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Unternehmerfamilien

Umfassender Umdenken

von Dr. Dinah Spitzley | Zeppelin Universität
21.01.2021
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass besonders in Zeiten dynamischer Entwicklungen ein Umdenken nicht nur in Unternehmungen, sondern auch in der Organisation und Struktur der Unternehmerfamilie unabdingbar ist, damit das Familienunternehmen weiter als solches zukunftsfähig bestehen kann.

Dr. Dinah Isabel Spitzley
Akademische Mitarbeiterin am Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen | FIF
 
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    Zur Person
    Dr. Dinah Isabel Spitzley

    Dr. Dinah Isabel Spitzley, geboren 1991 in Berlin, ist Familienunternehmenswissenschaftlerin und Unternehmerin durch und durch. Nach Ihrem Master an der Zeppelin Universität absolvierte sie ihre Promotion am Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen | FIF zum Thema der nächsten Generation in Unternehmerfamilien, wo sie auch das von der EQUA-Stiftung unterstützte Projekt 2024 hauptverantwortlich umsetzte. Heute ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der EQUA-Stiftung tätig, hat eine Post-Doc-Stelle am FIF, ist Gesellschafterin im eigenen Familienunternehmen und geschäftsführende Gesellschafterin in ihrem Start-up „Haus Next“, welches eine digitale Austausch- und Weiterbildungsplattform für die nächste Generation ist. 

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„Kind, es gibt nur zwei Optionen: Entweder du steigst in das Familienunternehmen ein – oder eben nicht!“ Diesen Satz hat sicherlich schon fast jede(r) Next Gen aus einer Unternehmerfamilie zu hören bekommen. Auch in Forschung und Praxis wird diese Position durch die lang etablierte Betrachtung der Familien und ihrer unternehmerischen Tätigkeiten als „das Familienunternehmen“ widergespiegelt. Nimmt man eine solche Einordnung vor, so wird das Wirken einer Familie nur auf dem Niveau des (oftmals einen) Unternehmens gemessen. Das Überleben dieses Unternehmens ist unbedingt notwendig für den Erfolg und Wohlstand der Familie, und es gibt kein verteiltes Risiko.


In den vergangenen Jahren allerdings hat sich dieses Verständnis des Familienunternehmens zunehmend zu dem der unternehmerischen Familie gewandelt. Hier geht es nicht mehr nur um eine zentrale Firma, sondern um ein breites Portfolio an unternehmerischen Tätigkeiten durch die Familienmitglieder. Die Zukunft der Familie sichert nicht allein das Unternehmen, sondern das Talent der familieneigenen Unternehmerinnen und Unternehmer, sich durch innovative Ideen und über die Grenzen des (einen) Familienunternehmens hinaus zu behaupten.


An diesem Punkt setzt meine Dissertation an, die sich in drei Studien und 413 Befragten mit den Rollen der nächsten Generation in Unternehmerfamilien beschäftigt. Anstatt die Optionen auf Einstieg oder Ausstieg in das eine Familienunternehmen zu reduzieren, ermöglicht das Konzept der unternehmerischen Familie, alternative Modelle für die nächste Generation in Erwägung zu ziehen. Es gilt, sich vom verstaubten und fallweise überaus negativ behafteten Bild der Nachfolge zu lösen und dabei eine Brücke zwischen Familientradition und Verbundenheit mit dem Unternehmen auf der einen und dem Wunsch nach Selbstverwirklichung auf der anderen Seite zu schlagen. Für die Familienmitglieder – insbesondere die Next Gens – ergeben sich daraus auch unterschiedliche Rollen, die sie zu unterschiedlichen Zeiten formal und informal, innerhalb und außerhalb des Unternehmens annehmen können. So bedeutet es nicht das Ende einer Unternehmerfamilie, wenn die nächste Generation (zunächst) nicht in das Familienunternehmen einsteigen möchte, sondern selbst unternehmerisch aktiv wird und ein eigenes Unternehmen gründet (sogenanntes Venturing).

