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Prof. Dr. Ulf Papenfuß hat zum 1. September 2016 den Lehrstuhl für Public Management und Public Policy an der Zeppelin Universität Friedrichshafen übernommen. Zuvor war er seit April 2013 Juniorprofessor für Public Management an der Universität Leipzig. Von 2008 bis 2013 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Verwaltungswissenschaft,
insbesondere Steuerung öffentlicher Organisationen sowie an der Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg. Von 1999 bis 2013 war er Angehöriger der Feldjägertruppe der Bundeswehr. Nach Ausbildung und Einsatz als Offizier, studierte er von 2002 bis 2006 Betriebswirtschaftslehre an der Helmut-Schmidt-Universität und war im Anschluss bis 2008 als Offizier in Köln und Berlin eingesetzt.
„Man muss es nur wirklich wollen, daran glauben, dann wird es gelingen“ – mit diesen Worten von Ferdinand Graf von Zeppelin eröffnete Professor Dr. Ulf Papenfuß seine Antrittsvorlesung. In seiner Forschung befasst er sich vor allem mit Public Corporate Governance, mit der verantwortungsvollen Führung von und in öffentlichen Unternehmen. Denn die über 16.000 öffentlichen Unternehmen in Deutschland stehen öffentlich immer wieder in der Kritik – in Zeiten von Staatsverschuldung und demographischem Wandel ein drängendes Problem. Doch wie können öffentliche Unternehmen weiterentwickelt und lebenswert gestaltet werden? Auf kommunaler Ebene sind 50 Prozent des Personals öffentlicher Hand in öffentlichen Unternehmen beschäftigt – und kein privater Konzern wäre wohl in so vielen verschiedenen Branchen gleichzeitig tätig wie eine Stadt, was auch zu Steuerungsproblemem führt. „Herausfordernd ist dabei das zweigeteilte Zielsystem – öffentlicher Zweck, aber gleichzeitig die Erfüllung von Finanzzielen.“
Und genau da setzt Public Corporate Governance an: „Wir analysieren den rechtlichen und faktischen Ordnungsrahmen zur Steuerung, Überwachung und Leitung von und in öffentlichen Unternehmen und versuchen die Entwicklung von Spielregeln guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung durch wissenschaftliche Erkenntnisse zu unterstützen.
„Ein weiteres Problem ist, dass es zwar einen erheblichen Verbesserungsbedarf im Feld der Public Corporate Governance gibt, allerdings ist der empirische Forschungsstand nicht ausreichend“, so Papenfuß. Zwar gäbe es eine Vielzahl an Beiträgen zu Corporate Governance in der Privatwirtschaft, allerdings könne man diese nicht einfach auf öffentliche Unternehmen übertragen. „Die bereits vorhandene Forschung bezüglich der Privatwirtschaft muss angepasst werden – und kann wertvolle Unterstützungspotenziale für die Praxis liefern“, meint Papenfuß. Auch sei wichtig, öffentliche Unternehmen in alle Phasen des Policy Cycles einzubinden und bei der Entscheidungsfindung mit einzubeziehen. „Man kann die Beziehung zwischen öffentlichen Unternehmen und den Bürgern beziehungsweise der Politik auch als Prinzipal-Agenten-Beziehung konzeptualisieren, wobei die öffentlichen Unternehmen nach den Anforderungen der Theorie im Sinne des Prinzipals handeln müssen, und das Verhalten der Agenten muss beobachtbar und beurteilbar sein“, erläutert Papenfuß. „Dabei besteht oft das Problem der Informationssymmetrie – wofür wir Institutionen und Regeln brauchen, die Handlungen in die gewünschte Richtung lenken.“
Ein großes Problem ist laut Papenfuß die mangelnde Offenlegung der Top-Management-Vergütung, also die der Geschäftsführer beziehungsweise der Vorstände. Denn wenn diese geheim bleiben, „ist das kein gutes Zeichen für die Transparenz und Rechenschaft im Umgang mit öffentlichen Mitteln“. Während börsennotierte Unternehmen die Vergütung seit 2005 gesetzlich verpflichtend offenlegen müssen, gibt es für öffentlichen Unternehmen nur in ersten Bundesländern entsprechende Transparenzgesetze. „In Deutschland sehen wir große Unterschiede, was die Offenlegung angeht. Im Schnitt legen 18,4 Prozent der Unternehmen die persönliche Vergütung offen, bei den Unternehmen des Landes Baden-Württemberg sind es sogar 50 Prozent. Friedrichshafen gehört allerdings zu den Schlusslichtern – hier werden 0 Prozent offengelegt.“ Man könne sehr verschiedene Transparenzkulturen beobachten: „von totaler Intransparenz bis hin zur Selbstverständlichkeit der Offenlegung.“ Insgesamt gebe es zwar positive Einzelbeispiele – in Summe werden von der Politik geforderte Ambitionen jedoch nicht erreicht, es mangelt Staatsunternehmen gesamtbetrachtend also weiter an Transparenz.
