unternehmen mitgeprägt wird, oder die Geschwisterkonstellationen und -dynamiken vor und während des Übergabeprozesses.
Prof. Dr. Reinhard Prügl: Die bestehende empirische Forschung, die die Perspektive der jungen Mitglieder von Unternehmerfamilien einnimmt, konzentriert sich meist auf Momentaufnahmen, sprich: in der Regel liegen nur sogenannte Querschnittsdaten vor. Daraus können wir schon viel lernen – allerdings können keine kausalen Zusammenhänge erkannt werden. Außerdem ist es ganz normal, dass sich Einstellungen und Pläne im Laufe der Zeit ändern können. Mit dem Projekt 2024 schaffen wir gemeinsam etwas bislang Einmaliges in unserem Forschungsfeld: die Möglichkeit, dieselben Personen über einen langen Zeitraum ihrer Entwicklung forscherisch zu begleiten und so voneinander und füreinander zu lernen.
Warum heißt das Projekt2024 eigentlich Projekt2024?
Koners: Zum einen ist das Projekt2024 tatsächlich ein Projekt, das heißt die Teilnehmer gestalten aktiv mit. Das beginnt z.B. damit, dass die „Projektler“ Ideen und Fragestellungen für künftige Studien einbringen, mitbestimmen wie die Projekt2024-Treffen gestaltet sein sollen und während der Treffen zum Beispiel auch aktiv Workshops oder Diskussionsrunden leiten. Der Grundsatz ist: Alle gestalten mit – jede und jeder übernimmt Verantwortung für Ideenentwicklung und Umsetzung und damit letztlich für das Gelingen des Projektes. Zum anderen weist die Jahreszahl 2024 auf die langfristige Vision hin, die nicht nur Familienunternehmen haben, sondern auch wir. Es geht darum, dass wir durch die wissenschaftliche Komponente einen langfristigen Austausch mit und zwischen den Teilnehmern herstellen und in 10 Jahren - im Jahr 2024 - hoffentlich viele unsere aktuellen und auch zukünftigen Fragen untersuchen konnten.
Am 10. Oktober fand das erste Projekt2024-Treffen statt – wie ist der Tag abgelaufen?
Prügl: Von insgesamt gut 100 registrierten Teilnehmern sind 46 zum ersten Treffen des Projekts2024 gekommen, worüber wir uns sehr gefreut haben. Gestartet haben wir den Tag mit der Vereinbarung eines informellen Kodex, der insbesondere auf Respekt und Vertraulichkeit baut – nur so kann das Projekt gelingen. Nach einer etwas anderen, sehr unterhaltsamen Vorstellungsrunde wurden die Ergebnisse der ersten Befragung vorgestellt und diskutiert. Jeder Teilnehmer konnte dabei auf seiner individuellen Ergebnispräsentation seine eigenen Antworten im Vergleich zur Gesamtgruppe verfolgen. Anschließend wurden in Mini-Workshops Themenideen für die künftigen Befragungen gesammelt, zum Beispiel Konfliktpotential und Erwartungsdruck beim Generationswechsel oder die Kommunikation des Generationswechsels gegenüber allen Anspruchsgruppen.
Hauck: Danach fanden Workshops in kleinen Gruppen zu etwa 12 Personen statt – alle Teilnehmer nahmen so am Projekt2024-Workshop teil, der zur Ideensammlung der Weiterentwicklung und Gestaltung des Projekts2024 selbst diente. Beispielweise interessierten uns dabei die Fragen, wie die Treffen in Zukunft gestaltet sein könnten. Wo und wann sollen sie stattfinden, welche inhaltlichen Formate interessant sind. Oder auch Fragen dazu, wie die Community organisiert werden soll etc. Aktuell sind wir schon dabei, die ersten Ideen der Teilnehmer umzusetzen, zum Beispiel mit einem Online-Forum. Und hier zeigt sich: die Teilnehmer gehen auch aktiv in der Umsetzung der Ideen mit und bringen sich ein. Das ist einfach irrsinnig motivierend.
Koners: Außerdem nahm jeder Teilnehmer an der „Challenge Box“ teil – ein Format, in dem aktuelle Fragestellungen im Rahmen der Rolle als Mitglied einer Unternehmerfamilie diskutiert wurden. Moderiert wurde die Challenge Box jeweils von einem Teilnehmer des Projekts2024. Die Teilnehmer der Challenge Boxes wurden entsprechend ihrer Fragestellung in vier Gruppen eingeteilt, zum Beispiel „Verantwortungsgefühl versus Selbstverwirklichung“ – Wie finde ich meine Rolle in Familie und Unternehmen?
Hauck: Am Abend wurde in ausgelassener Stimmung gemeinsam mit den aktuellen Studierenden und Alumni des executive Master for Family Entrepreneurship gegessen, geredet und getanzt.
Wie funktioniert das Projekt2024 eigentlich genau? Was haben die Teilnehmer von der Zusammenarbeit?
