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Ökosystem Sportliga

Wenn Konkurrenz zum Vorteil wird

Es ist sportökonomischer Konsens, dass Ligen nur dann interessant sind, wenn sie einen spannenden und ausgeglichenen Wettbewerb bieten können. Es ist somit ein Glücksfall für die Bundesliga, dass nach Götze und Lewandowski nicht auch noch Marco Reus zu den Bayern gewechselt ist

David Rizor
Student BA Corporate Management & Economics, 8. Semester
 
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    Zur Person
    David Rizor

    David Rizor studiert derzert im 8. Bachelor-Semester Corporate Management & Economics. Nicht nur im Namen der Wissenschaft, sondern auch im "normalen Leben" beschäftigt Rizor sich mit Fußball, unter anderem, wenn der 22jährige mit dem 1. FC Köln und dem Sportclub Borussia Lindenthal-Hohenlind mitfiebert. 

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Der spannenden Frage, wie professionelle Sportligen eigentlich funktionieren und warum sie so erfolgreich sind, ist ZU-Student David Rizor nachgegangen, der sich im Rahmen einer Forschungsarbeit im Kurs „Unternehmensstrategien“ mit dem Sportligen als Ökosystemen sowie deren Strategien und Grenzen beschäftigt hat. „Sportfan war ich schon immer“, berichtet der CME-Student, „und da macht es natürlich noch mehr Spaß, sich wissenschaftlich mit dem Thema auseinanderzusetzen“. Zentral in Rizors Arbeit ist dabei der Begriff des Ökosystems als Modell für die Wirtschaftsform der Sportligen.


Ein Ökosystem im ursprünglichen Sinne ist für ihn hierbei eine „biologische Lebensgemeinschaft“ inklusive allem, was dazu gehört - von Primärproduzenten, über Detriusfressern bis zu Mineralisierern. Was zunächst sehr botanisch klingen mag, lässt sich auf vielfältige Weise auch auf wirtschaftliche Phänomene übertragen. Gute Beispiele für wirtschaftliche Ökosysteme sind in etwa das Casinoparadies Las Vegas, der exklusive Skiort Kitzbühel oder der Internetgigant Google. Sie alle eint, dass sie sich innerhalb eines Konglomerats an wirtschaftlichen Beziehungen befinden, welches nur und gerade erst durch seine Interdependenz zur vollen Entfaltung kommt. Ein einzelnes Casino in Las Vegas wäre wohl nichts weiter als ein Haus in Nevada, das kaum einen Touristen anlocken dürfte. In Kombination mit den vielen Bars, Nachtclubs, Hotels und weiteren Casinos jedoch entfaltet das Ökosystem seine volle Wirkung, die es zu dem macht, was es heute ist.

Wenn aus Spaß ein Geschäftsmodell wird: Der weltweite Sport hat sich heutzutage zu einem Produkt von unbeschreiblichem Ausmaß entwickelt, das mit kaum einem herkömmlichen ökonomischen Modell greifbar ist. Allein der Sponsoring-Markt, hier bei der EM 2008 in Österreich und der Schweiz, macht einen riesigen Anteil aus. So nahmen Partner wie Adidas, Coca Cola oder Visa auch bei der WM 2014 wieder Milliardenbeträge in die Hand, um bei dem spektakulären Event WM vertreten zu sein.
Wenn aus Spaß ein Geschäftsmodell wird: Der weltweite Sport hat sich heutzutage zu einem Produkt von unbeschreiblichem Ausmaß entwickelt, das mit kaum einem herkömmlichen ökonomischen Modell greifbar ist. Allein der Sponsoring-Markt, hier bei der EM 2008 in Österreich und der Schweiz, macht einen riesigen Anteil aus. So nahmen Partner wie Adidas, Coca Cola oder Visa auch bei der WM 2014 wieder Milliardenbeträge in die Hand, um bei dem spektakulären Event WM vertreten zu sein.

Das seit 1990 an Relevanz gewinnende Konzept des „Business-Ökosystems“ ist somit eine Abkehr von der klassischen Industriestrategielehre. Gerade in innovationsgetriebenen Branchen können Unternehmen nur noch mit viralen und leistungsfähigen Ökosystemen um sie herum überleben, klassische Alleingänge und Verdrängung erscheinen nicht mehr unbedingt sinnvoll. Die jeweiligen Unternehmen im Zentrum eines solchen Ökosystems gleichen den Schlüsselarten in der Natur und haben entscheidenden Einfluss auf die Vitalität des Systems. Es sind also die Googles, WalMarts oder Bayern Münchens, auf die es ankommt und bei denen eine besondere Verantwortung für das gesamte Ökosystem liegt. 

