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Dr. Martin R. Herbers ist seit September 2012 am Lehrstuhl für Allgemeine Medien- und Kommunikationswissenschaft als akademischer Mitarbeiter beschäftigt. Zu seinen Arbeits- und Interessengebieten zählen Phänomene der politischen Öffentlichkeit, politische Unterhaltungskommunikation und visuelle Kommunikation. 2013 schloss er sein Promotionsprojekt zur Produktion politischer Unterhaltungssendungen im deutschen Fernsehen erfolgreich ab.
In den Jahren 2008 bis 2012 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Münster auf verschiedenen Positionen und Projekten tätig. Von 2003 bis 2007 studierte Herbers an der Westfälischen Wilhelms-Universität Kommunikationswissenschaft mit den Nebenfächern Psychologie und Deutsche Philologie.
Das Jahresende und die erlaubten Ausnahmen von der Regel sind allgegenwärtig: Mit Weihnachtsfeiern zeigen etwa Unternehmen an, dass sich das Geschäftsjahr dem Ende neigt, und sie bedanken sich so bei den Mitarbeitern für die gemeinsam erzielten Erfolge. Im Radio ändert sich der Musikmix: Zu den größten Hits der 80er, 90er und 00er gesellt sich Weihnachts-Popmusik: Hits wie „Last Christmas“ von Wham! bis „Do they know it´s Christmas?“ von Band Aid ergänzen das Programm und haben ihren Wert genau zu dieser begrenzten Zeit – ein Weihnachtslied zu Ostern hingegen führt gleich mehrfach zu Irritationen. Dies alles schafft Sicherheit: Nicht umsonst vergewissert uns das Lied „Alle Jahre wieder“, dass das Weihnachtsfest und das Jahresende nahe sind und deswegen die Welt ein klein wenig anders laufen kann, darf und muss.
Das Fernsehen macht keine Ausnahme. Die Weihnachtszeit beginnt „offiziell“ auch durch mediale Besonderheiten - vor allem durch die Ausstrahlung von Weihnachtsfilmen. Ohne den Besuch des kleinen Lords („Little Lord Fauntleroy“, Vereinigtes Königreich, 1980) kann Weihnachten nicht kommen. Mit diesem medial vermittelten Ritual ist somit eine zeitliche Strukturierung des Jahres, aber auch der Vorweihnachtszeit verbunden. Flankiert von den obligatorischen Jahresrückblicken im Showformat gibt es auf allen Kanälen eine Vielzahl von Filmen, die sich mit dem Thema Weihnachten auf unterschiedliche Art und Weise beschäftigen.
Bezeichnenderweise sind Filme über die eigentliche Weihnachtsgeschichte, die vor allem im Lukas-Evangelium des Neuen Testaments berichtet wird, selten. Sieht man von den verschiedenen christlichen Gruppierungen produzierten Filmen ab, dann findet sich die Geschichte von Christi Geburt im Hollywoodkino nur vereinzelt verfilmt. Dennoch: Im Monumentalfilm „The Greatest Story Ever Told“ (Die größte Geschichte aller Zeiten, USA, 1965) wird das Leben von Jesus Christus von der Geburt bis hin zur Kreuzigung umfänglich dargestellt. Auch die britisch-marokkanische Ko-Produktion „The Nativity“ (Die Weihnachtsgeschichte – Das größte Wunder aller Zeiten, Vereinigtes Königreich und Marokko, 2010) erzählt die Geschichte von Maria und Josef auf dem Weg zur Volkszählung des Herodes bis hin zur Ankunft der Heiligen Drei Könige. Sieht man von diesen historisierenden Produktionen ab, dann wird die Weihnachtsgeschichte in der Eröffnungssequenz der Komödie „Monty Python’s Life of Brian“ (Das Leben des Brian, Vereinigtes Königreich, 1979) parodiert: Die Heiligen Drei Könige stellen fest, dass ein Stern über einer Krippe ein ungenauer Wegweiser ist und halten den unbedarften Brian, der zufällig in der Nachbarskrippe von Jesus liegt, für den neugeborenen Messias.
