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Nils L. Geib ist in Hamburg geboren und aufgewachsen. Nach dem Abitur und einem Freiwilligen Sozialen Jahr studierte er an der Leuphana Universität Lüneburg Kulturwissenschaften und Betriebswirtschaftslehre. Geib engagierte sich während dieser Zeit in künstlerischen Initiativen, arbeitete an einem Hamburger Staatstheater und in einer Beratung für Kreativwirtschaft. Anschließend studierte er an der ZU den Master Communication & Cultural Management, den er mit Bestnote und Auszeichnung abschloss. Zwischenzeitlich war Geib im Auftrag der Programmabteilung des Goethe-Instituts in Schweden und Korea aktiv. Zuletzt erforschte er die Schnittstelle von Systemtheorie, organisationaler Führung und Zivilgesellschaft. Seit September 2020 promoviert Geib an der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg.
Was sogleich verschwimmen darf, soll vorher zunächst deutlich sein: Es handelt sich bei den nächsten gut 1200 Wörtern um ein Fragment meiner Masterarbeit „Zivilgesellschaft im Nexus – Systemisch-transaktionaler Zugang zur Zivilgesellschaft und relationale Führung von Nonprofit Organisationen“. Es geht der eigentlichen Untersuchung um eine erweiterte Theoriebildung der relationalen Gesellschafts- und Organisationsüberlegungen Josef Wielands auf den Bereich der Zivilgesellschaft und ihrer formalisierten Akteure. Die Essenz wandelt am Fuße von Riesen, wie Niklas Luhmann, George Spencer-Brown, Gotthard Günther und Alfred Whitehead. Meine Überlegungen widmen sich konkret der Frage, inwiefern die Zivilgesellschaft fernab stark vereinfachender, trisektoraler Gesellschaftsmodellierungen an Kontur, also Definitionsschärfe, gewinnen kann.
Diese Sprungfolge jedoch ist als ein abstrakter Reprint zu verstehen. Ich warne Sie daher vor. Was folgt, ist in Lücken. Bleibt unvollkommen und trägt gewollt auf. Feiert aus Freude am umweglichen Ausdruck systemische Theorie. Entstand aus einer dadaistischen Laune und kommt ohne statistische Untermauerung daher. Wenn Sie also lesen, wir also gemeinsam springen, nehmen Sie sich was Sie möchten und den Rest nicht allzu ernst.
Ein Gefühl geht um in der Globalen. Es erzählt von einer sich türmenden Masse der Unsicherheit, die damit droht, unsere Wegskizzen zu überspülen. Es zeugt von innerlicher Ertaubung; von offenkundiger Umweltverachtung. Und wenn auch nicht monokausal, tritt es doch als nichtintendiertes Mitprodukt kollektiver Kognitivbemühung auf, die einstürzende Sozialkluft – die augenscheinlich ist – unter den Konsumteppich zu kehren. Ein Gefühl, dialektischer Farbgebung, das offen damit hausiert, an den Wahrheitssäulen zu sägen, die unsere Tempelanlagen noch tragen.
Aber von vorne. Die moderne Welt ist ein Wunder. Jedenfalls kommt man nicht umhin ihre Arbeitsabläufe durch zumindest irritiertes Erstaunen zu würdigen. Parolisiert wird schnell das Werbebanner nie ging es besser. Euphorie blüht auf im nie war mehr möglich. Und schauen Sie, eben darin chiffriert das Problem. Ein auf Auflösung Drängendes, will man meinen, das nicht warten kann.
