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Juniorprofessor Dr. Marco Hubert ist Inhaber der ZU-Juniorprofessur für Innovation und Entrepreneurship, insbesondere Innovationskommunikation und Verhaltensforschung im Dr. Manfred Bischoff Institut für Innovationsmanagement der EADS. Hubert studierte Betriebswirtschaftslehre an der Humboldt Universität, Berlin. An der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster promovierte er über Potentiale und Limitationen neurowissenschaftlicher Methoden und Erkenntnisse für die wirtschaftswissenschaftliche Forschung. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die Integration der Verhaltensforschung in das Innovationsmanagement, Innovationskommunikation, Verbraucherinnovationen, E-Commerce und die Integration neurowissenschaftlicher Methoden und Erkenntnisse in die wirtschaftswissenschaftliche Forschung.
Katja-Maria Prexls Dissertationsvorhaben startet 2012 und trägt den Titel „Der Mensch im Zentrum von Innovation – Erfolgsfaktoren und Rahmenbedingungen von Design Thinking und der Einfluss auf die Innovationsfähigkeit von Unternehmen“ am Dr. Manfred Bischoff Institut für Innoationsmanagement der EADS / Juniorprofessur für Innovation und Entrepreneurship insbesondere Innovationskommunikation und Verhaltensforschung. Betreut wird es durch Juniorprofessor Dr. Marco Hubert.
Das „Hasso Plattner Insitute of Design at Stanford" gilt mit Professor Dr. Larry Leifer als einer der bedeutendsten Orte für Design Thinking. Das Institut kooperiert mit dem Hasso-Plattner-Institut der Universität Potsdam.
Im Beitrag „Design Thinking Is A Failed Experiment. So What’s Next?" kritisiert Bruce Nussbaum die gängige Verwendung des Ansatzes.
Sieben Personen stehen mit gelben Post-it-Blöcken bewaffnet vor einem Flipchart. Gefragt sind Ideen dafür, was geschehen muss, damit bei der nächsten Fußballweltmeisterschaft ein Affe im Tor der deutschen Nationalelf steht. Ein Partyspiel? Mitnichten. Hier macht sich das interdisziplinär zusammengesetzte Team eines Design-Thinking-Workshops warm. Mehrere hundert Post-its später liegt ein Prototyp einer Internetseite, eines Schmuckstücks oder eines neuen Küchengeräts vor. Ideensammlung, deren konkrete Umsetzung, Testen und Lernen sind Phasen dieses Innovationsansatzes, die von der Wiederholung leben. Auch in der Managementausbildung mittlerweile anerkannt, sehen hierin so manche Vertreter nicht nur eine Kreativitätsmethode, sondern sogar eine Philosophie für Unternehmen. Wie und ob das realistisch ist, wird an der Zeppelin Universität (ZU) von Startups getestet und von Wissenschaftlern des Dr. Manfred Bischoff Instituts für Innovationsmanagement der EADS erforscht.
Schon seit den 1960er-Jahren ist Design Thinking (DT) bekannt, doch der Ansatz erfährt in diesen innovationsgetriebenen Zeiten große Aufmerksamkeit. Laut Professorin Dr. Ellen Enkel, Leiterin des Dr. Manfred Bischoff Instituts für Innovationsmanagement der EADS, wenden einige etablierte Unternehmen wie die Deutsche Bank Design Thinking an, um ihren Innovationsprozess zu beleben. Auch Audi, UBS oder Swisscom bedienten sich der Methode. „Ich würde nicht von einem Trend sprechen, aber Design Thinking ist eine interessante Methode, die durch ihre starke Kundenorientierung bereits in der Frühphase zu einer neuen Sichtweise auf Herausforderungen und mögliche Lösungen führt“, sagt Enkel. Je nach Gruppenzusammensetzung kann hier auch dem Kunden bei der Nutzung von Produkten zugeschaut und dabei gelernt werden. Doch Enkel sieht auch klar die Grenzen des Ansatzes: „Aus dem fokussierten Chaos der Ideenfindung ein solides Konzept zu entwickeln, welches am Markt erfolgreich ist, verlangt jedoch nach mehr Informationen, einem Netzwerk innerhalb und außerhalb des Unternehmens und anderen Ressourcen.“
Für seinen Start machte sich das Team des ZU-Startups mijuu die Vorteile von Design Thinking zunutze. Vor wenigen Tagen ging die Internetplattform von mijuu online, über die Kunden Schmuck selbst gestalten und beziehen können. Mitgründer Julian Leitloff hat in einem Kurs bei Professor Dr. Enkel von Design Thinking erfahren. Um herauszufinden, wie Frauen und Männer in ihrer Zielgruppe an die Gestaltung von Schmuck herangehen, wurden mehrere Design Thinking Workshops organisiert und viel Knete, Metall und Holz verbraucht. Kleingruppen verarbeiteten Ideen zu Prototypen, alle testeten und gaben Rückmeldungen. Immer und immer wieder. Jetzt sagt Leitloff: „Die Iteration des Design Thinking Prozesses macht aus einem rauen Prototypen schließlich das geschliffene Produkt – das dauert zwar länger, hat aber auch viele Vorteile. Unsere Erkenntnis ist, dass Intuition und Spaß Komplexität sticht.“ Derweil will auch mijuu am Ball bleiben und den Ansatz in die Unternehmensorganisation aufnehmen. Leitloff ist überzeugt, so könnten interdisziplinäre Lösungen und ganzheitliche Produkte entwickelt werden. „Praktisch wird bei unserer Klausurtagung in zwei Wochen wieder die Design Thinking Methode eingesetzt. Die Post-it-Zettel sind schon gekauft“, sagt er.
