ZU|Daily wurde in die Hauptseite in den Newsroom unter https://www.zu.de/newsroom/daily/ integriert. Die neuesten Artikel seit August 2024 werden dort veröffentlicht. Hier finden Sie das vollständige Archiv aller älteren Artikel.
Alexander Eisenkopf studierte Betriebs- und Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim. Nach seiner mehrfach ausgezeichneten Promotion über Just-in-Time-orientierte Fertigungs- und Logistikstrategien, arbeitete und lehrte Eisenkopf in Gießen und Frankfurt.
Seit 2003 ist Eisenkopf Professor an der Zeppelin Universität und Gastdozent an der Wiener Wirtschaftsuniversität. Seine Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem auf Mobilität und Transportunternehmen.
Kernstück des Gesetzentwurfs ist die Einrichtung einer sogenannten Markttransparenzstelle, der die Tankstellenbetreiber sämtliche Preisänderungen melden müssten. Gleiches soll für die Großhandelspreise, also die Einkaufspreise der Tankstellenbetreiber von den Raffinerien, gelten. Damit soll eine Diskriminierung kleinerer Anbieter verhindert werden, insbesondere der Freien Tankstellen, die überwiegend nicht über eigene Raffineriekapazitäten verfügen, sondern den Treibstoff von einem der großen, vertikal integrierten Mineralölkonzerne beschaffen müssen. Daneben wird von einigen Politikern auch die Einführung einer Benzinpreisbremse nach dem Vorbild Österreichs beziehungsweise Westaustraliens gefordert oder eine Erhöhung der Pendlerpauschale ins Gespräch gebracht.
Obwohl die geplanten Maßnahmen – insbesondere die Markttransparenzstelle – zunächst weniger marktinkonform erscheinen als zum Beispiel das vorübergehende Einfrieren der Benzinpreise durch den neugewählten Präsidenten Hollande in Frankreich, zeigen sie ein massives Unverständnis ökonomischer Zusammenhänge in unserer politischen Klasse, kombiniert mit der derzeit allgegenwärtigen Hybris des ökonomischen Interventionismus.
Bereits der den geplanten Maßnahmen zugrundliegende Befund ist falsch: Die Benzinpreise sind zwar in den letzten Jahren nominal gestiegen. Inflationsbereinigt beziehungsweise bezogen auf die Kaufkraft der Arbeitnehmer liegen wir aber derzeit immer noch unter dem Niveau von Anfang der siebziger Jahre – und dies trotz zwischenzeitlich massiv höherer Steuerbelastung für Treibstoffe. Auch die starken Schwankungen der Benzinpreise sind eher ein Beleg für eine vergleichsweise hohe Konkurrenzintensität des Marktes.
Noch problematischer erscheinen allerdings die vorgesehenen Mittel zur Bekämpfung des vermeintlichen Missstandes. Bereits ein kurzer Blick in ein einführendes Lehrbuch der Wettbewerbspolitik hätte klar machen müssen, dass eine Steigerung der Markttransparenz auf engen Oligopolmärkten die Gefahr der Kartellbildung erhöht statt senkt. Dies gilt besonders für Märkte, auf denen gleichartige (homogene) Güter gehandelt werden und die sich in einer Sättigungsphase befinden. Die Gefahr wettbewerbsbeschränkender Absprachen der Anbieter nimmt überdies zu, wenn diese über eine ähnliche Kostenstruktur verfügen.
All diese Voraussetzungen sind auf dem Benzinmarkt in exemplarischer Weise gegeben. Daher dürfte die geplante Markttransparenzstelle die Preiskoordination der großen Tankstellenketten erleichtern und fördern – mit der Konsequenz eher höherer Preise. Hinzu kommt der immense bürokratische Aufwand für eine solche Preismeldestelle.
Auch die zusätzliche Einführung einer „Spritpreisbremse“ würde tendenziell zu einem höheren Preisniveau führen, was die österreichischen und westaustralischen Erfahrungen bestätigen. Zum einen werden die Anbieter versuchen, den Benzinpreis ex ante jeweils möglichst hoch anzusetzen. Zum anderen verhindert die Preisbremse temporär ein „Abbröckeln“ der Preise und unterbindet damit den wettbewerblichen Nachstoßprozess. Die häufig vorgeschlagene Erhöhung der Pendlerpauschale würde ebenfalls nicht problemlösend, sondern problemverschärfend wirken. Sie führt, wie jede Form der subventionierten Mobilität, gesamtwirtschaftlich zu nicht unerheblichen negativen Externalitäten (Flächenverbrauch durch Zersiedelung, Mehremissionen durch längere Pendelwege, Staukosten etc.). Diese sozialen Kosten des Verkehrs würden durch eine Erhöhung der Sätze weiter zunehmen.
Insgesamt hat die Politik relativ wenige Einwirkungsmöglichkeiten auf den Benzinpreis, ohne auf Steuereinnahmen zu verzichten oder kontraproduktive wohlfahrtsökonomische Effekte auszulösen. Sie sollte sich daher von der Illusion einer solchen „Spritpreisbremse“ verabschieden.
Bild: olga.belobaba (flickr)