Prügl: Das Projekt2024 bedeutet vor allem Austausch – und zwar mit Personen, die in einer ähnlichen Situation sind. Was vielleicht zunächst etwas nach „Selbsthilfegruppe“ klingt, ist so nicht gemeint – wir möchten mit dem Projekt2024 die vertrauensvolle Kommunikation und den Erfahrungsaustausch über diese persönlichen Themen fördern und auch für diejenigen eine Anlaufstelle sein, die noch gar nicht wissen, welche Rolle sie einmal in Familie und Unternehmen einnehmen werden. Dadurch, dass die Projektler eine heterogene Gruppe sind – zum Beispiel sind die bisher registrierten Teilnehmer zwischen 17 und 31 Jahre alt und auf ganz unterschiedlichen Entwicklungspfaden – glauben wir, dass der Austausch sehr fruchtbar ist. Und übrigens: die Registrierung ist nach wie vor möglich und zwar unter www.projekt2024.de
Koners: Aus unserer Erfahrung nach dem ersten Projekt2024-Treffen am 10. Oktober 2014 ist es auch genau der persönliche Austausch, der die Teilnehmer zum Mitmachen bewegt. Außerdem werden wir auch den Austausch mit zum Beispiel erfahrenen Unternehmern, Nachfolgern und auch nicht operativ tätigen Gesellschaftern anregen und dadurch den Einblick in unterschiedliche Entwicklungswege im Kontext der Unternehmerfamilie und dem Familienunternehmen ermöglichen.
Hauck: Oftmals ist es auch leichter, sich mit anderen „Geschwistern“ statt mit den eigenen, über nicht ganz einfache Themen wie zum Beispiel Gesellschafternachfolge auszutauschen. Dadurch fallen der Perspektivwechsel und das gegenseitige Verständnis dann wiederum in der eigenen Familie leichter.
Prügl: Das Projekt2024 ist darüber hinaus aber vor allem auch ein Forschungsprojekt, das bedeutet die Teilnehmer profitieren auch davon, dass wir die wissenschaftlichen Ergebnisse aus den Studien mit ihnen diskutieren und sie auch ihre individuellen Ergebnisse, das heißt ihre Ergebnisse zu bestimmten Fragestellungen im Vergleich zur Gruppe, erhalten. Das kann an vielen Stellen zur Reflexion anregen.
Haben Sie eigentlich auch einen persönlichen Hintergrund, der dieses Forschungsprojekt für Sie interessant macht?
Hauck: Ja, den entsprechenden persönlichen Hintergrund haben wir alle! Meine Familie betreibt ein Weingut in Rheinhessen, auf dem ich mit meinen drei Geschwistern aufgewachsen bin. Von klein auf wurden meine Geschwister und ich in die betrieblichen Tätigkeiten eingebunden – von den Arbeiten im Weinberg bis zum Weinausschenken im Messestand habe ich daher schon früh einen Eindruck gewinnen dürfen, was es bedeutet, ein Familienweingut zu führen. Persönlich und wissenschaftlich interessiert mich insbesondere die Frage, was die Nachfolge-Absicht der jungen Generation eigentlich beeinflusst und wie Nachfolge erfolgreich für Familie und Unternehmen gelingen kann.
Koners: Mein Opa hat am Bodensee quasi eine Filiale der Schreinerei-Werkstatt seiner Familie aus dem Münsterland gegründet, als er während seiner Walz als Geselle hier im Süden hängengeblieben ist. In diesem Handwerksbetrieb bin ich zusammen mit zwei Geschwistern aufgewachsen und bin somit Teil der 3. Generation. Das Unternehmen war und ist ein festes Familienmitglied und hat natürlich nicht nur meine Kindheit sondern durchaus auch meine Interessen geprägt. Mein Berufsweg nach dem BWL-Studium hat mich zwar zuerst in die Konzernwelt gefühlt, aber meine „frühkindliche“ Prägung führte mich dann doch wieder ganz bewusst zu inhabergeführten Unternehmen. Heute wird das Unternehmen von meinen Geschwistern geführt – und ich bin nach wie vor in alle Entscheidungen eingebunden und weiterhin Teil des Ganzen.
Prügl: Mein Bezug zu Familienunternehmen stammt daher, dass mein Vater, mittlerweile im (Un-) Ruhestand, über 30 Jahre als familienexterner Geschäftsführer in einem mittelständischen Familienbetrieb in meiner Heimatstadt, Laa an der Thaya im Weinviertel in Niederösterreich, tätig war. Da ich von klein auf in diesem Betrieb auch mitgearbeitet habe und auch drei Generationen der Eigentümerfamilie kennenlernen durfte, sind mir die Herausforderungen und Besonderheiten des Zusammenwirkens von Familie und Unternehmen aus eigener Erfahrung bekannt – und daher möchte ich mit meiner Forschungsarbeit und als wissenschaftlicher Leiter des Friedrichshafener Instituts für Familienunternehmen einen Beitrag zum besseren Verständnis dieser besonderen Betriebsform leisten.
Titelbild: Zeppelin Universität / Institut für Familienunternehmen
Bilder im Text: Digenvez / flickr.com (CC BY-NC-SA 2.0)
Zeppelin Universität / Institut für Familienunternehmen
Stiftung Familienunternehmen / Pressebilder
Redaktionelle Umsetzung: Alina Zimmermann & Florian Gehm