Ganz ähnlich funktionieren auch die Hauptdarsteller in Rizors Hausarbeit, die global erfolgreichen Sportligen. Zentral ist hierbei die Idee des sogenannten „umgekehrten gemeinsamen Produktes“, bei dem zwei Produktionsprozesse zweier verschiedener Unternehmen zur Erstellung eines gemeinsamen Gutes notwendig sind. Bei dem verkauften Gut handelt es sich im Sport um den Wettbewerb und dessen Spannung. Schon bald, so führt Rizor an, wurde dabei klar, dass sich sportlicher Wettbewerb am besten in Form von Ligen und Verbänden organisieren lässt. Ökonomisch betrachtet handelt es sich bei diesen Organisationen um Kartelle mit großer Marktmacht, was sich in einstiegsbeschränkten Ligensystemen manifestiert, welche an natürliche Monopole erinnern. Dabei hat sich heutzutage die Praxis durchgesetzt, dass die einzelnen Vereine als Arbeitgeber in ihrer Produkt- und Spielerwahl zwar theoretisch frei sind, von der Liga jedoch Beschränkungen in Form von Transfersystemen, Gehaltsgrenzen oder Umverteilungsmaßnahmen auferlegt bekommen.

Während in Europa die besten Talente oft früh von Spitzenklubs aufgekauft werden, versucht man in den USA durch ein spezielles Draftsystem für Ausgeglichenheit zu sorgen. Hierbei dürfen die schlechtesten Team des Vorjahrs sich als erstes die besten neuen Talente aussuchen und sichern. Ein spezielles Losverfahren, bei dem der erste "Pick"unter den schlechtesten Mannschaften verlost wird, verhindert dabei, dass es sich lohnt, absichtlich zu verlieren und letzter zu werden.
Während in Europa die besten Talente oft früh von Spitzenklubs aufgekauft werden, versucht man in den USA durch ein spezielles Draftsystem für Ausgeglichenheit zu sorgen. Hierbei dürfen die schlechtesten Team des Vorjahrs sich als erstes die besten neuen Talente aussuchen und sichern. Ein spezielles Losverfahren, bei dem der erste "Pick"unter den schlechtesten Mannschaften verlost wird, verhindert dabei, dass es sich lohnt, absichtlich zu verlieren und letzter zu werden.

Ein grundlegender Unterschied zu volkswirtschaftlichen Grundprinzipien besteht im Falle von Sportligen somit darin, dass eine Verdrängung der Wettbewerber kaum zum Ziel führen, sondern vielmehr zur eigenen Zerstörung beitragen würde.

Rizor nennt hierbei einen sportökonomischen Konsens, der besagt, dass Ligen nur dann interessant sind, wenn sie auch einen spannenden und ausgeglichenen Wettbewerb bieten können. „Somit war es für die Bundesliga ein wahrer Glücksfall, dass nach Götze und Lewandowski nicht auch noch Marco Reus zu den Bayern gewechselt ist“, so der 22-jährige CME-Student, der gerade sein achtes und damit letztes Bachelor-Semester an der ZU absolviert. Gleichwohl möchte er dem FC Bayern keinen Vorwurf machen, sich so eine dominante Machtposition erarbeitet zu haben: „Das ist natürlich immer die Frage, nach welchem Maßstab man Wettbewerb beurteilen will“, so Rizor, „Möglichkeiten durch Salary Caps und Draftsysteme wie in den USA könnten größere Chancengleichheit herstellen, erscheinen aber im europäischen Sport- und Ligenverständnis undenkbar. Gleichermaßen erscheinen unsere Auf- und Abstiegsregelungen vielen Nordamerikanern sehr merkwürdig. Maßnahmen wie Financial Fair Play und Bilanzierungsvorschriften seitens des DFB gehen aber in die richtige Richtung für nachhaltig wirtschaftende Vereine und ein vitales Ökosystem“.