Dabei ist nicht zu vergessen, dass der Prozess der sich wiederholenden Ideenfindung, Umsetzung und Tests anstrengend ist – auch, weil Scheitern zum Konzept gehört. Teilnehmende und Unternehmen erwarten in der Regel einen linearen Weg zum Ziel, während sie hier mit kreativer Verwirrung konfrontiert werden. Genau das durchzustehen, sei aber entscheidend, sagt ZU-Alumnus Max Stralka. Erste Erfahrungen hatte er bei einem Design Thinking-Projekt der Deutschen Bank zum Thema „Die Zukunft des Banking“ gesammelt. Heute betreut er mit den ZU-Alumni Malte Windwehr und Marco Holst (StralkaHolstWindwehr) Unternehmen unter anderem bei Design Thinking-Projekten. „Phasen der Unsicherheit sind essentiell für den Erfolg der Methode“, sagt er. Denn außergewöhnliche Prototypen würden oft erst nach dieser Unsicherheit und Orientierungslosigkeit entstehen. Stralka: „Gerade bei erfahrenen Mitarbeitern oder nervösen Projektverantwortlichen kann das Gefühl, in der Luft zu hängen, jedoch auch dazu führen, dass in Projekte eingegriffen wird, um endlich zu einem Ergebnis zu kommen.“
Diese Probleme im Umgang zeigen, dass der Erfolg von Design Thinking von weit mehr abhängt als einer ausreichenden Menge von Post-it-Zetteln. Katja-Maria Prexl untersucht momentan im Rahmen ihrer Doktorarbeit an der Zeppelin Universität, welche Faktoren und Rahmenbedingungen für Design Thinking tatsächlich gegeben sein müssen, damit die Innovationsfähigkeit von Unternehmen steigt. Im Blick hat sie dabei grundsätzliche Strukturen wie auch Verhaltensforschungsfragen: Unter anderem, wie eine optimale Gruppenzusammensetzung für bestimmte Ziele aussehen kann, ist beispielsweise bis heute wenig erforscht. Juniorprofessor Dr. Marco Hubert, der die Arbeit betreut und gemeinsam mit Dr. Ulf Pillkahn (Siemens AG) die Forschungsthemen angehen will, sagt: „Design Thinking kombiniert viele Ansätze, steht für Agilität und Kreativität. Dennoch sind bei Design Thinking noch viele Forschungsfragen offen. Generell fehlen Elemente der Verhaltensforschung im Bereich der Innovationsforschung. Der Mensch steht hier im Zentrum und vom Individuum ist auch der Erfolg von Innovationsmaßnahmen abhängig.“
Im Rahmen von Huberts Juniorprofessur für Innovation und Entrepreneurship, die sich insbesondere mit Innovationskommunikation und Verhaltensforschung beschäftigt, sollen ab dem Frühjahr 2013 in Zusammenarbeit mit Dr. Ulf Pillkahn Master-Veranstaltungen zu Design Thinking stattfinden. Die Erforschung des Themas ist umso wichtiger, als Design Thinking nicht nur als Kreativmethode zur Innovationsstimulation bei einzelnen Projekten betrachtet wird. In Unternehmensstrukturen eingegliedert, soll der Ansatz ein Unternehmen zu einer kreativeren Ausrichtung verhelfen, so erhoffen es sich nicht nur Startups wie mijuu, sondern auch größere Unternehmen. Doch bis dorthin ist wohl noch ein langer Weg mit Post-it-Zetteln gepflastert.
Bilder: mijuu, StralkaHolstWindwehr, Yvonne von Hunnius