Im Rückschritt: Deutschland fällt im internationalen Standortwettbewerb immer weiter zurück. Im aktuellen Standortvergleich von 21 Industrienationen ist Deutschland im Vergleich zu 2018 um drei Plätze auf Rang 17 abgerutscht. Deutschland erreicht die schlechteste Position in der Geschichte des „Länderindex Familienunternehmen“. Auf den Spitzenplätzen liegen die USA, Großbritannien und die Niederlande. Deutlich abgeschlagen ist Deutschland beim Standortfaktor Steuern. Es mache sich die „Passivität der deutschen Steuerpolitik bemerkbar“, heißt es in der Studie, die im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen vom ZEW Mannheim erstellt wurde. Eine große Stärke des deutschen Standorts sind die finanzielle Stabilität von Staat und Privatwirtschaft und die damit verbundenen günstigen Finanzierungsbedingungen. Der Länderindex ist 2006 das erste Mal erhoben worden. Seitdem fiel Deutschland um fünf Plätze zurück. Schlechter hat sich kein anderer untersuchter Standort entwickelt.
Im Rückschritt: Deutschland fällt im internationalen Standortwettbewerb immer weiter zurück. Im aktuellen Standortvergleich von 21 Industrienationen ist Deutschland im Vergleich zu 2018 um drei Plätze auf Rang 17 abgerutscht. Deutschland erreicht die schlechteste Position in der Geschichte des „Länderindex Familienunternehmen“. Auf den Spitzenplätzen liegen die USA, Großbritannien und die Niederlande. Deutlich abgeschlagen ist Deutschland beim Standortfaktor Steuern. Es mache sich die „Passivität der deutschen Steuerpolitik bemerkbar“, heißt es in der Studie, die im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen vom ZEW Mannheim erstellt wurde. Eine große Stärke des deutschen Standorts sind die finanzielle Stabilität von Staat und Privatwirtschaft und die damit verbundenen günstigen Finanzierungsbedingungen. Der Länderindex ist 2006 das erste Mal erhoben worden. Seitdem fiel Deutschland um fünf Plätze zurück. Schlechter hat sich kein anderer untersuchter Standort entwickelt.

Meine Dissertation betrachtet daher zwei Kontexte: den Familienunternehmenskontext sowie den New Venture Kontext. Dabei habe ich mich auf verschiedene methodische und theoretische Ansätze gestützt, um das begrenzte Wissen über die verschiedenen Rollen der nächsten Generation innerhalb der Unternehmerfamilie zu adressieren.


Studie 1 zielt darauf ab zu verstehen, wie die Absichten, Präferenzen und unternehmerischen Rollen der nächsten Generation entstehen und sich entwickeln. Der Einstieg der nächsten Generation in Unternehmerfamilien ist, wie gesagt, nicht auf die Nachfolge beschränkt. Wächst man in einer Familie auf, in der das Unternehmen eine Erweiterung der Familie ist, wird die Beziehung zum Familienunternehmen zu einer wichtigen, wenn auch (bis heute) untererforschten situativen Kontextvariable. Durch die Übertragung der sozial-kognitiven Karrieretheorie auf den Kontext der nächsten Generation in Unternehmerfamilien – unter Einbeziehung von Quer- und Längsschnittdaten – zeigt die Studie, dass die Beziehung zum Familienunternehmen direkt mit der Nachfolge- und Gründungsabsicht der nächsten Generation zusammenhängt und teilweise auch durch unternehmerisches Selbstvertrauen mediiert wird. Darüber hinaus verdeutlichen die Ergebnisse, dass eine Intentions-Handlungs-Lücke für die Gründung eines neuen Unternehmens besonders ausgeprägt ist, während dies für die Nachfolge im Familienunternehmen weniger der Fall ist. Das bedeutet, dass viele der nächsten Generation zwar die Absicht haben, ein eigenes Unternehmen zu gründen, dies aber nicht in die Realität umsetzen.

Studie 2 untersucht die unternehmerischen Rollen der nächsten Generation innerhalb des Familienunternehmenskontextes. Die digitale Transformation erfordert zunehmend Aktivitäten, die außerhalb der Unternehmensgrenzen angesiedelt sind, zum Beispiel über Allianzen mit Start-ups. Trotzdem scheinen deutsche Mittelständler, die überwiegend von Unternehmerfamilien geführt werden und weltweit als Vorbilder für Innovationen gelten, bei der digitalen Transformation nur zögerlich einen strategischen Schwerpunkt auf Aktivitäten außerhalb der Unternehmensgrenzen zu legen. Basierend auf den Konzepten von Identität und Kommunikationsmustern analysiert Studie 2 die Mechanismen hinter diesem Verhalten. Unter Verwendung einer Stichprobe von 254 Mitgliedern der nächsten Generation in Unternehmerfamilien, die nicht alle formell und aktiv im Familienunternehmen eingebunden sind, zeigt die Studie, dass familiäre Kommunikationsmuster die strategische Priorität für oder gegen externes Corporate Venturing über identitätsbezogene Überlegungen im Kontext der digitalen Transformation beeinflussen. Dabei regt die Studie vor allem dazu an, nicht nur die strategischen Prioritäten der etablierten oder aktiv am Unternehmen beteiligten Personen zu untersuchen, sondern auch die der anderweitig in der Familie engagierten Personen, die Einfluss auf die Entscheidungsträger haben, sowie die Personen, die potenziell an der zukünftigen Eigentümerschaft beteiligt sind.

