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Alexander Eisenkopf studierte Betriebs- und Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim. Nach seiner Promotion über Just-in-Time-orientierte Fertigungs- und Logistikstrategien arbeitete und lehrte Eisenkopf in Gießen und Frankfurt. Seit 2003 ist Eisenkopf Professor an der Zeppelin Universität und Gastdozent an der Wiener Wirtschaftsuniversität. Seine Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem auf Mobilität und Transportunternehmen.
Die Wirtschaft der Eurozone ist müde, und die Europäische Zentralbank sucht händeringend nach dem passenden Wecker. Aktuell gilt „Helikoptergeld“ als die ideale Möglichkeit, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Wenn einmal Geld vom Himmel regnet, setzen die Menschen ihren Fund sofort in Konsum um, dachte sich Milton Friedman in den 1960er-Jahren. Warum die EU trotzdem die Finger vom Geldregen lassen sollte, erklärt ZU-Professor Dr. Marcel Tyrell.
Offiziell rechtfertigt die Zentralbank diese Geldpolitik mit Deflationsgefahren, mit der Befürchtung einer Negativspirale fallender Preise und anhaltender wirtschaftlicher Stagnation in der Eurozone. Als Zielgröße wird eine Inflationsrate von nahe zwei Prozent ausgerufen, die allerdings nicht durch den Maastricht-Vertrag gedeckt ist. Tatsächlich verfolgt die EZB andere Ziele. Es geht um die Rettung der Krisenländer und ihrer Kreditwirtschaft. Anleihekaufprogramme ermöglichen den maroden Banken risikolose Gewinne und helfen ihnen damit, ihre Verluste aus faulen Krediten zu kompensieren. Außerdem gestatten sie den Staaten der Euro-Peripherie, mit ihrer Wirtschaftspolitik auf Pump fortzufahren.
All das dient dem höheren Ziel der Erhaltung des schönen Scheins, dass Euro und Eurozone weiterhin so funktionieren wie politisch geplant und gewollt. Der EZB ist jede Maßnahme recht, diese Illusion aufrechtzuerhalten, und möglicherweise ist auch der Rubikon überschritten, an dem man diese Politik noch hätte umkehren können. Leider sind die Kollateralschäden dieser Politik fast jenseits unserer Vorstellungskraft. Sparer werden frustriert und in riskante Anlagen getrieben, der Aufbau von Vermögen für die Altersvorsorge unterminiert und Häuslebauer zu exzessiver Verschuldung animiert.
Jenseits all dieser Probleme einer Nullzinswelt, die wir nach und nach erkennen, steht die grundsätzliche Feststellung, dass die Geldpolitik der EZB die Allokationsfunktion des Zinses vorsätzlich torpediert. Ein zentrales ökonomisches Prinzip lautet, dass die Nutzung von Kapital Opportunitätskosten generiert. Dieses Prinzip wird in der Nullzinswelt der EZB außer Kraft gesetzt. Die Folge ist, dass Investitionen nicht mehr an Effizienzkriterien orientiert sein müssen, und bei kostenlosem Kredit Banken und Firmen überleben, die eigentlich vom Markt verschwinden müssten. Äußeres Zeichen hierfür sind die Spekulationsblasen auf den Immobilien- und Aktienmärkten, von denen wiederum große Vermögen besonders profitieren, während der Normalsparer demnächst vielleicht sogar eine „Verwahrgebühr“ für sein Geld an seine Bank zahlen muss. Dieser Normalsparer wird auch vergeblich auf zukünftige Einkommenssteigerungen warten, da in einer Nullzinsökonomie relevante Produktivitätsgewinne gering bleiben werden. Denn es fehlen die Anreize, das Kapital in die günstigste Verwendung zu locken. Starke Loherhöhungen zu fordern, um das selbstgestellte Inflationsziel zu erreichen, wie es der Ökonom Peter Bofinger jüngst gefordert hat, stellt allerdings das Problem auf den Kopf.
Die wirtschaftlichen Aussichten in Europa bleiben trübe. Neben der Flüchtlingsproblematik und dem drohenden „Brexit“ drückt auch die Geldpolitik der EZB auf die Stimmung der Menschen. Man hält Zombiebanken und Zombiestaaten am Leben und finanziert die Gewinne von Börsen- und Immobilienspekulanten, demoralisiert aber tagtäglich die sparsame „schwäbische Hausfrau“. Vielleicht wird dem Bürger demnächst sogar die letzte Möglichkeit genommen, sich gegen das Abschmelzen seiner Ersparnisse zu wehren, indem man Bargeldnutzung einschränkt – dies wäre nur ein folgerichtiger Schritt der unweigerlich notwendigen Fortsetzung des geldpolitischen Dopings durch die EZB. Dermaßen entmündigt und seiner wirtschaftlichen Selbstbestimmung und Freiheit entledigt, darf er nur noch auf das bereits diskutierte „Helikoptergeld“ hoffen – so hat der Wahnsinn Methode, auch in der Europäischen Währungsunion.
Titelbild:
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Bilder im Text:
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Beitrag (redaktionell unverändert): Prof. Dr. Alexander Eisenkopf
Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm
Der Gastbeitrag ist am 21.04.2016 in der Schwäbischen Zeitung unter dem Titel „Kollateralschäden der EZB-Geldpolitik“ erschienen.