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Verkehrspolitik

Rettung für die Deutsche Bahn?

Solange der Bundesverkehrsminister sich vor allem Sorgen um das WLAN in den Zügen und nicht um grundlegende Weichenstellungen der Bahnpolitik macht, können auch solche Rettungspakete den Niedergang nur weiter verschleppen helfen.

Prof. Dr. Alexander Eisenkopf
ZEPPELIN-Lehrstuhl für Wirtschafts- & Verkehrspolitik
 
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    Zur Person
    Prof. Dr. Alexander Eisenkopf

    Alexander Eisenkopf studierte Betriebs- und Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim. Nach seiner Promotion über Just in Time-orientierte Fertigungs- und Logistikstrategien arbeitete und lehrte Eisenkopf in Gießen und Frankfurt.
    Seit 2003 ist Eisenkopf Professor an der Zeppelin Universität und Gastdozent an der Wiener Wirtschaftsuniversität. Seine Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem auf Mobilität und Transportunternehmen.  

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Offenbar scheinen die wirtschaftlichen Probleme des angeschlagenen Staatskonzerns so drängend zu sein, dass der Bund eine Kapitalerhöhung um eine Milliarde Euro plant und seine Dividendenforderungen von 2017 bis 2020 um kumuliert 1,4 Milliarden Euro reduzieren will, auch um die Diskussion um eine ansonsten notwendige Teilprivatisierung der Tochtergesellschaften Arriva und Schenker zu vermeiden. Im Wahlkampf wären damit die Deutsche Bahn und das wirtschaftliche Versagen des Konzernmanagements zunächst einmal aus der Schusslinie, was aus Politikersicht erste Priorität hat.

Erst die S-Bahn um 07:51 Uhr darf es sein, dort in Wagen 6, Platz 73 ist ein Platz auf ihren Namen reserviert – und für einen Sitzplatz lässt man sogar gerne eine S-Bahn durchfahren! Der eigene Sitzplatz im Stadtverkehr steht zwar noch nicht zur Buchung, doch nachdem Reisende schon seit Jahrzehnten Plätze im Fernverkehr reservieren können, soll nun der Nahverkehr folgen. Seit einiger Zeit testet die Deutsche Bahn Reservierungen auf Teststrecken in Bayern, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Der Service ist zunächst an Pendler mit Abo-Monatskarten gerichtet. Inhaber von Zeitkarten der Bahn oder beteiligter Verkehrsverbünde können sich Plätze in den Zügen reservieren. Wer regelmäßig denselben Zug verwendet, kann sich seinen Stammplatz auch in einem Rutsch für mehrere Wochentage vormerken. Schon für 40 Euro pro Jahr sind Pendler auf der Strecke Cottbus – Leipzig mit einem eigenen Platz dabei. Ob der Service bald auch deutschlandweit angeboten wird, hängt von den ersten Testballonen ab. Selbst erfunden hat die Bahn die Idee zumindest nicht: Dahinter steckt die Digitaltochtergesellschaft „Digital Ventures“ der bekannten Boston Consulting Group.
Erst die S-Bahn um 07:51 Uhr darf es sein, dort in Wagen 6, Platz 73 ist ein Platz auf ihren Namen reserviert – und für einen Sitzplatz lässt man sogar gerne eine S-Bahn durchfahren! Der eigene Sitzplatz im Stadtverkehr steht zwar noch nicht zur Buchung, doch nachdem Reisende schon seit Jahrzehnten Plätze im Fernverkehr reservieren können, soll nun der Nahverkehr folgen. Seit einiger Zeit testet die Deutsche Bahn Reservierungen auf Teststrecken in Bayern, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Der Service ist zunächst an Pendler mit Abo-Monatskarten gerichtet. Inhaber von Zeitkarten der Bahn oder beteiligter Verkehrsverbünde können sich Plätze in den Zügen reservieren. Wer regelmäßig denselben Zug verwendet, kann sich seinen Stammplatz auch in einem Rutsch für mehrere Wochentage vormerken. Schon für 40 Euro pro Jahr sind Pendler auf der Strecke Cottbus – Leipzig mit einem eigenen Platz dabei. Ob der Service bald auch deutschlandweit angeboten wird, hängt von den ersten Testballonen ab. Selbst erfunden hat die Bahn die Idee zumindest nicht: Dahinter steckt die Digitaltochtergesellschaft „Digital Ventures“ der bekannten Boston Consulting Group.

Diese Rettungsaktion lenkt aber von der Tatsache ab, dass seit geraumer Zeit ein schlüssiges Konzept fehlt, welche verkehrspolitische Rolle die Deutsche Bahn in Zukunft spielen soll und wie das zu erreichen ist. Seit dem gescheiterten Börsengang 2009 führt die Deutsche Bahn sozusagen ein zweifelhaftes Eigenleben. Das Management hat in dem formell privatisierten Unternehmen in staatlichem Eigentum, das nur ungenügend über den Kapitalmarkt und nur bedingt durch Wettbewerb kontrolliert wird, diskretionäre Handlungsspielräume und Informationsvorteile. Diese können zur Sicherung umfassender Subventionen und Regulierungen, zur Befriedung der Mitarbeiter sowie zur Expansion in riskante Projekte genutzt werden, da letztlich der Staat die Spielregeln festlegt und als Eigentümer haftet.

