ZU|Daily wurde in die Hauptseite in den Newsroom unter https://www.zu.de/newsroom/daily/ integriert. Die neuesten Artikel seit August 2024 werden dort veröffentlicht. Hier finden Sie das vollständige Archiv aller älteren Artikel.
Der Diplom-Volkswirt Hans-Jürgen Jakobs volontierte 1985 bei der „Mainzer Allgemeine Zeitung/Wiesbadener Tagblatt“.
Von 1990 bis 1993 leitete er das Wirtschaftsressort der „Münchner Abendzeitung“, wechselte danach als Redakteur zum „Spiegel“ (1993-2001). 2001 ging Hans-Jürgen Jakobs zur „Süddeutschen Zeitung“, zuletzt war er dort Ressortleiter Wirtschaft. Von Februar 2013 bis Ende 2015 war Jakobs Chefredakteur des Handelsblatts; seit 2016 ist er dort Senior Editor.
Akteure wie Larry Fink, Stephen Schwarzman, Abdullah bin Mohammed bin Saud Al-Thani und Fonds wie BlackRock, Blackstone oder Qatar Investment dominieren derzeit die zentralen Felder der Weltwirtschaft. Doch wie kam es zu diesem Siegeszug der Finanzindustrie? Während in den 1990er-Jahren mit der Deutschland AG noch große deutsche Finanzinstitute wie die Deutsche Bank und die Allianz mit ihren Industriebeteiligungen als die großen Akteure galten, wurden sie mit der zunehmenden Internationalisierung der Kapitalmärkte durch neue Akteure abgelöst.
Im 21. Jahrhundert beherrschen also Vermögensverwalter wie BlackRock und Co., die nicht der Regulierung für Kreditinstitute unterliegen, das Weltfinanzwesen. Nach einer Schätzung der Boston Consulting Group lässt sich der Gesamtmarkt für Asset Management auf mehr als 79 Billionen US-Dollar beziffern – laut Internationalem Währungsfonds liegt das weltweite Bruttoinlandsprodukt als Vergleichswert mit 87 Billionen US-Dollar etwa in der gleichen Größenordnung.
Allein 6,84 Billionen US-Dollar liegen hierbei in den Händen des größten unabhängigen Vermögensverwalters weltweit: BackRock. Unter der Leitung von Larry Fink ist die Fondsgesellschaft Großaktionär bei tausenden Unternehmungen weltweit; in Deutschland hält man Anteile an 28 der 30 im DAX gelisteten Unternehmen, bei einem Drittel ist man größter Einzelaktionär. Doch der Einfluss geht weit über diese Grenzen hinaus: Zentralbanken wie die US-amerikanische FED, die Europäische Zentralbank, Finanzministerien und Staatsfonds werden von BlackRock-Experten beraten, Akteure des Finanzwesens greifen auf das unternehmenseigene Analysesystem namens Aladdin zurück. Zusammenfassend konstatiert Hans-Jürgen Jakobs: „Einen derart umfassenden Einfluss, wie BlackRock ihn auf die globale Finanzwelt hat, ist einzigartig.“ Neben den Vermögensverwaltern sind auch Hedge- und Staatsfonds zu wichtigen Spielern auf den Finanzmärkten geworden.
Insgesamt hätte die Globalisierung zwar auch positive Aspekte wie den Aufstieg vieler Chinesen in den Mittelstand, insgesamt ist jedoch eine immer stärkere Ungleichverteilung zu beobachten. Während in Sozialstaaten wie Deutschland die Einkommensverteilung durch staatliche Politik ausgeglichen wird, halten in den Vereinigten Staaten 1 Prozent der Bevölkerung fast 40 Prozent des gesamten Vermögens. Das stellt laut Jakobs eine immense Bedrohung für den sozialen Frieden dar. Doch es ist nicht nur eine Verteilungsfrage: Auch die Möglichkeit der Steuerflucht für Großunternehmen deutet auf eine Schwäche des Systems hin. „Etwa 5,9 Billionen Euro liegen weltweit in Steueroasen, wovon etwa drei Viertel nicht versteuert werden. Das Kapital bewegt sich frei, Staaten können sich nicht auf einen gemeinsamen Kurs einigen. Um dem entgegenzutreten, sind transnationale Einigungen, beispielsweise innerhalb der EU, unumgänglich“, fordert Jakobs.
Um diese Entwicklung weiter voranzutreiben, bewertet der Wirtschaftsjournalist das Auftreten von Fridays for Future und Co. als richtig und notwendig: „Das, was in den 1960ern der Marsch durch die Institutionen sein sollte, muss heute der Marsch durch das Finanzsystem sein.“ Im Hinblick auf ein stärkeres Engagement der Politik in der Klimakrise seien neben der Gesellschaft aber vor allem die Finanzinvestoren diejenigen, die am stärksten zu einem Umdenken beitragen könnten.
Als Beispiel nennt Jakobs den dreiseitigen Brief von Larry Fink, der im Januar in den Briefkästen aller bedeutender Topmanager lag. Darin ruft der Vorstandsvorsitzende von BlackRock unter anderem zur Abkehr von Investitionen in fossile Energieträger und entsprechende Branchen auf. BlackRock selbst will sich von Unternehmen trennen, die mehr als 25 Prozent ihres Umsatzes mit Kohle machen. Was der Brief außen vorlässt: Da der größte Teil des von BlackRock verwalteten Vermögens in computergesteuerten Indexfonds steckt, wird so auch in ökologisch bedenkliche Firmen investiert. Auch sollte man sich die Frage stellen, ob es tatsächlich um Nachhaltigkeit oder vielmehr um „Greenwashing“ geht. Trotzdem ist das, was am Ende zählt, das steigende Bewusstsein für die Notwendigkeit von Veränderung: vom Stakeholder-Kapitalismus bis hin zu einer effektiven Umwelt- und Klimapolitik.
Titelbild:
| Geronimo Giqueaux / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link
Portraitbild:
| Frank Beer / Handelsblatt (alle Rechte vorbehalten)
Bild im Text:
| Felix Walther / Zeppelin Universität (alle Rechte vorbehalten)
Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm