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Professor Dr. Christian Opitz ist Inhaber des ZF Friedrichshafen-Lehrstuhls für Unternehmensführung & Personalmanagement. Nach dem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens an der Technischen Hochschule Darmstadt und dem Politecnico di Torino (Turin, Italien) promovierte er an der Universität Zürich. Es folgte die Habilitation über „Validierungsmechanismen für Ausbildungssignale und ihr Effekt auf die Karrierewege von High Potentials in den USA, Frankreich und Deutschland“. Bevor er den Ruf an die Zeppelin Universität annahm, war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Bergakademie Freiberg.
Frauen in Führungspositionen sind in Deutschland deutlich unterrepräsentiert. Dieser Befund gilt für nahezu alle Bereiche des wirtschaftlichen, politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Lebens und wird von kaum jemandem ernsthaft in Frage gestellt. Strittig ist dagegen, wie mit diesem Befund umgegangen werden soll. Hier reichen die Vorschläge von der Forderung nach gesetzlichen Mindestvorgaben bis hin zu der extremen Position, dass geringe Frauenquoten eigentlich doch gar kein Problem darstellten.
Am vergangenen Freitag hat der Bundesrat auf Initiative des Hamburger Senates nun erste Fakten geschaffen. Beschlossen wurde ein Gesetzentwurf, der eine Quote für weibliche Aufsichtsräte in nahezu allen großen deutschen Unternehmen vorsieht. Die Umsetzung soll stufenweise von zunächst 20 Prozent im Jahr 2018 auf 40 Prozent im Jahr 2023 erfolgen.
Zu dieser Nachricht passt eine wissenschaftliche Studie, die vor einigen Monaten im Quarterly Journal of Economics, einer der renommiertesten Zeitschriften des Faches, publiziert wurde. Die beiden Autoren der Studie, Kenneth R. Ahern und Amy K. Dittmar, untersuchen die Folgen der Einführung einer gesetzlichen Quote für weibliche Aufsichtsräte in Höhe von eben jenen 40 Prozent in norwegischen Unternehmen im Jahr 2003. Als „natürliches Experiment“ bietet der norwegische Fall für den Forscher einen entscheidenden Vorteil. Er erlaubt den Vergleich der Performanz einzelner Unternehmen vor und nach der Einführung einer solchen Quote. Damit werden präzise Aussagen über den kausalen Einfluss dieser Vorgabe möglich.
Die Ergebnisse der Studie sind eindeutig: Die Einführung der Frauenquote hat Vermögen in großem Ausmaß vernichtet. Unternehmen verlieren an Wert, sind weniger profitabel und umgehen das Gesetz, indem sie ihre Rechtsform ändern. Dabei spielt das Geschlecht erwartungsgemäß keine Rolle. Die neu berufenen Aufsichträtinnen sind vielmehr deutlich jünger und weisen weniger Erfahrung in der Führung großer Unternehmen auf als ihre früher berufenen Kollegen; offenbar gab es seinerzeit einen Mangel an geeigneten Kandidatinnen.
Nun könnte man einwenden, Norwegen ist Norwegen und Deutschland ist anders. Tatsächlich gilt nun genau Norwegen als besonders fortschrittlich, was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Teilhabe von Frauen in Führungspositionen anbelangt. Der Pool an erfahrenen Frauen, die sich für eine Position im Aufsichtsrat großer Unternehmen empfehlen, sollte in Deutschland also eher kleiner als größer ausfallen. Für diesen Zusammenhang spricht, dass selbst prominente Personalberatungen, die von deutschen Unternehmen mit der Suche nach geeigneten Aufsichtsrätinnen beauftragt werden, die Wünsche ihrer Klienten schon lange nicht mehr in vollem Umfang erfüllen können.
Wie sollten sich Unternehmen nun auf ein solches Gesetz einstellen? Sinnvoll wäre natürlich, den Anteil an Frauen in Führungspositionen auf allen Ebenen deutlich zu erhöhen. Die Aufsichtsrätinnen von morgen müssen heute die Chance bekommen, die Qualifikationen zu erwerben, die sie für eine effektive Kontrolle und Überwachung von Vorständen benötigen. Hier sind Unternehmen wie die Deutsche Telekom AG, die als einer der ersten DAX-Konzerne eine stärkere Teilhabe von weiblichen Führungskräften verbindlich geregelt hat, besser als andere aufgestellt. Auf diese Weise kann ein notwendiger Kulturwandel in Gang gesetzt werden, der gesetzliche Initiativen dann überflüssig macht. Unternehmen müssen sich tiefgreifender verändern als es eine bloße Frauenquote im Aufsichtsrat darstellen könnte.
Grafik: Bertram Rusch