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Diversität

Ähnlich - und doch ganz verschieden

Ich habe hier eine 60 Seiten Präsentation zum Thema und sie fragen mich nun, was ist Diversität?

Dr. Angelica V. Marte
Programmdirektorin Tailor-Made-Programm | Research Fellow & Senior Lecturer | LEIZ
 
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    Zur Person
    Dr. Angelica V. Marte

    Dr. rer. pol., MAS. Systemische Beraterin (SG, DFC), Studium von Betriebswirtschaftslehre und Kulturmanagement, Promotion Privatuniversität Witten/Herdecke. Seit Januar 2012 Programmdirektorin für Tailor-made Programme und Dozentin an der ZU|Professional School, und Senior Lecturer am Leadership Excellence Institut Zeppelin|LEIZ, beides an der Zeppelin Universität, Friedrichshafen u.a. für Audi AG, Daimler AG. Seit über 15 Jahren tätig als Coach und Beraterin u.a. am Zentrum für systemische Forschung und Beratung Heidelberg, für Lufthansa, Merck & Cie. Lehr- und Forschungstätigkeiten an der Zeppelin Universität, MIT Center for Collective Intelligence" (Sloan School of Management, MA), Private Universität Witten/Herdecke, Universität Zürich. Aufsichtsratstätigkeit in US-start-up. Seit 2003 Reviewerin bei Academy of Management. Zuvor in USA als Global Leadership Consultant für einen globalen Konzern in Roswell (GA) tätig. Gründerin und Projektleiterin eines Schweizer Doktorandennetzwerkes. Vorher nahm sie über lange Jahre verschiedenste Marketing- und Führungsfunktionen bei Johnson & Johnson in der Schweiz wahr. Veröffentlichungen und Vorträge zu Themen wie Global Leadership, Female Leadership, Diversity u.a. für die Robert Bosch Stiftung, DZ-Bank.

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    Factbox
    Verankerung von Diversität im Grundgesetz Art. 2 GG

    Art 2 GG
    (1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
    (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden. 

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    Mehr ZU|Daily
    Mehr Vielfalt bitte
    Die demographischen und politischen Herausforderungen der Zukunft werden den öffentlichen Dienst zu einem tiefgreifenden personalpolitischen Wandel nötigen, sagt Professor Dr. Eckhard Schröter.
    Quotenfrau durch Frauenquote?
    Diversität tut Unternehmen gut - da sind sich alle einig. Aber der Weg dorthin ist umstritten. Feste Quote, Flexi-Quote, keine Quote? Auch eine Podiumsdiskussion an der ZU brachte keine eindeutigen Antworten.
    Verführung zum Selberdenken
    ZU-Prof. Dr. Dr. Manfred Moldaschl möchte seine Zuhörer verführen: zum Selberdenken. Denn obwohl Universitäten eigentlich schon von sich auf zum eigenen Denken anregen, brauchen gerade sie diese Verführung, erklärt er in seiner Antrittsvorlesung.
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    Hä...?
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Was bedeutet Diversität?


Dr. Angelica V. Marte: Diversität bedeutet zunächst einmal einfach Vielfalt und das findet sich in unterschiedlichsten Kontexten. Das Phänomen kann biologisch, soziologisch oder philosophisch betrachtet werden. Der für mich springende Punkt wird im folgenden Zitat gut zusammengefasst: „Diversity im Sinne von Vielfalt bezeichnet den Umstand, dass Menschen zugleich immer beides sind: ähnlich und verschieden.“ (Koall 2005). Nur der Beobachter bestimmt den Unterschied. Wenn ich Diversität aus meiner Sichtweise auf das Thema Organisation, Team oder Unternehmen anwende, heißt das, dass ich als Beobachter eine Entscheidung treffe, ob ich auf Unterschiede oder auf Gemeinsamkeiten achte.

Aus systemischer Perspektive umfasst Diversity die Vielfalt der Mitarbeitenden und darüber hinaus die Vielfalt unterschiedlicher Kulturen, Strategien, Funktionen und Regelungen, die in Organisationen nebeneinander bestehen und gelebt werden. Aus diesem Grund enthält der Begriff Diversität auch den Umgang mit Toleranz.

Unfreiwillige Diversität?
Zumindest für diese Küken: Ihnen wurde kurz vor dem Schlüpfen eine Farblösung in das Ei gespritzt.
Unfreiwillige Diversität?
Zumindest für diese Küken: Ihnen wurde kurz vor dem Schlüpfen eine Farblösung in das Ei gespritzt.
Ist Diversität eine Mode oder ein Muss?

