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Smart Cities

Gemeinsame Sache machen

Die Bürger sollten von Anfang eingebunden werden und im Rahmen ihrer Möglichkeiten an der Gestaltung der eigenen Stadt der Zukunft beteiligt werden. Smart City-Vorhaben, die nur auf moderne Technik setzen und bei der Planung auf Bürgerbeteiligung verzichten, müssen mit großen Akzeptanzproblemen rechnen.

Prof. Dr. Jörn von Lucke
, Direktor The Open Government Institute | TOGI und Lehrstuhl für Verwaltungs- und Wirtschaftsinformatik
 
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    Zur Person
    Prof. Dr. Jörn von Lucke Prof. Dr. Jörn von Lucke hat seit 2009 den Lehrstuhl für Verwaltungs- und Wirtschaftsinformatik an der Zeppelin Universität inne und leitet als Direktor das dort angesiedelte The Open Government Institute | TOGI. Er studierte Wirtschaftsinformatik an der Universität Mannheim. Darauf folgten Promotion und Habilitation an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer. Über fünf Jahre arbeitete er als Forschungs- und Sektionsreferent am Forschungsinstitut für Öffentliche Verwaltung an der DHV Speyer. Nach zwei Jahren im Bundesverwaltungsamt wechselte er 2007 an das Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme in Berlin. Zwei Jahre darauf übernahm er den Lehrstuhl für Verwaltungs- und Wirtschaftsinformatik an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen. Der Forschungsfokus von Jörn von Lucke liegt innerhalb der Verwaltungsinformatik auf den Themen E-Government und Hochleistungsportale – mit einer Fokussierung auf die aktuellen Web 2.0-Themen Open Government, Open Data und Open Government Data.
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    „Bisher ging es uns viel zu gut“
    Die Corona-Krise hat Deutschlands digitale Defizite schonungslos offengelegt – vor allem in der Verwaltung konnten sich Akteure viel zu lang vor der Digitalisierung drücken, kritisiert ZU-Professor Jörn von Lucke. Er erklärt, wo jetzt investiert werden muss.
    Die Lücke schließen!
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    Das Verlangen, die Grenzen des Seins zu überschreiten, ist so alt wie die Menschheit. Im 21. Jahrhundert ist das Ende des Homo sapiens zum Greifen nahe. Hans Ulrich Gumbrecht über einen Abschied in Würde.
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Fliegende Autos und nie wieder Stau, Strom nur noch bei echtem Bedarf und den neuen Personalausweis per App beantragen. Die Vorstellungen, was uns die Smart City bringt, sind riesig: Was steckt wirklich dahinter?

Prof. Dr. Jörn von Lucke: Bei all diesen Vorstellungen handelt sich um Visionen, vor allem also um frühe und wichtige Leitbilder für die Gestaltung smarter Städte und smarter Regionen. Diese durchaus leitenden Bilder führen uns zu den ersten Prototypen und Pilotprojekten in aller Welt. Dahinter stehen Staaten und deren Regierungen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, durchaus aber auch Investoren mit Geschäftsinteressen und Gewinnabsichten. Sie machen sich alle Gedanken über die Gestaltung der Stadt der Zukunft bei zunehmender Digitalisierung, der Morgenstadt, über künftige Produkte und Dienstleistungen im urbanen digitalen Raum.


Aus dem Blickwinkel der Wissenschaft Verwaltungsinformatik betrachtet stehen hinter dem Sammelbegriff „Smart City“ mehr als 50 technische Ansätze, wie mit smarten Objekten und cyberphysischen Systemen öffentliche Aufgaben effizienter wahrgenommen werden können, teils mit durchaus disruptiven Folgen. Dazu zählen etwa smarte Mobilität und autonome Automobile, smarte Energienetze und smarte Stadtwerke, smarte Infrastrukturen und smarter Klimaschutz, eine smarte Gesundheitsversorgung und eine smarte Verwaltung 4.0.


Frankfurt und Berlin machen mit entsprechenden Planungen von sich reden: Warum erlebt das Konzept gerade einen Boom?

von Lucke: Wie haben uns in der T-City Friedrichshafen bereits seit 2007 mit solchen Fragen intensiv auseinandergesetzt. Technisch und wissenschaftlich sind das alles Themen, die natürlich schon sehr viel länger weltweit bearbeitet und erschlossen werden. Gemeinsam mit der Deutschen Telekom AG haben wir am damaligen Deutsche Telekom Institute for Connected Cities wertvolle Impulse zur Vernetzung setzen dürfen und immer wieder auf Offenheit und offene Daten hingewirkt.