Übrigens, das soziologische Auge schreibt jetzt mit. Es protokolliert akribisch komplexe Muster, die im Kontingenzkleid eingewandt sind. Was ich sage, unterstellt ein prävalentes Dogma. Es diktiert á la 4-to-the-floor die Möglichkeit zur Möglichkeit, die nur als Zumutung zu haben ist. Was das heißt, erklärt Ihnen besser Dirk Baecker. Jedenfalls, jede Option ernötigt graduelle Entscheidung und guter Einwand hält nicht hin: Entscheidung braucht Grundlage. Ja, so ist es. Kommen wir daher umgehend zurück zum hier propagierten Leitmotiv. Kommen wir zurück zum Herz modernlatenter Zerreißproben; zurück zum weltumspannenden, kommunikativen Meer funktionaler Zuteilung von Zuständigkeit, manifestiert in polyvalenter Entscheidungslogik. Mit anderen Worten, zum Problem der modernen Gesellschaft.
Sehen Sie, wir befinden uns im immanenten Griff eines pervasiven Selektionsregimes. Artikulierte Information wird erfasst, beurteilt und – im Besonderen – an andere Kommunikation angeschlossen. So entsteht Ordnung. Und Ordnung muss sein. Ihre Selektionsschleifen nun führen nach dem Summenzeichen zu eigenartigen Pfadgeschichten. Aber, wie Gotthard Günther Hinweis gab, die universellen Kriterien der Ausschlussgüte sind dahin. Es gibt sie nur noch als versunkene Legenden. Als hellenistisches Ideal. Jedenfalls, die systemische Emanzipation treibt Polykausalität in so faszinierendem wie absurd anmutendem Maß voran, dass man sich wiederfindet; ich meine, verliert, als Erfahrungsarchivar verwirrter, lebensweltlicher Umstände. Und so geht es auch mir, Sie werden sich’s denken. Ein struktursehnendes Subjekt, könnte man meinen. In diesem Sinne, wo war ich? Ach ja, wir alle sind Zeitzeugen eines Schauspiels chronisch imminenter Desintegration.
Es folgt die Gretchenfrage und sie muss folgen! Was hält uns Moderne…lachen Sie nicht! Ich meine, was hält die Moderne noch beisammen? Wo steht denn die Wiege gesellschaftlicher Orchestration im Sturm der Bedrohung? Ich jedenfalls vermute, ihr Ort liegt lächerlich basal; tritt vor uns auf als Bedingung und soziale Sinnklammer. Für permanente Spannungsauflösung ist gesucht die Referenz, die das Gemeinwohl mantrisiert. Man könnte Schlaumeiern, das Antipartikulare. Und jetzt der Wiege Krux: Sie ist aufgrund eines eigenen, iterativ selbstwiederwerdenden Systems. Geformt und stabilisiert seinerseits nur durch den impliziten Auftrag, in korrektiver Manie kommunikativ zu torpedieren. Diese Schöpfung, ein ungreifbarer Bürokrat gesellschaftlicher Zuständigkeitsverteilung, ist im abendländischen Duktus beschrieben – und das ist mein Punkt – durch die Zivilgesellschaft.
Oder meinen wir nicht Zivilgesellschaft, wenn wir zu wenig klebriges Gemeinwohlmoment monieren und Kompensationsmühe fordern? Benennen wir nicht in Umschau jenes-welches als Produktivfaktor gesellschaftlicher Wertschöpfung in gegenwärtigen Teilereignissen oder schlicht als Erinnerung an die ökosoziale Basis? Und erkennen wir nicht das ausführend referierende Agententum in ihrem Namen und tausend Kleidern; übrigens auch rechts jedweden Guten?
Springen wir, im Hürdenlauf typologischer Anmaßungen, die reizvoll sind, der Sehnsucht aller Übersicht wegen, fort. Lokalisieren zweiteilig gemeinsinnende Kräfte. Hier der fluide, wütende Stern der Fridays for Future; der Black Lives Matter, geboren im Zeichen nachrichtenwerter Ephemere – mit einem harten rechten Haken. Dort die unermüdlich frequentierende, langatmige gleichwohl moderatere Organisation – wie sie sich mit Formfähigkeit brüstet. Beide im Fausttanz miteinander, füreinander, mit anderen und meist dagegen.