Und auch der FC Bayern wisse, so führt Rizor an, wie wichtig ein funktionierendes Ökosystem Bundesliga um ihn herum ist. Nicht zuletzt mit der konstanten Konkurrenz durch Borussia Dortmund erst gelang es den Münchnern, auch international erfolgreich zu sein; die Kombination aus Spannung und Erfolg machte die Bundesliga erst so spannend und weltweit beliebt; nicht wenige sehen darin sogar den Grundstein für den deutschen WM-Triumph in Rio im letzten Jahr.

Trotz jahrelanger millionenschwerer Investitionen ging Red Bull Salzburg als das Team in die Geschichte ein, das es immer und immer wieder fertig brachte, die Qualifikation für die Championsleague in der letzten Quali-Runde noch zu vergeigen. Das österreichische Team, das Jahr für Jahr souverän die nationale Meisterschaft einheimste, schaffte es einfach nicht, international auf den Punkt die nötige Leistung abzuliefern.
Trotz jahrelanger millionenschwerer Investitionen ging Red Bull Salzburg als das Team in die Geschichte ein, das es immer und immer wieder fertig brachte, die Qualifikation für die Championsleague in der letzten Quali-Runde noch zu vergeigen. Das österreichische Team, das Jahr für Jahr souverän die nationale Meisterschaft einheimste, schaffte es einfach nicht, international auf den Punkt die nötige Leistung abzuliefern.

Bestes Beispiel für die Probleme, die auftreten können, wenn ein funktionierendes Ökosystem Liga um einen Verein herum fehlt, ist seit Jahren Red Bull Salzburg. Trotz millionenschwerer Investitionen durch einen bekannten Energy-Drink-Hersteller gelang es dem Verein aus der schwachen österreichischen Liga in zehn Jahren nie, die Champions-League zu erreichen.

Obwohl der FC Bayern durch eine eigene Vermarktung der Fernsehrechte unter Umständen viel mehr verdienen könnte, weiß man in München, dass ein Verdrängungswettbewerb zu Lasten der anderen Vereine wohl allenfalls kurzfristig profitabel wäre, langfristig aber allen Beteiligten schaden würde. 

Den zentralen Binnenmarkt innerhalb der Sportökosysteme stellt selbstverständlich der berühmte Transfermarkt dar. Hier kämpfen die Vereine um die größten Stars; gemäß der Annahme, dass ein Spieler immer für den am meisten bietenden Verein spielt, kommt es folglich zu einer massiven Ungleichheit, die allenfalls durch neuere Ansätze wie das Financial Fairplay zumindest im Ansatz begrenzt werden kann. Das sogenannte „Walras-Modell“ nimmt dabei an, dass es kurzfristig ein fixes Spielerangebot gibt, Clubs perfekte Informationen besitzen und die Strategien der Vereine sich nicht beeinflussen. Die Verpflichtung eines Spielers bedeutet demnach für einen Verein einen Gewinn und für den abgebenden Verein einen Verlust in gleicher Höhe.

Dem Entgegen steht die sogenannte Ökonomie der Superstars, die in den letzten Jahren dazu beigetragen hat, dass der ökonomisch bereits sehr speziell funktionierende Markt des Sports sich immer weiter von den Prinzipien der rationalen Marktwirtschaft entfremdet. „Kleine Unterschiede in der Leistung machen große Unterschiede in der Bezahlung. Sportbegeisterte Zuschauer wollen die spektakulärsten Athleten der Welt sehen wie Musikliebhaber den Star-Tenor in der Oper“, fasst Rizor zusammen. Und so würde es ihn kaum überraschen, wenn schon bald neue Transferrekorde purzeln sollten. Denn Sport ist und bleibt Spektakel und folgt, so sehr man ihn auch mit marktwirtschaftlichen Prinzipien zu erklären versucht, dennoch seiner eigenen Logik.

Titelbild: Coca Cola Deutschland / Pressearchiv

Bilder im Text: "Euro 2008 em-stadion wals-siezenheim 4" by Arne Müseler / www.arne-mueseler.de. Licensed under CC BY-SA 3.0 

"NFL Draft 2010 stage at Radio City Music Hall" by 

Marianne O'Leary - originally posted to Flickr as NFL Draft 2010 Stage 

from 2nd floor at Radio City Music Hall. Licensed under CC BY 2.0

"Red Bull Salzburg - Rapid Wien" by Werner100359

Own work. Licensed under CC BY 3.0

(alle Bilder via Wikimedia Commons)




Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm, Marcel Schliebs und Alina Zimmermann

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