Auf bundespolitischer Ebene hat sich 2016 das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit diesem Thema angenommen und über die Dialogplattform Smart Cities eine zu unserem Verständnis auch passende Smart City Charta erarbeitet und so das Thema digitalpolitisch positioniert. Seit 2019 fördert das Bundesministerium des Innern, für Heimat und Bau (BMI) nun gezielt Modellprojekte Smart Cities. In den kommenden zehn Jahren sollen in zahlreichen deutschen Städten, Kreisen und Gemeinden Smart City-Konzepte und Umsetzungsmaßnahmen erprobt werden. Dafür stellt die Bundesregierung, inklusive der Aufstockung durch das Konjunktur- und Zukunftspaket im Jahr 2020, insgesamt rund 820 Millionen Euro zur Verfügung. Daher stammt das Interesse, weil sich der Markt in Deutschland und die Gestaltung solcher Städte nun konkretisieren. Die von uns begleitete Stadt Ulm hat mit ihrem offenen Ansatz Ulm4CleverCity bereits in der ersten Runde einen Zuschlag erhalten. Das freut uns sehr.

Clever, für alle offen und nachhaltig. In der „Ulmer Vision“ spiegelt sich wider, was digitale Transformation erfolgreich macht: Ulm möchte im Rahmen des Förderprogramms des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat (BMI) „Smart Cities made in Germany“ mit den Menschen vor Ort ihre digitale Zukunft gestalten. Digitale Ansätze orientieren sich an den Bedürfnissen und Bedarfen der Bürgerinnen und Bürger und beziehen ihre Ideen und Vorstellungen mit ein. Um dieser Vision näher zu kommen, macht sich Ulm in den kommenden zwei Jahren auf den Weg, eine integrierte Smart City-Strategie zu entwickeln. In den Bereichen Mobilität, Zusammenleben, Umwelt/Energie, Bildung, Handel, Kultur und Verwaltung entstehen neue digitale Ansätze. Gleichzeitig soll eine leistungsfähige digitale Infrastruktur geschaffen werden. Die Blaupause für die Smart City-Strategie ist eine Stadt im Umbruch. Ulm ist eine wachsende Stadt. Dieser Trend wird durch die engere Anbindung an Stuttgart noch weiter verstärkt werden. Strukturelle, gesellschaftliche und demografische Veränderungen bieten neue Herausforderungen für die Stadtentwicklung, aber auch neue Chancen für digitale Lösungen. Nachhaltigkeit in allen sozialen, ökonomischen und ökologischen Dimensionen zieht sich dabei als roter Faden durch alle Handlungsfelder.
Clever, für alle offen und nachhaltig. In der „Ulmer Vision“ spiegelt sich wider, was digitale Transformation erfolgreich macht: Ulm möchte im Rahmen des Förderprogramms des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat (BMI) „Smart Cities made in Germany“ mit den Menschen vor Ort ihre digitale Zukunft gestalten. Digitale Ansätze orientieren sich an den Bedürfnissen und Bedarfen der Bürgerinnen und Bürger und beziehen ihre Ideen und Vorstellungen mit ein. Um dieser Vision näher zu kommen, macht sich Ulm in den kommenden zwei Jahren auf den Weg, eine integrierte Smart City-Strategie zu entwickeln. In den Bereichen Mobilität, Zusammenleben, Umwelt/Energie, Bildung, Handel, Kultur und Verwaltung entstehen neue digitale Ansätze. Gleichzeitig soll eine leistungsfähige digitale Infrastruktur geschaffen werden. Die Blaupause für die Smart City-Strategie ist eine Stadt im Umbruch. Ulm ist eine wachsende Stadt. Dieser Trend wird durch die engere Anbindung an Stuttgart noch weiter verstärkt werden. Strukturelle, gesellschaftliche und demografische Veränderungen bieten neue Herausforderungen für die Stadtentwicklung, aber auch neue Chancen für digitale Lösungen. Nachhaltigkeit in allen sozialen, ökonomischen und ökologischen Dimensionen zieht sich dabei als roter Faden durch alle Handlungsfelder.

Ist die Corona-Pandemie Bremser oder Beschleuniger?

von Lucke: Die Corona-Pandemie macht für alle sichtbar, was in einer Krisensituation aktuell funktioniert und wo es bei Staat und Verwaltung noch Nachholbedarf gibt. Durch den nahezu vollständigen Wegfall der persönlichen Kontakte und der zwischenmenschlichen Kommunikationskanäle stellt sich in allen Organisationen die Frage, inwieweit der direkte elektronische Kanal diesen Ausfall kompensieren kann. Die Ergebnisse kennen wir. Vieles hat in Behörden funktioniert, teilweise überraschend gut. Aber leider passierte dies so nicht immer und nicht überall. Das aktuelle Gutachten des wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zur Digitalisierung in Deutschland und Lehren aus der Corona-Pandemie benennt exemplarisch den Stand, die Ursachen und weist klar den weiteren Weg. Für den gesamten öffentlichen Sektor wirkt die Pandemie somit als Beschleuniger und Katalysator der Digitalisierung.


