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Als Christopher Kügelgen noch ein Knirps war, nahmen ihn seine kulturinteressierten Großeltern mit in Kinderkonzerte und in die Kinderoper. Zusätzlich erzählte ihm sein Großvater jedes erdenkliche Märchen. „Fasziniert sowohl von den Inszenierungen als auch von den Geschichten, wollte ich selbst irgendwann einmal auf der Bühne stehen“, erwähnt Kügelgen. Wie passend, dass das heimische Wohnzimmer in zwei Ebenen und damit aus Kinderperspektive gleichsam in Bühne und Zuschauerraum unterteilt war: So ließ sich beim gemeinsamen Puppentheaterspiel mit der jüngeren Schwester wunderbar der eine oder andere Bühnenauftritt proben.
Im Alter von sechs Jahren ermöglichten es ihm seine Eltern, Klavierunterricht zu nehmen. Erst mit dem Wechsel auf ein auf Musik spezialisiertes Gymnasium war auch ein Wechsel des Musikinstruments verbunden: Mit Gefallen am Klang und großen Händen gesegnet, wählte Christopher Kügelgen das Cello. Über einen Geigenbauer lernte er die damals noch im SWR-Sinfonieorchester spielende Cellistin Anette Adorf-Brenner kennen, die ihn unterrichtete. „Für mich war sie eine herausragende Lehrerin, die nicht nur mein Cellospiel auf ein höheres Level gehievt, sondern mir auch Einblicke in das Leben einer Orchestermusikerin gegeben hat.“
Zum Gesangsunterricht dagegen kam Christopher Kügelgen auf Umwegen. Um durch Stimmbildung seine auf einen Stimmbandriss zurückzuführende Heiserkeit zu bekämpfen, ging er zu einer an der Schule tätigen Gesangslehrerin. Dabei erkannte sie das Potenzial seiner Stimme und eine Begabung für das Singen. „Und so hat sie mir in zahlreichen Technikübungen vermittelt, wie ich meine Körperspannung und mein Körpergefühl richtig einsetze, um meine Stimme kraftvoller klingen, aber auch mein Auftreten auf der Bühne professioneller wirken zu lassen“, berichtet Kügelgen.
Kein unnützes Wissen, denn Christopher Kügelgen saß und stand während seiner Schulzeit unzählige Male auf der Bühne, ob als Cellist in diversen Schulorchestern oder als Sänger in verschiedenen Schulchören – zudem verkörperte er als Bassbariton unterschiedliche Rollen in Opern wie auch in Musicals. „Das Besondere an den an meiner Schule produzierten und aufgeführten Opern und Musicals war es, dass wir als Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit unserem Musiklehrer die Texte selbst geschrieben, die Musik selbst komponiert, die Bühnenbilder selbst gestaltet und die Kostüme selbst designt haben“, bemerkt Kügelgen, der zum Ende seiner Schulzeit seinen Traum von einem eigens gescripteten und inszenierten Musical verwirklichte und auch heute noch seinem Gymnasium als Coach und Regisseur verbunden geblieben ist.
Eine große Leidenschaft verbindet ihn mit der Musik und den Filmen der 1920er Jahre. Und wie es der Zufall wollte, blieb diese Leidenschaft nicht unentdeckt. Während einer Orchesterfreizeit registrierte der Stadtmusikdirektor seiner badischen Heimatstadt Achern zufällig, wie Christoph Kügelgen ein Lied aus dieser Zeit vor sich hin trällerte. „Daraus entwickelte sich die Idee, mit der Stadtkapelle Achern eine Johannes-Heesters-Revue zu geben“, erzählt Kügelgen. Wenig später stand er mit Zylinder, Frack, Stock und weißem Schal plötzlich im Rampenlicht der städtischen Öffentlichkeit. Der Auftritt sprach sich innerhalb und außerhalb der Stadtgrenzen herum, was dazu führte, dass Christopher Kügelgen eingeladen wurde, auf Geburtstags- und Firmenfeiern, Hochzeiten und Parteitreffen zu singen.