Doch es geht nicht nur um die Transparenz bei der Vergütung, sondern auch um die Vergütungshöhe. Dabei befinden sich laut Papenfuß öffentliche Unternehmen in einem Spannungsfeld: „Klar ist, dass auch öffentliche Unternehmen beim Kampf um die besten Köpfe bestehen können müssen, allerdings müssen bei der Gesamtvergütung auch die spezifischen Rahmenbedingungen wie die nachhaltige Aufgabenerfüllung berücksichtigt werden.“ Nach der letzten Studie des Lehrstuhls erhalten Top-Manager eine Vergütung von 139.000 Euro im Jahr. Der Finanzmitteleinsatz sei beträchtlich, und bemerkenswert sind vor allem substanzielle Vergütungsunterschiede zwischen den Branchen: „Während ein Top-Manager bei den Stadtwerken im Schnitt 223.000 Euro verdient, sind es im Bereich Gesundheit und Soziales gerade einmal 86.000 Euro. Dies ist nicht nur eine Frage der verschiedenen Unternehmensgrößen, sondern es zeigen sich auch bei der relativen Vergütung in Bezug auf die Unternehmensgröße starke Branchenunterschiede. Hier ist eine gesellschaftspolitische Debatte erforderlich, wie wir unsere Führungskräfte bei öffentlichen Unternehmen im Branchenvergleich vergüten wollen.“ Man könne die Vergütung nicht nur an verschiedenen Größen der Betriebe festmachen, denn diese steige je nach Branche verschieden stark an. Während die Vergütungskurve nach den Befunden von Papenfuß im Bereich Gesundheit und Soziales sehr flach ansteigt und Mitarbeiterzahlen somit wenig Einfluss auf die Vergütung haben, ist in anderen Branchen ein deutlicherer Anstieg ersichtlich. Daher sei es an der Zeit, etwas zu ändern: „Wir brauchen klare Spielregeln für die Vergütung: Wer legt diese fest? Die Gesellschafterversammlungen, die Aufsichtsratsvorsitzenden, das Aufsichtsratsplenum? Und anhand welcher Kriterien wird die Vergütungshöhe entschieden?“
Auch im Bereich geschlechtergerechte Repräsentation gebe es noch viele große Baustellen. „Was Gleichheit und Chancengerechtigkeit angeht, stehen viele öffentliche Unternehmen noch am Anfang“, so Papenfuß. Im Schnitt seien lediglich 16,8 Prozent Frauenanteil festzustellen – allerdings gebe es große Unterschiede zwischen den Bundesländern. „In Berlin sind mittlerweile immerhin 30 Prozent aller Stellen in den Top-Managementorganen von Frauen besetzt, in Bayern sind es gerade einmal 7,2 Prozent, und Friedrichshafen hat gerade einmal einen Frauenanteil von 5,9 Prozent.“ Aber auch zwischen den verschiedenen Branchen gebe es starke Unterschiede: „Während in der Branche Gesundheit und Soziales 34,8 Prozent der Top-Manager weiblich sind, sind Frauen bei Verkehrsbetrieben mit 10,3 Prozent und den Stadtwerken mit 4,1 Prozent deutlich weniger repräsentiert“, beschreibt Papenfuß. Zwar sei in Summe ein leichter Anstieg des Gesamtschnittes in den letzten fünf Jahren festzustellen gewesen, „die Verantwortlichen in Politik sowie den Unternehmens- und Verwaltungsspitzen sind mit Blick auf die Befunde jedoch aufgefordert, der Unterrepräsentation von Frauen und den substanziellen Unterschieden zwischen Städten und Bundesländern weiter entgegenzuwirken“, bilanziert Papenfuß.
Zu tun gibt es also genug für öffentliche Unternehmen: Sie müssen transparenter und gerechter werden in Zukunft. „Vor allem müssen wir auch die interdisziplinäre Forschung und das Zusammenwirken von Wissenschaft und Praxis weiter verbessern, um drängende Themen im Feld der Public Corporate Governance wirksam voranzubringen“, sagt Papenfuß in seinem Fazit.
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Bilder im Text:
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Redaktionelle Umsetzung: Alina Zimmermann