Leider erkennt man erst in Zeiten der Not den wahren Handlungsbedarf. Uns Experten ist dies seit Jahren bekannt. Dass einige andere Staaten diesen Weg mit Unterstützung von Wissenschaft und Wirtschaft schon vor mehr als 20 Jahren angegangen sind und sich heute mit der Digitalisierung auf einem ganz anderen Niveau auseinandersetzen, bereitet mir persönlich ernsthafte Sorge. Wir müssen als Staat, als Verwaltung und als Bürgerschaft auch hier in Deutschland, in Baden-Württemberg, im Bodenseekreis und in Friedrichshafen weiter in der Lage sein, unsere Zukunft selbst zu gestalten. Mit Blick auf unsere eigene digitale Souveränität dürfen wir dies nicht anderen überlassen.


Welche zuvor vom Menschen ausgeführten Tätigkeiten werden in einer Smart City von IT, KI und anderen Robotern übernommen?

von Lucke: Das kommt auf die technischen Möglichkeiten an und wird 2025 anders beantwortet werden als 2030, 2050 oder 2100. Wir bauen mit smarten Städten und smarten Regionen eine neuartige digitale Infrastruktur für die kommenden Jahrzehnte und Jahrhunderte auf. Mit den Modellprojekten Smart Cities soll zunächst die Handlungsfähigkeit der Kommunen gestärkt und Kompetenz aufgebaut werden. Man wird überlegen und beschließen müssen, wo der Einsatz von cloudbasierten IT-Fachverfahren und Apps, smarten Objekten und künstlicher Intelligenz Sinn macht und die Erledigung öffentlicher Aufgaben erleichtert. Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit stehen im öffentlichen Sektor weiter im Mittelpunkt. Richtig eingesetzt eröffnen Smartphones, Drohnen und automatisierte Prozesse neuartige Abläufe, die disruptive Wirkung auf etablierte Vorgehensweisen einer papierbasierten Welt haben. Öffentliche Aufgaben können durch sie besser und kostengünstiger erfüllt werden. Die aktuelle Einführung der E-Akte und der E-Rechnung oder die dienstliche Nutzung von Smartphones und Drohnen werden erhebliche Einsparpotentiale eröffnen.


Sorgen um Entlassungen im öffentlichen Sektor mache ich mir keine. Für eine Reihe an Aufgaben im öffentlichen Sektor fehlt uns heute bereits das qualifizierte Personal. Durch Fortbildungen werden wir die betroffenen und bereits gut ausgebildeten Mitarbeiter rasch auf neue Aufgaben vorbereiten und ihnen gleichzeitig mehr Verantwortung übergeben können. Die Tätigkeitsfelder werden sich allmählich verändern.

Sie und Ihr Team begleiten das Projekt „Zukunftsstadt Ulm 2030“. Die Stadt hat 126.000 Einwohner, weder U-Bahn noch S-Bahn, nicht übermäßig viele Pendler und wahrscheinlich auch keinen riesigen Ansturm auf Behörden. Ist so eine Stadt für die Vision „Zukunftsstadt“ überhaupt geeignet?

von Lucke: Die Regio-S-Bahn Donau-Iller kommt doch bereits! Ulm ist zudem Oberzentrum für die Stadt und die Region um Ulm herum. Mit Universität, Hochschulen und Industrie haben wir es mit einem sehr spannenden Raum an Donau und Iller zu tun, mit großem Potential. Und Größe ist für Zukunftsstädte beileibe nicht entscheidend. Sie brauchen Strukturen und handelnde Akteure in Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, die innovationsfreundlich und agil sind, die Digitalisierung einfordern und dies auch leben. Und die bereit sind, neue Wege zu gehen und dafür auch zu investieren. All dies finden Sie in Ulm.


Die Geschichte unserer Zusammenarbeit mit der Stadt Ulm ist bereits lang. Wir profitieren davon in beide Richtungen, Stadt und Zeppelin Universität. Eine Reihe an Vorhaben haben wir gemeinsam angestoßen, besprochen, verfeinert und umgesetzt. Ich freue mich heute etwa über das Verschwörhaus, das Team Digitale Agenda, den Kreativraum im Verwaltungslabor, die vielen Vorhaben bis hin zur IoT-Datenplattform. Und es kommt in den kommenden Jahren noch viel mehr hinzu. Kurze Wege, ein offener Austausch und echter Teamgeist sind da wichtig. Für uns, unsere Studenten und unsere Studiengänge springen da auch gute, praxisbezogene Bachelor- und Masterabschlussarbeiten raus.