Die zu erwartenden Fehlentwicklungen sind empirisch zu belegen. So hat die Deutsche Bahn es geschafft, dass die Zuschüsse für den Nahverkehr – die sogenannten Regionalisierungsmittel – von 7,3 auf 8,2 Milliarden Euro pro Jahr steigen und ab 2017 dynamisiert werden. Außerdem wurde geschickt darauf hingewirkt, zukünftige Regulierungsvorgaben auf europäischer und nationaler Ebene zu entschärfen. Ihre Mitarbeiter hat die Führung mit recht üppigen Lohnsteigerungen mit auf den Weg genommen. Dies hat auch dazu beigetragen, dass die Produktivität des Bahnbetriebes in Deutschland seit 2008 per saldo nicht gestiegen ist. Außerdem verfolgte der Konzernvorstand eine aggressive internationale Expansionsstrategie. Es ist nur wenige Jahre her, dass man bis 2020 einen Umsatz von 70 Milliarden Euro erreichen wollte.

Rote Sitzplätze, gelbe Kopfdeckchen – hier wollen weder AirBerlin noch Lufthansa ins Eisenbahngeschäft einsteigen, sondern der private DB-Konkurrent Locomore. Für 22 Euro pro Ticket soll der bisher einzige Zug der Berliner Firma ab dem 14. Dezember von Stuttgart in die Bundeshauptstadt fahren. Los geht die Jungfernfahrt um 06:21 Uhr – nach Berlin brauchen die ehemaligen IC-Waggons rund eine Stunde länger als der schnellste ICE der Deutschen Bahn. Das Projekt von Locomore-Chef Derek Ladewig ist nach dem Hamburg-Köln-Express erst der zweite private Herausforderer der Deutschen Bahn im Fernverkehr überhaupt. Der 45-jährige Hamburger arbeitete als Bahnreferent im Bundestag, gründete Locomore schon 2007 und hält mit 61,5 Prozent die Mehrheit am Unternehmen. Schon vor dem ersten Halt nahm das Unternehmen rund 600.000 Euro über Crowdfunding im Internet ein – eine Vielzahl von Unterstützern sicherte sich so ein Ticket, ohne überhaupt das Datum der ersten Fahrt zu kennen. 500 Gäste sollen nun in die sechs bis acht Waggons der ersten Fahrt passen. 15 Stopps legt der Zug zurück, bis um 14:28 Uhr die Endstation Berlin-Lichtenberg angekündigt wird. Dann wird man wissen, ob mit den alten Bahn-Zügen auch die Verspätungen übernommen wurden.
Rote Sitzplätze, gelbe Kopfdeckchen – hier wollen weder AirBerlin noch Lufthansa ins Eisenbahngeschäft einsteigen, sondern der private DB-Konkurrent Locomore. Für 22 Euro pro Ticket soll der bisher einzige Zug der Berliner Firma ab dem 14. Dezember von Stuttgart in die Bundeshauptstadt fahren. Los geht die Jungfernfahrt um 06:21 Uhr – nach Berlin brauchen die ehemaligen IC-Waggons rund eine Stunde länger als der schnellste ICE der Deutschen Bahn. Das Projekt von Locomore-Chef Derek Ladewig ist nach dem Hamburg-Köln-Express erst der zweite private Herausforderer der Deutschen Bahn im Fernverkehr überhaupt. Der 45-jährige Hamburger arbeitete als Bahnreferent im Bundestag, gründete Locomore schon 2007 und hält mit 61,5 Prozent die Mehrheit am Unternehmen. Schon vor dem ersten Halt nahm das Unternehmen rund 600.000 Euro über Crowdfunding im Internet ein – eine Vielzahl von Unterstützern sicherte sich so ein Ticket, ohne überhaupt das Datum der ersten Fahrt zu kennen. 500 Gäste sollen nun in die sechs bis acht Waggons der ersten Fahrt passen. 15 Stopps legt der Zug zurück, bis um 14:28 Uhr die Endstation Berlin-Lichtenberg angekündigt wird. Dann wird man wissen, ob mit den alten Bahn-Zügen auch die Verspätungen übernommen wurden.

Spätestens seit dem Milliardenverlust im Geschäftsjahr 2015 sollten bei der Politik die Warnlampen rot aufleuchten. In allen Sparten zeichnen sich seit Längerem Ergebnisprobleme ab, und die Verschuldung steigt dramatisch an. Die Expansion des Güterverkehrs in das internationale Geschäft ist gescheitert, und der interessanterweise noch relativ hohe ROCE (return on capital employed) im Fernverkehr wird mit der Indienststellung einer neuen Fahrzeuggeneration einbrechen. Das Logistikgeschäft wird offensichtlich nicht so geführt, dass es an die Margen der relevanten Wettbewerber anknüpfen kann. Einzig und allein der hochsubventionierte Nahverkehr zeigt noch stabile Ergebnisbeiträge. Hinzu kommt die nur schlecht kaschierte Tatsache, dass die Infrastruktur systematisch auf Verschleiß gefahren wird, da die öffentlichen Milliardenzuschüsse à fonds perdu gegeben werden und nicht als Abschreibungen in den Rechenwerken auftauchen.

Was es daher statt eines Rettungspaketes braucht, wären konstruktive Überlegungen zu einer Bahnreform II, welche eine realistische Vorstellung von der zukünftigen Rolle des Systems Eisenbahn in einer Welt der digitalisierten, vernetzten und autonomen Mobilität entwickelt und die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen in aller Klarheit benennt. Solange der Bundesverkehrsminister sich aber vor allem Sorgen um das W-LAN in den Zügen und nicht um grundlegende Weichenstellungen der Bahnpolitik macht, können auch solche Rettungspakete den Niedergang nur weiter verschleppen helfen.

Titelbild: 

Wikimedia-User Jivee Blau (CC BY-SA 3.0)


Bilder im Text: 

| lifeofpix.com / pexels.com (CC0 Public Domain)

ubahnverleih / Eigenes Werk (CC0 Public Domain)


Beitrag (redaktionell unverändert): Prof. Dr. Alexander Eisenkopf

Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm

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Zeit, um zu entscheiden

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