Viel häufiger finden sich komödiantische Darstellungen der säkularen Aspekte von Weihnachten: Die Zusammenkunft der Familie zu Jahresende und das Austauschen von Geschenken. Damit verbunden treibt die Figuren dieser Filme oft auch der Wunsch an, das perfekte Weihnachtsfest zu gestalten und zu erleben – was sie häufig scheitern lässt. Sei es, dass sich Arnold Schwarzenegger als überarbeiteter Familienvater auf der Suche nach dem perfekten Geschenk dem vorweihnachtlichen Konsumtrubel aussetzen muss („Jingle All the way“, Versprochen ist versprochen, USA, 1996); sei es, dass Chevy Chase als treusorgender Familienvater sein Haus an Weihnachten mit den ungeliebten Schwiegereltern teilen muss („National Lampoon’s Christmas Vacation“, Schöne Bescherung oder Hilfe, es weihnachtet sehr, USA, 1989); sei es, dass Peter Billingsley als vorfreudiger Schüler seine Eltern davon überzeugen muss, dass ein Luftgewehr das perfekte Geschenk für ihn wäre („A Christmas Story“, Fröhliche Weihnachten, USA, 1984). Das Scheitern der Figuren führt dem Zuschauer vor, dass das eigene Scheitern bei der monumentalen Aufgabe „Weihnachten“ nicht weiter tragisch und eben auch Teil des Festes ist.
Zum Weihnachtsfest werden aber auch Filme ausgestrahlt, die mit dem eigentlichen Fest wenig zu tun haben, aber zum „allgemeinen Weihnachtsgefühl“ dazugehören. Hierunter fallen die klassischen Märchenfilme wie etwa „Tři oříšky pro Popelku“ (Drei Haselnüsse für Aschenbrödel, ČSSR, DDR, 1973), die im Sinne der oben genannten Rituale von der ganzen Familie gemeinsam angeschaut werden können. Auch am Heiligen Abend gestalten vor allen die öffentlich-rechtlichen Sender ihr Programm nach gewissen Regelmäßigkeiten. So wurde von 1960 bis 2005 die Sendung „Wir warten auf das Christkind“ ausgestrahlt, welche den Kindern die Wartezeit bis zur Bescherung verkürzen sollte. Gegenwärtig übernimmt dies die Filmreihe „Emil i Lönneberga“ (Michel aus Lönneberga, Schweden, Deutschland, 1971-1973). Sie alle sind Teil des „medialen Adventskalenders“, der die Zeit bis zum Heiligen Abend etwas weniger lang erscheinen lässt.
Zuletzt bleibt noch die Gruppe der Filme, die zu Weihnachtszeit ausgestrahlt werden, sonst aber inhaltlich nichts mit Weihnachten zu tun haben. Diese laufen als Alternative zu den oben genannten Filmen, wenn die Bescherung vorbei ist und die Kinder ins Bett gegangen sind. So tritt etwa Bruce Willis an Heiligabend als Einzelkämpfer gegen eine Gruppe Terroristen an, welche die Weihnachtsfeier seiner Frau gesprengt haben („Die Hard“, Stirb langsam, USA, 1988) – wobei insgesamt aber nur wenig weihnachtliche Stimmung aufkommt. Bruce Willis´ Anti-Terror-Einsatz ist dabei eine metaphorische Anknüpfung an die überstandene „Weihnachtsschlacht“.
Nicht unerwähnt bleiben darf der „schlechteste Weihnachtsfilm aller Zeiten“: „Santa Claus Conquers the Martians“ (Santa Claus bezwingt die Marsianer, USA, 1964). Der Herrscher des Mars stellt hier ein gewisse Lethargie und Freudlosigkeit der Marskinder fest, die nur durch Santa Claus´ Fröhlichkeit überwunden werden kann. Kurzerhand lässt er ihn entführen – und die Kinder der Erde kommen zu seiner Rettung. Wenn der Film auch keine große Weihnachtsstimmung auslöst, dann doch wenigstens ein Schmunzeln über die Lücken im Plot, die Produktionsqualität und die Frage, ob an Weihnachten auf dem Mars eigentlich auch Schnee fällt. In jedem Fall können wir uns schon jetzt darauf freuen, die Filme in diesem und im nächsten Jahr erneut anzusehen.
Titelbild:
| Jill111/ Pixabay (CC 0), Link
Bilder im Text:
| Myriam / Pixaby (CC 0), Link
| Stephen Nakatani / flickr.com (CC BY-NC-ND 2.0), Link
Text (redaktionell unverändert): Dr. Martin R. Herbers
Redaktionelle Umsetzung: Alina Zimmermann