Ziel ist es, eine nachhaltige, digitale Stadtentwicklung gemeinsam mit den Bürgern zu gestalten. Um all das zu erreichen, setzt die Stadt einen eigenen Datenraum mit eigener Infrastruktur um. Die Definition von Smart City ist hier doch eine andere, oder?


von Lucke:
Der eigene Datenraum ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu Open Government und Smart Government, mit dem Kompetenz aufgebaut und lokale Infrastruktur geschaffen werden soll. Wir als The Open Government Institute | TOGI haben dazu den Entwurf eines Datenethikkonzepts beisteuern dürfen. Mittlerweile hat die Stadt Ulm mit dem LoRaPark einen öffentlichen Schauraum geschaffen und einen Prototyp realisiert. In den kommenden Jahren gilt es, mit den exponentiell zunehmenden Datenmengen der über den städtischen Raum verteilten Sensoren angemessen und datenschutzkonform umzugehen. Meiner Einschätzung nach geht die Stadt Ulm hier zu Recht ganz neue Wege. In Ulm setzen wir aber vor allem auf eine bürgerorientierte Umsetzung der Digitalisierung, die die Bürger und ihr Feedback frühzeitig und immer wieder einbindet. Im BMI-Projekt Ulm4CleverCity gibt sich die Stadt Ulm zunächst zwei Jahre Zeit, um mit Unterstützung der Bürger eine Smart City-Strategie zu erarbeiten.

Für viele Zukunftstechnologien braucht es eine smarte und vernetzte Stadt. So auch für das autonome Fahren. Denn nur mit den richtigen Sensoren und einem klugen Verkehrsleitsystem können die Menschen schon bald die Hände vom Steuer lassen. Deutschland soll dabei künftig eine Führungsrolle einnehmen. Um das große Potential des autonomen und vernetzten Fahrens optimal zu nutzen, will die Bundesregierung die Forschung und Entwicklung vorantreiben und damit die Mobilität der Zukunft vielseitiger, sicherer, umweltfreundlicher und nutzerorientierter gestalten. Das Bundesverkehrsministerium arbeitet intensiv daran, die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern: Am 21. Juni 2017 trat bereits das Gesetz zum automatisierten Fahren (Änderung des Straßenverkehrsgesetzes) in Kraft. Kern waren hierbei veränderte Rechte und Pflichten des Fahrzeugführers während der automatisierten Fahrphase. Das heißt: Automatisierte Systeme (Stufe 3) dürfen die Fahraufgabe unter bestimmten Voraussetzungen übernehmen. Ein Fahrer ist dabei aber weiterhin notwendig. Nun folgt der nächste Schritt: Mit dem neuen Gesetz zum autonomen Fahren soll der Rechtsrahmen geschaffen werden, damit autonome Kraftfahrzeuge (Stufe 4) in festgelegten Betriebsbereichen im öffentlichen Straßenverkehr im Regelbetrieb fahren können – und das bundesweit. Damit würde Deutschland der erste Staat weltweit, der Fahrzeuge ohne Fahrer aus der Forschung in den Alltag holt. Ziel ist es, bis zum Jahr 2022 Fahrzeuge mit autonomen Fahrfunktionen in den Regelbetrieb zu bringen.
Für viele Zukunftstechnologien braucht es eine smarte und vernetzte Stadt. So auch für das autonome Fahren. Denn nur mit den richtigen Sensoren und einem klugen Verkehrsleitsystem können die Menschen schon bald die Hände vom Steuer lassen. Deutschland soll dabei künftig eine Führungsrolle einnehmen. Um das große Potential des autonomen und vernetzten Fahrens optimal zu nutzen, will die Bundesregierung die Forschung und Entwicklung vorantreiben und damit die Mobilität der Zukunft vielseitiger, sicherer, umweltfreundlicher und nutzerorientierter gestalten. Das Bundesverkehrsministerium arbeitet intensiv daran, die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern: Am 21. Juni 2017 trat bereits das Gesetz zum automatisierten Fahren (Änderung des Straßenverkehrsgesetzes) in Kraft. Kern waren hierbei veränderte Rechte und Pflichten des Fahrzeugführers während der automatisierten Fahrphase. Das heißt: Automatisierte Systeme (Stufe 3) dürfen die Fahraufgabe unter bestimmten Voraussetzungen übernehmen. Ein Fahrer ist dabei aber weiterhin notwendig. Nun folgt der nächste Schritt: Mit dem neuen Gesetz zum autonomen Fahren soll der Rechtsrahmen geschaffen werden, damit autonome Kraftfahrzeuge (Stufe 4) in festgelegten Betriebsbereichen im öffentlichen Straßenverkehr im Regelbetrieb fahren können – und das bundesweit. Damit würde Deutschland der erste Staat weltweit, der Fahrzeuge ohne Fahrer aus der Forschung in den Alltag holt. Ziel ist es, bis zum Jahr 2022 Fahrzeuge mit autonomen Fahrfunktionen in den Regelbetrieb zu bringen.