Die großen deutschen Familienunternehmen halten auch in der Corona-Krise an ihrem gesellschaftlichen Engagement fest oder bauen es sogar aus. In einer Befragung im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen gaben 72,4 Prozent der Unternehmen an, den Umfang ihres gesellschaftlichen Engagements auch im laufenden Jahr beibehalten zu wollen. 17,1 Prozent planen sogar eine Aufstockung der Mittel. Einschränkungen plant mit 10,5 Prozent der geringste Teil. Ähnlich äußern sich auch die von Unternehmen getragenen Stiftungen. Darüber hinaus schießen viele Gesellschafter von Familienunternehmen Geld nach, um das Unternehmen und die Mitarbeiter gut durch die Krise zu führen. 40 Prozent der befragten Familienunternehmen geben an, zusätzliche Mittel aus dem Privatvermögen zu überführen. Wichtigste Ziele sind eine Liquiditätssicherung des Unternehmens (73,3 Prozent) und eine Stärkung des Eigenkapitals (53,3 Prozent). 30 Prozent stocken mit den zusätzlichen Mitteln das Kurzarbeitergeld auf. 13,3 Prozent steigern die soziale Absicherung der Mitarbeiter durch eine betriebliche Altersvorsorge, Solidaritätsfonds oder die Auszahlung von Boni in schwierigen Zeiten.
Die großen deutschen Familienunternehmen halten auch in der Corona-Krise an ihrem gesellschaftlichen Engagement fest oder bauen es sogar aus. In einer Befragung im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen gaben 72,4 Prozent der Unternehmen an, den Umfang ihres gesellschaftlichen Engagements auch im laufenden Jahr beibehalten zu wollen. 17,1 Prozent planen sogar eine Aufstockung der Mittel. Einschränkungen plant mit 10,5 Prozent der geringste Teil. Ähnlich äußern sich auch die von Unternehmen getragenen Stiftungen. Darüber hinaus schießen viele Gesellschafter von Familienunternehmen Geld nach, um das Unternehmen und die Mitarbeiter gut durch die Krise zu führen. 40 Prozent der befragten Familienunternehmen geben an, zusätzliche Mittel aus dem Privatvermögen zu überführen. Wichtigste Ziele sind eine Liquiditätssicherung des Unternehmens (73,3 Prozent) und eine Stärkung des Eigenkapitals (53,3 Prozent). 30 Prozent stocken mit den zusätzlichen Mitteln das Kurzarbeitergeld auf. 13,3 Prozent steigern die soziale Absicherung der Mitarbeiter durch eine betriebliche Altersvorsorge, Solidaritätsfonds oder die Auszahlung von Boni in schwierigen Zeiten.

Studie 3 fragt danach, wie die nächste Generation gründet und wie die Unternehmerfamilie den Gründungsprozess beeinflusst und umgekehrt. Dabei wird zugrunde gelegt, dass die Solidarität zur Unternehmerfamilie spürbare Auswirkungen auf das Gründungsverhalten der nächsten Generation hat. Basierend auf Interviews, Websites und Social-Media-Daten identifiziert die Studie fünf Gründungstypen. Diese Typen geben Einblicke in den Einfluss der Familie auf den Gründungsprozess, die Heterogenität in der Gründungsmotivation und der Vielfalt in der Unterstützung des Gründungsvorhabens durch die Familie. Dies hat das Potenzial, unser Wissen darüber zu verbessern, warum es Unterschiede bei der Gründung neuer Unternehmen gibt.


Zusammenfassend lässt sich sagen, dass besonders in Zeiten dynamischer Entwicklungen ein Umdenken nicht nur in Unternehmungen, sondern auch in der Organisation und Struktur der Unternehmerfamilie unabdingbar ist, damit das Familienunternehmen weiter als solches zukunftsfähig bestehen kann.

Titelbild: 

| Timon Studler / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link


Bilder im Text: 

| Gael Gaborel / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link

| Bruno Kelzer / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link


Beitrag (redaktionell unverändert): Dr. Dinah Isabel Spitzley

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