Sie können sich’s längst reimen, das Faible für Kontur, es treibt mich vor. Und ich überrasche Sie nicht, wenn sich mein Sinnen der Bestimmung des zweiten Tänzers weiter nachwagt. Sehen Sie, niemand tanzt wirklich für sich allein, denken Sie nicht? Und nichts ist wirklich insular. So jedenfalls vermag ich die relationale Notation Alfred Whiteheads deuten. Wenn wir also objektivieren, dann ist dies, auch im Falle der Organisationskraft, nur eine zu kalkulierende Verzerrung. Ein theoretischer Fixpunkt einer eigentlich unsichtbaren, dahinterliegenden Dynamis.
Was ich sage, erscheint paradox. Denn wie kann von Autopoiesis und nur relationaler Formannahme gleichzeitig die Rede sein, ohne sich zu verstricken? Oder ist es, mit Verlaub, nicht weitaus absurder der immerwährenden Auflösung von Paradoxie nachzueifern? Ich jedenfalls würde so scheitern. In diesem Fall allerdings, handelt es sich bloß um ein wichtiges Missverständnis. Daher mein Sprung zurück, bitte verzeihen Sie.
Das Prinzip relationaler Form besagt, dass alles aus temporären Verknüpfungen ist, während der systemische Quellcode jeder Organisation binär im Orbit eo ipso kreist. Organisationstanz ist insofern befristet im Nexus von Relationen. Und nur so verschränkt verstanden, kann er sich selbsterhalten. Aber wie genau? Das bleibt zu klären.
Setzen wir an, zum letzten Sprung. Und begrüßen sodann einen Ansatz noch akademisch-diskursiver Peripherie. Füllen wir den mir noch bleibenden Raum mit der Frage, wie die sozialsystemische Kraft der Zivilorganisation als Nexus gar intentional geführt werden kann. Nennen wir die uns geeignete Strategie eben relational und vermessen gemäßes Handeln – denn darum müsste es gehen – als heroisches Moment reintegrativer Kompensationsmühe für die Gesellschaft.
Die instruktionalen Verse jener Strategie liegen dann in der strukturbedingten Zumutung auch zivilformaler Organisationen, polykontexturale Brillengläser zu schleifen, also polylingual zu sein. Sind doch soziale Relationen als Konstitutionsmerkmal unseres gemeinwohlzielenden Organisationstänzers – das ist die Voraussetzung – insofern zu greifen und zu adressieren. Kooperativ wohlgemerkt; denn ohne solchen Adressfokus kann die relationale Dauerhaftigkeit einer Organisation nicht sein. Und so kommt es, dass auch der kühnste Zivilnexus vor dem Einfall mehrwertiger Entscheidungslogik nicht verschont bleibt.
Ihre Führungsmühe salomonische Klausel scheint: Zivilgesellschaftliche Organisationen wirken im Bereich einer höheren, gesellschaftsdistinktiven Funktion – der Gemeinwohlkommunikation. Da formalisierte Zivilagenten im Meer von systemischen Referenzen – nichtsdestoweniger dieser Stammlogik – polykontextual angelegt sind, gleicht ihre relationale Führung eben dieser Reflektionskunst. Darin schließlich sind die kooperativen, zivilgesellschaftlichen Dauertänze der hier verknappten Sprungfolge nach jedenfalls von Bestand.
Ich hatte Sie gewarnt, Sie erinnern sich. Eher abstrakt, fragmentiert, wohl mit Ziel. Um Entschuldigung der Rhetorikposaune hatte ich Sie gebeten, gleich zu Beginn. Viele Thesenhürden achtlos übersprungen. Meinen Ansatz en détail habe ich an anderer Stelle auf vielen Seiten umfänglich festgehalten. Als Reprint jedoch kreißt vielleicht schon diese Maus und gebiert einen Berg. Oder ist es andersherum?
Titelbild:
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Bilder im Text:
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Beitrag (und Bildunterschriften): Nils L. Geib
Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm