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Holger Hübner, geboren 1966 im schleswig-holsteinischen Itzehoe, absolvierte nach dem Schulabschluss eine Ausbildung zum Industriekaufmann. Schon damals legte er in seiner Freizeit als DJ in verschiedenen Diskotheken Heavy-Metal-Platten auf. Im Jahr 1990 organisierte Holger Hübner dann gemeinsam mit Thomas Jensen und weiteren Freunden aus dem Dorf Wacken das erste Wacken Open Air. Das Wacken Open Air startete damals mit 800 Besucherinnen und Besuchern in einer Kiesgrube. Inzwischen hat sich das Festival im 2000-Einwohner-Dorf Wacken bei Itzehoe in Schleswig-Holstein mit bis zu 85.000 Festivalgästen pro Jahr zum weltweit größten Treffen der internationalen Heavy-Metal-Szene entwickelt.
Mit bis zu 85.000 Teilnehmern zählt Wacken nicht nur zu den bedeutendsten deutschen Open-Air-Events, sondern auch zu den größten Heavy-Metal-Festivals der Welt. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Thomas Jensen hat Gründer und Veranstalter Holger Hübner sein Dorf zur Metropole gemacht – und darüber hinaus ein ganzes Netzwerk an Veranstaltungen und Kontakten aufgebaut. Im Rahmen eines Vortrages an der Zeppelin Universität sprach der gelernte Industriekaufmann über Anfänge, Entwicklungen und die Zukunft des Wacken Open Air und seine eigenen Erfahrungen im Kulturmanagement.
Wie so viele gute Geschäftsideen entstand auch der Gedanke eines Festivals im 2000-Einwohner-Dorf Wacken in der Kneipe. Mit sechs Bands, 800 Besuchern und in der örtlichen Kiesgrube nahm 1990 alles seinen Anfang. Was noch fehlte, war ein Logo. Holger Hübner in seiner lakonischen Art: „Viele Kühe im Dorf, Festival auf einer Wiese – warum nicht ein Stierschädel?“ Auch 30 Jahre später schmückt das legendäre Markenzeichen das Wacken Open Air, das mittlerweile fester Bestandteil der internationalen Heavy-Metal-Szene ist. „Wir waren selbst Musiker und hatten einfach Lust, ein Musikfest zu organisieren. Was da auf uns zukommen würde, haben wir damals noch nicht geahnt“, bemerkt Hübner.
Für den Geschäftsführer der International Concert Service GmbH, die vom Plattenlabel und Musikverlag über Internet-TV- und Radiosender bis hin zum Musikmanagement alle Bereiche des Live-Entertainments umfasst, steht vor allem eines im Mittelpunkt: seinen Wurzeln treu zu bleiben. Das Festival und alles was dazu gehört nennt er seine Familie. Zwei Dinge sind Hübner besonders wichtig: Eine gute Beziehung zu den Menschen in seinem Dorf, in dem er noch heute lebt, und die Fans glücklich zu machen. Letztere sieht er niemals als Kunden, vielmehr als Ideen- und Impulsgeber – und bis heute ist er seinen Dienstleistern treu geblieben: Das örtliche Zeltbauunternehmen, das 1990 die erste Bühne installierte, ist auch im Jahr 2019 noch Teil der Veranstaltung – auch wenn es nicht mehr die Hauptbühne, sondern die Zelte für den Künstlerbereich aufstellt.
Die komplette Infrastruktur für ein derart gewaltiges Event zu stellen, ist für die Bewohner des 2000-Seelen-Dorfes schon lange nicht mehr zu schaffen. Um ein Gefühl für das Ausmaß der Veranstaltung zu vermitteln, stellt Hübner einige Hard Facts vor: 280 Hektar Wiese, 47 Kilometer Bauzaun, 40 Tonnen Müll. Dass in den vergangenen Jahren kaum Sicherheitsprobleme aufgetreten sind, liegt laut Hübner vor allem an der guten Zusammenarbeit mit den Behörden, aber noch mehr an der guten Arbeit seiner Mitarbeiter. Dank der 4.500 Angestellten, die teilweise ganzjährig an der Festivalvorbereitung beteiligt sind, war die Veranstaltung im August dieses Jahres wieder ein voller Erfolg. Was noch erstaunlicher anmutet: Innerhalb von nur 20 Stunden waren die Karten für das Wacken Open Air 2020 ausverkauft.
Doch nicht immer lief es so reibungslos wie heute. In der jüngeren Vergangenheit führten verstärkte Regenfälle und Campingplatzevakuierungen zu unzufriedenen Gesichtern bei den Besuchern. In den ersten Jahren drohte das Event aus finanziellen Gründen sogar zu scheitern. Eine Herausforderung, das auch heute im Fokus steht: „Man muss jedes Jahr von Neuem um Sponsoren kämpfen. Das Problem ist, dass viele keinen Mehrwert darin sehen, mit ihrem Logo auf Bannern oder Plakaten zu stehen – mittlerweile ist man stark auf die digitalen Kanäle angewiesen.“ Die Reaktion der Organisatoren: Neue Nischenprodukte etablieren, um die Marke breiter aufzustellen. Mit dem 2018 gestarteten E-Sport-Gaming-Format „Full Metal Gaming Village“ verbinden die Veranstalter die beiden Hauptleidenschaften vieler Besucher: Daddeln und Metal. „Was für die Musiker früher die Groupies in den Tourbussen waren ist heute die Playstation“, erklärt Hübner mit einem Schmunzeln. Aber auch außerhalb von Schleswig-Holstein haben die Organisatoren Produkte ins Leben gerufen wie Heavy-Metal-Festivals auf Kreuzfahrtschiffen oder in den Bergen, mit denen die Fans die Zeit bis zum nächsten Wacken Open Air überbrücken können.
Um seine Marke langfristig auf dem Markt zu positionieren, legt Hübner zudem viel Wert auf Nachhaltigkeit: „Ein Festival definiert sich eben nicht nur über Musik. Gerade sind wir dabei, langfristige Konzepte zum Thema Ernährung, Mobilität und Merchandise aufzustellen. Das kostet natürlich alles Geld, und man muss sich Strategien überlegen, um zu verhindern, dass die Mehrkosten nur auf die Ticketpreise umgelegt werden.“ Auch stellt Hübner das gesellschaftliche Engagement seines Unternehmens ins Zentrum: Neben der „Wacken Foundation“, die sich der Nachwuchsförderung im Heavy-Metal-Genre verschrieben hat, setzen sich die Gründer unter anderem für DRK-Blutspende- und DKMS-Typisierungsaktionen ein.
Einen kurzen Einblick in das, was die Metaller in Zukunft von Holger Hübner und seinem Team erwarten können, gab es zum Ende der Veranstaltung: „Ein großer Traum wäre für mich eine Tour mit Fans und Musikern durch Südamerika, quasi ,Wacken around the World‘.“
Titelbild:
| Wacken Open Air / Medien (alle Rechte vorbehalten)
Bilder im Text:
| Wacken Open Air / Medien (alle Rechte vorbehalten)
| Samuel Groesch / Zeppelin Universität (alle Rechte vorbehalten)
Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm