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Veranstaltung mit Khola Maryam Hübsch

Der Blick unters Kopftuch

Man muss die Freiwilligkeit des Kopftuchs immer hinterfragen, aber auch die sexistische Populärkultur.

Khola Maryam Hübsch
Publizistin und Anhängerin der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde
 
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    Zur Person
    Khola Maryam Hübsch

    Khola Maryam Hübsch wurde 1980 in Frankfurt am Main geboren. Sie ist Journalistin und Publizistin, Spoken Word-Künstlerin und Aktivistin und hält regelmäßig Fach- und Publikumsvorträge zum Thema Islam. Hübsch studierte Publizistik, Psychologie und Germanistik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Bisherige Beiträge hat sie unter anderem für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die Frankfurter Rundschau, WELT, Die ZEIT, die taz, den Freitag, den Deutschlandfunk und den NDR veröffentlicht. Ihre Themenschwerpunkte sind Toleranz im Islam, Scharia und Säkularismus, Feminismus, Eco-Islam, Antimuslimischer Rassismus und Islamische Mystik. Hübsch war von 2001 bis 2006 und von 2009 bis 2011 bundesweite Beauftragte für den interreligiösen Dialog der Lajna Imaillah (Frauenorganisation der Ahmadiyya Muslim Jamaat KdöR) in Deutschland. 2015 war sie als Sachverständige im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages.

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In ihrem Vortrag erläutert sie verschiedene feministische Theorien, angefangen bei der Unterscheidung zwischen dem Differenzfeminismus und dem egalitären Ansatz bis hin zu Zana Ramadani. Letztere argumentiert, dass Kopftuchträgerinnen keine Feministinnen sein könnten. Hübsch stellt jedoch klar: „Für mich hat Feminismus viel mit Gerechtigkeit zu tun und ist die Frage nach dem guten Leben. Wie leben wir in einer guten, gerechten Gesellschaft, in der niemand ausgegrenzt wird und sich alle wohlfühlen können?“ Dies sei auch sehr gut mit ihrem Glauben zu vereinbaren, da der Koran – laut Hübsch – die Gerechtigkeit als oberstes Prinzip des Handelns erkläre.

Die Auffassung, dass die Frau im Islam trotzdem benachteiligt sei, teilen laut einer Umfrage des Allensbacher Instituts für Demoskopie 83 Prozent der Deutschen. Der Islam genieße gemeinhin kein besonders hohes Ansehen in der deutschen Bevölkerung. Dieser Umstand ließe sich wiederum leicht von Rechtspopulisten instrumentalisieren, um Stimmung gegen Angehörige des muslimischen Glaubens zu machen. Im Zuge dessen kommt Hübsch auf den Widerspruch zwischen den genannten Grundwerten des Islam wie die Gleichberechtigung und Toleranz und der gegenwärtigen Situation in vielen muslimischen Ländern zu sprechen: „Patriarchalische Strukturen sind ein weltweites Problem, kein muslimisches.“


Dennoch befinde sich die sogenannte „islamische Welt“ in einer politischen und theologischen Krise, da die Durchsetzung der Gleichstellung der Geschlechter maßgeblich an korrupten Machthabern und autokratischen Regierungen scheitere. Hübsch warnt davor, die muslimisch geprägten Länder über einen Kamm zu scheren, da die Länder kein Monolith seien, sondern in ihrer politischen und kulturellen Ausrichtung sich grundlegend unterscheiden. Nichtsdestotrotz sei das Islamverständnis in vielen mehrheitlich muslimischen Ländern – laut Hübsch – problematisch und decke sich nicht mit ihrer Auffassung vom eigentlichen Geist des Korans.

Muslimische Feministinnen sehen sich seit jeher mit dem Vorwurf konfrontiert, dass das Tragen eines Kopftuchs mit den gängigen Vorstellungen der Geschlechtergerechtigkeit nicht zu vereinbaren sei. Das Kopftuch, so Kritiker, sei ein Symbol der Unterdrückung, stärke das Patriarchat und sexualisiere den weiblichen Körper. Gleichzeitig kämpfen viele muslimische Aktivistinnen auf der ganzen Welt gegen die reaktionären Entwicklungen in der "islamischen Welt". Aus diesem Diskurs gelangt bisher nur wenig in die öffentliche Debatte in Europa. Aktivistinnen sehen eine Verkürzung der Debatte um die Rolle der Frau im Islam - feministische Narrative würden von Rechtspopulisten gerne instrumentalisiert, um so rassistische Einstellungen zu verschleiern. Kann es im Kampf gegen Sexismus und Rechtspopulismus eine Allianz muslimischer und säkularer Feministinnen geben? Darüber sprach die Journalistin, Publizistin und muslimische Feministin Khola Maryam Hübsch im Rahmen einer von der AG Diversität organisierten Diskussionsveranstaltung.
Muslimische Feministinnen sehen sich seit jeher mit dem Vorwurf konfrontiert, dass das Tragen eines Kopftuchs mit den gängigen Vorstellungen der Geschlechtergerechtigkeit nicht zu vereinbaren sei. Das Kopftuch, so Kritiker, sei ein Symbol der Unterdrückung, stärke das Patriarchat und sexualisiere den weiblichen Körper. Gleichzeitig kämpfen viele muslimische Aktivistinnen auf der ganzen Welt gegen die reaktionären Entwicklungen in der "islamischen Welt". Aus diesem Diskurs gelangt bisher nur wenig in die öffentliche Debatte in Europa. Aktivistinnen sehen eine Verkürzung der Debatte um die Rolle der Frau im Islam - feministische Narrative würden von Rechtspopulisten gerne instrumentalisiert, um so rassistische Einstellungen zu verschleiern. Kann es im Kampf gegen Sexismus und Rechtspopulismus eine Allianz muslimischer und säkularer Feministinnen geben? Darüber sprach die Journalistin, Publizistin und muslimische Feministin Khola Maryam Hübsch im Rahmen einer von der AG Diversität organisierten Diskussionsveranstaltung.

Was Khola Maryam Hübsch besonders stört, ist, dass das Kopftuch – besonders in Deutschland – oftmals als unmittelbares Symbol der Bevormundung und Unterdrückung der Frau verstanden wird. Sie findet: In dem Moment, indem eine Frau sich für das Kopftuchtragen entscheidet, agiert sie selbstbestimmt. Es sei jedoch ein grundlegender Unterschied, ob man über das Kopftuch im Kontext von Staaten wie Saudi-Arabien oder dem Iran spreche. Beide schreiben die Kleiderordnung für Frauen gesetzlich vor. In demokratischen Gesellschaften werde das Kopftuch hingegen freiwillig getragen – sei also ein Symbol der Freiheit. Hübsch lehnt persönlich die Vollverschleierung ab – jedoch auch das häufig diskutierte Burka-Verbot. Ein solches würde in ihren Augen das Recht auf Selbstbestimmung verletzen.


Darüber hinaus sehen sich muslimische Frauen oft mit der Unterstellung konfrontiert, sie würden das Kopftuch nur aus Zwang tragen. In Anlehnung darauf zeigt Hübsch einen Ausschnitt aus der US-amerikanischen Fernsehsendung „The Daily Show“. Dalia Mogahed, Direktorin des Forschungsinstituts „Social Policy and Understanding“ wird hier gefragt, ob das Kopftuch nicht ein Zeichen der Unterdrückung sei. Ihre Antwort: „Hejab privatizes women´s sexuality“.


Hübsch stellt klar: „Man muss die Freiwilligkeit des Kopftuchs immer hinterfragen, aber auch die sexistische Populärkultur.“ Die Journalistin stellt die grundsätzliche Frage in den Raum: Wieso werden muslimische Frauen, die sich verhüllen, unter Generalverdacht gestellt, nicht selbstbestimmt zu sein? Sie identifiziert und kritisiert das Diktat einer „westlichen Enthüllungskultur“. Hübsch betont an dieser Stelle, dass der Grund für das Tragen eines Kopftuchs mehr ein Symbol der Hingabe zu Gott sei – und keineswegs eines, das Unterdrückung oder gar eine Abkapselung aus der Gesellschaft vermitteln solle. Trotzdem würden Frauen weiter diskriminiert, wenn sie im Alltag ein Kopftuch tragen. Dies äußere sich besonders in Situationen wie etwa Bewerbungsgesprächen.

Khola Maryam Hübsch schließt ihren Vortrag mit der Aussage, dass Rassismus und Vorurteile überall vorhanden seien. Auch von anderen Muslimen erfahre ihre Gemeinde nicht immer volle Akzeptanz. Trotzdem wünsche sie sich mehr Offenheit von der deutschen Gesellschaft, zu der sie sich ausdrücklich dazu zählt. Sie erlebe zwar viel Neugierde und Interesse, dahinter stecke jedoch häufig bereits eine Wertung. Sie legt daher besonderen Wert auf eine „unvoreingenommene Neugierde“ – so könne die Akzeptanz von Muslimen in der Gesellschaft zunehmen.


Das große Problem in der heutigen Gesellschaft sei, dass sich schnell extreme Fronten bildeten. In der Folge blieben Gespräche zwischen Fraktionen und unterschiedlichen Standpunkten aus. So wurde sie von anderen Muslimen häufig für die Teilnahme an islamkritischen Konferenzen kritisiert. Das verleihe undifferenzierten und rassistischen Meinungsträgen Legitimität. Hübsch zeigte diesem Argument gegenüber Verständnis, trotzdem sei und bleibe es ihr wichtig, das Gespräch mit jenen zu suchen, die nicht ihre Meinung teilen: „Die Diskurse sind da, sie sind in der Öffentlichkeit und die wenigsten verstehen die Betroffenenperspektive. Deswegen muss man auch in diese unangenehmen Milieus gehen und sich dem aussetzen. Das ist schmerzhaft und unangenehm, aber nur so kommen wir weiter.“

Titelbild: 

| Ebi Zandi / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link


Bild im Text: 

| Lena Reiner / Menschenfotografin.de (Alle Rechte vorbehalten)


Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm

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