Marte: In einer globalisierten und vernetzten Welt ist ein Leben ohne Diversität nicht mehr möglich. Man kommt nicht um das Thema herum. In unserer Gesellschaft werden die Unterschiede aus unterschiedlichsten Perspektiven immer mehr. Dabei geht es nicht nur um Migration und „Multikulti“, sondern auch um verschiedene Generationen, die miteinander arbeiten müssen. Jede Organisation ist mittlerweile eine globale Organisation. Auch haben noch nie so viele Männer und Frauen miteinander gearbeitet. Unterschiedliche Perspektiven brauchen für den Erfolg eines Unternehms einen Platz in dessen Entscheidungen. Das wird oft durch homogene Entscheidungsteams verhindert, was man an der fehlenden Heterogenität vieler Vorstände und Aufsichtsräte beobachten kann.
Diversität als Modeerscheinung?
Längst haben nicht nur Models aus aller Welt die Laufstege erobert - auch Schaufensterpuppen scheinen sich dem Trend zu beugen.
Diversität als Modeerscheinung?
Längst haben nicht nur Models aus aller Welt die Laufstege erobert - auch Schaufensterpuppen scheinen sich dem Trend zu beugen.

Wie kann man Diversität managen?


Marte: Diversity Management ist in einer globalen Welt die Verbindung von zwei konzeptionellen Zugängen: Diversity Management einerseits und Inclusion, soziale Einbindung, andererseits. Das Spannende daran ist, dass wir Menschen nicht auf diese Art der Vielfalt eingestellt sind. Avery und Thomas (2004) haben in einer Studie die festgestellt, dass in Diversity geprägten Situationen sogar Studierende, die wir normalerweise als die offenste Gruppe im Umgang mit Unterschiede begreifen, dazu tendieren, Unterschiede auszublenden und nach Ähnlichkeiten zu sortieren. Das liegt daran, dass wir aus Sicherheits- und Effizienzgründen am schnellsten den Menschen vertrauen, die uns ähnlich sind, der sogenannte Similar-to-me Effekt der homosozialen Reproduktion (Müller/Sander 2011).

Gleich und gleich gesellt sich gern?
Besonders einige Zwillingspaare scheinen die gelebte Homogenität - während andere sich möglichst weit voneinander individualisieren.
Gleich und gleich gesellt sich gern?
Besonders einige Zwillingspaare scheinen die gelebte Homogenität - während andere sich möglichst weit voneinander individualisieren.

Diversity wird von Unternehmen oft als Werbung genutzt, um sich weltoffen und modern darzustellen. Das „Problem“ ist aber, dass Diversity oder der Umgang mit Unterschieden nicht nur positiv sondern sehr anstrengend und schwierig ist. Das hat für Unternehmen auch viele Nachteile – Spannungen, Konflikte, zeitweise reduzierte Produktivität (Aretz/ Hansen). Weitere ungeplante sekundäre Negativaspekte von Diversity sind Kommunikations- und Kooperationsbarrieren, da wir eher uns ähnlichen Menschen vertrauen.

Wie ich in meiner Studie zu Global Leadership feststellen konnte, sind „Global Leaders“ zum Beispiel sich weltweit untereinander ähnlicher, als sie den Mitarbeitern in ihrem Land gleichen. Das hat auch Pierre Bourdieu in seinem Buch „Die feinen Unterschiede“ verdeutlicht: in sich geschlossene Systeme bilden sich über Habitus und ähnliche Handlungsweisen. Dies erklärt, wieso wir heute immer noch in vielen Entscheidungsgremien homogene Gruppen antreffen.

Verankerung von Diversität im Grundgesetz Art. 2 GG


Diversität als Brandmarkung?
Die ersten farbigen Schüler, die nach Aufhebung der Rassentrennung in den USA eine "normale" High School besuchten - stets unter Schutz der Nationalgarde.
Diversität als Brandmarkung?
Die ersten farbigen Schüler, die nach Aufhebung der Rassentrennung in den USA eine "normale" High School besuchten - stets unter Schutz der Nationalgarde.
Wie kann ich mich nun verhalten?

Marte: Der kategorische Imperativ von Immanuel Kant „"Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ ist für mich die simpelste Handlungsempfehlung für den Umgang mit Unterschieden. Diversität fängt immer bei einem selbst an. Es geht darum, zu unterscheiden: Ist mir der Mensch ähnlich oder verschieden? Diese Entscheidung ist sehr ambivalent, mit jedem Menschen kann man Gemeinsamkeiten finden. Wichtig ist vor allem: „Judging a person does not define who they are, but who you are.“ Und in einer komplexen Welt kann nur die Steigerung der Komplexität die Antwort sein im Umgang damit. Homogenität ist dafür zu unterkomplex.

Titelbild: See-Ming Lee / flickr.com (CC BY 2.0)

Bilder im Text: Jane Waterbury / flickr.com (CC BY-NC-SA 2.0)

DryHundredFear / flickr.com (CC BY 2.0)

Chris / flickr.com (CC BY-NC-ND 2.0)

101st Airborne at Little Rock Central High“ von US Army. Lizenziert unter Public domain über Wikimedia Commons.


Interview-Antworten: Dr. Angelica V. Marte

Interviewer: Caroline Brendel
Redaktionelle Umsetzung: Alina Zimmermann und Florian Gehm

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Zeit, um zu entscheiden

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