Nach dem Abitur wollte Christopher Kügelgen eigentlich Operngesang studieren, doch die vielen Gespräche mit Projektbeteiligten wie Profimusikern offenbarten ihm die Schattenseiten der Branche. Um sich ein eigenes Bild zu machen, entschied er sich für einen einjährigen Bundesfreiwilligendienst in der Theaterpädagogik beim Theater Nordhausen/Loh-Orchester Sondershausen. Neben Film- und Theaterprojekten mit dem Theaterjugendclub war es diesmal Christopher Kügelgen, der in Workshops den teilnehmenden Schülerinnen und Schülern mehr über den richtigen Einsatz von (Körper-)Sprache beibrachte.
Weil kurz vor dem Ende seines Bundesfreiwilligendienstes die Regieassistentin erkrankte, sprang Christopher Kügelgen ein. Die zuständige Operndirektorin war so begeistert von ihm, dass sie ihn fragte, ob er nicht ein weiteres Jahr als Regieassistent arbeiten möchte. „Die Zeit brachte neben unfassbar schönen und lehrreichen Erfahrungen auch die endgültige Gewissheit; denn im ständigen Austausch mit den Menschen, die auf und hinter der Bühne wirken, wurde das negative Bild von der Branche mehr und mehr bestätigt. Zudem hat mir die Arbeit hinter der Bühne vor Augen geführt, dass ich glücklich sein kann, auch wenn ich nicht auf der Bühne stehe“, berichtet Kügelgen.
Mit dem Gedanken, nach einem Bachelorstudium breiter aufgestellt in die Kulturbranche zurückzukehren, bewarb Christopher Kügelgen sich auf einen Studienplatz im CCM-Bachelor. „Die ZU hat mich abgeholt, weil sie mir eine hohe Wahlfreiheit ermöglicht. Ich vergleiche das gerne mit einem Baukasten, aus dem man sich die Bauteile rausnehmen und zusammenstecken kann, die einen am meisten interessieren“, erläutert Kügelgen, der vorwiegend Kurse wählte, die Theorie und Praxis verknüpfen – daraus wiederum leiteten sich zwei Engagements in Kunst und Kultur ab.
Einerseits befasste Christopher Kügelgen sich sowohl theoretisch als auch praktisch mit dem Kuratieren einer Kunstausstellung. Das Ergebnis war die Ausstellung mit dem Titel „Between – Sensing potential worlds“, in der die Besucherinnen und Besucher dazu animiert wurden, mit allen Sinnen Welten und Zukunftsszenarien zu entdecken. Christopher Kügelgen kümmerte sich um die Finanzen und das Sponsoring und kontaktierte einen alten Schulfreund, der sich in seinen künstlerischen Arbeiten – von Zeichnungen über Fotografie bis hin zu Tonfiguren – mit der Frage beschäftigt, wie sich Architektur mehr an der Natur orientieren kann.
Andererseits übernahm er gemeinsam mit seinem Kommilitonen Louis Steinbronn die Gesamtleitung des studentisch organisierten Musikfestivals „Lange Nacht der Musik“. Damit waren sie dafür verantwortlich, das Programm zu entwickeln, Sponsoren zu gewinnen, das Budget zu verwalten, das Team bei Laune und zusammenzuhalten, anfallende Arbeiten zu koordinieren und schließlich für einen reibungslosen Festivalablauf zu sorgen. „Als große Herausforderung erwies sich, dass das Musikfestival nach einer zweijährigen Coronapause erstmals wieder stattfand und wir bei null anfangen mussten, weil die vormalige Gesamtleitung nicht mehr an der ZU war“, bemerkt Kügelgen. Mit gewissem Stolz fügt er aber hinzu: „Das Event war trotz aller Unwägbarkeiten ein voller Erfolg. Allein durch den Vorverkauf hatten wir die errechneten Einnahmen fast erreicht – und auch das Feedback fiel von allen Seiten durchweg positiv aus.“
Ebenfalls mit Louis Steinbronn erweckte Christopher Kügelgen die studentische „Luftschiffkapelle“ wieder zum Leben. „Wir sind überaus froh, dass sich inzwischen eine kleine, aber schlagkräftige Truppe zusammengefunden hat, die zusammen Musik machen will“, erzählt Kügelgen. Und so ist bei lokalen und regionalen Events, aber auch in den Räumen der Universität wieder der vertraute Klang von Schlagzeug, Klavier, Posaune, Bass und Gesang zwischen Jazz, Pop und Soul zu hören.
Titelbild: Nils Wagner