Ulm hat sich inzwischen zu einer der Vorreiterstädte der digitalen Transformation entwickelt. Zahlreiche Sensoren in der Stadt bieten eine erweiterte Grundlage, um Entscheidungen treffen und die Stadt effizienter und effektiver steuern zu können. Zwangsläufig stellt sich dabei die Frage: Wie lässt sich das Vertrauen der Bürger gewinnen, die Sorgen um den Datenschutz und die staatsbürgerliche Souveränität haben?

von Lucke: Die Bürger sollten von Anfang eingebunden werden und im Rahmen ihrer Möglichkeiten an der Gestaltung der eigenen Stadt der Zukunft beteiligt werden. Schließlich müssen sie in dieser smarten Stadt auch künftig leben. Dadurch besteht ein hohes Eigeninteresse, potentielle negative Entwicklungen zu erkennen und dauerhaft zu unterbinden. Zugleich motiviert man die Bürger, sich für eine gerechte, soziale, nachhaltige und digitale Stadt einzusetzen. Smart City-Vorhaben, die nur auf moderne Technik setzen und bei der Planung auf Bürgerbeteiligung verzichten, müssen mit großen Akzeptanzproblemen rechnen. Ulm verfolgt deswegen bewusst einen partizipativen Weg.


Am Anfang war es eine Aufgabe für uns als Wissenschaftler, die diversen Anforderungen der Bürger in konkrete Vorschläge und Empfehlungen zu übersetzen, mit denen die Stadtverwaltung Ulm arbeiten kann. Immer wieder forderten die Bürger auf Workshops „Datenschutz“ und „Datensicherheit“ ein. Dies überraschte Politik wie Verwaltung, denn die Stadt Ulm setzt dies seit mehreren Jahrzehnten längst um. Nur in datenschutzkonformen und IT-sicherheitskonformen Lösungen kann aus meiner Sicht die Zukunft einer smarten Stadt liegen. Bürger und Stadtverwaltung müssen zudem gleichermaßen souverän in der Lage sein, diese digitale Zukunft selbst zu gestalten.


Wagen wir einen Blick in die Zukunft: Wird die Smart City Kassenschlager oder Ladenhüter?

von Lucke: Es geht in erster Linie nicht um Kassenschlager oder Ladenhüter. Es geht vor allem um unsere eigene Zukunft. Wir müssen unsere Zukunft nach unseren eigenen Vorstellungen mit digitalen, offenen und smarten Technologien selbst gestalten. Es geht hier um digitale Souveränität. Wenn wir dies nicht selbst gestalten, gestalten andere diese Zukunft für uns, mit allen Risiken und Nebenwirkungen! Der Blick in die Volksrepublik China, in der gerade mehr als 50 smarte Städte komplett neu gebaut werden, auf die mehr als 40 U-Cities in Südkorea oder in die Smart Nation Singapur weist uns in eine Zukunft, mit der wir uns dringend konstruktiv auseinandersetzen müssen. Nicht alles, was technisch möglich ist, wollen wir wirklich haben. Wer aber nicht mitmacht oder nicht mitgestalten will, wird rasch feststellen, zunehmend in einem Entwicklungsland ohne Gestaltungsperspektive zu leben. Die kontroversen Diskussionen um die Corona-Warn-App und die Luca-App während der Corona-Pandemie zeigen uns gerade auf, was die Folgen sein können, wenn wir als Staat und als Bürger auf diese Zukunft nicht vorbereitet sind. Darin müssen wir noch sehr viel besser werden.

Titelbild: 

| Tumisa / Pixabay.com (CC0 Public Domain) | Link


Bilder im Text: 

| Uoaei1 / Eigenes Werk (CC BY-SA 4.0) | Link

BP63Vincent / Eigenes Werk (CC BY-SA 3.0) | Link


Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm

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Zeit, um zu entscheiden

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