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Regenwald und Klimaschutz

Nachhaltig aufs Tempo drücken

von Dr. Angelica V. Marte | Zeppelin Universität und und Werner Zips | Universität Wien
03.05.2021
Es ist noch nicht zu spät, mit dem Regenwald auch einen Beitrag zum Schutz des Weltklimas zu leisten. Dazu bedarf es jedoch eines internationalen Willens, der sich bisher nur in Lippenbekenntnissen formuliert.

Dr. Angelica V. Marte
Gastwissenschaftlerin und Senior Lecturer am Leadership Excellence Institute Zeppelin | LEIZ
 
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    Zur Person
    Dr. Angelica V. Marte

    Dr. Angelica V. Marte ist ausgebildete systemische Beraterin, Wissenschaftlerin und Führungskräfteentwicklerin. Sie arbeitet seit 1996 mit internationalen Unternehmen und Universitäten als Expertin für die Themen „Global Leadership“, „Networks“ und „Diversity“ und als Executive Coach. Sie publizierte und forschte dazu unter anderem an der Universität Witten/Herdecke, der MIT Sloan School of Management und der Universität Zürich. Aktuell ist sie Unternehmerin sowie Gastwissenschaftlerin und Senior Lecturer am Leadership Excellence Institute Zeppelin | LEIZ an der Zeppelin Universität und an der Steinbeis-Hochschule Berlin. Sie engagiert sich als Beirätin an der Donau-Universität Krems (Department für Interaktive Medien), im Supervisory Board des Schweizer Beratungsunternehmens DOIT- Smart und seit 2013 als zertifzierte Lehrtrainerin für systemisches Coaching am Zentrum für systemische Forschung und Beratung (zfsb) in Heidelberg.

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Die Amazonasregion als größte weltweite Regenwaldfläche erhält noch einigermaßen mediale Aufmerksamkeit. Vor allem dann, wenn die Wälder brennen, um der Produktion von Rindfleisch, Soja, Palmöl und Holzprodukten Platz zu machen. Die zweitgrößten Regenwälder in West- und Zentralafrika führen hingegen ein Schattendasein. Zu Unrecht: Der Regenwald am Äquatorgürtel macht zwar nur ein Drittel vom Amazonasbecken aus, er besitzt aber eine hohe CO2-Bindungskraft. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schätzen diese auf rund 60 Prozent des Amazonas. Somit ist der äquatorial-afrikanische Regenwald ein wahres CO2-Bindungskraftwerk mit globaler Systemrelevanz. Nicht nur für Gorillas, sondern für alle Lebewesen, insbesondere den Menschen.


Einmal verloren, immer verloren: Der tropische Regenwald gilt als kaum oder gar nicht erneuerbare Ressource. Dieses Panoptikum des Lebens ist ein zentraler Faktor für die Begrenzung der Erderwärmung und daher von entscheidender Bedeutung für den Klimaschutz. Im Kongobecken Zentralafrikas ist es noch nicht zu spät, mit dem Regenwald auch einen Beitrag zum Schutz des Weltklimas zu leisten. Dazu bedarf es jedoch eines internationalen Willens, der sich bisher nur in Lippenbekenntnissen formuliert – wie zuletzt beim recht spontan von US-Präsident Joe Biden einberufenen virtuellen Klimagipfel zum Earth Day. Zu diesem vielsagend benannten „Leaders Summit on Climate“ vom 22. bis 23. April 2021 waren nach wenig transparenten Kriterien 40 (für die USA) wichtige Teilnehmerländer eingeladen. Offiziell jene, die am stärksten für den Emissionsausstoß verantwortlich sind. Während die Europäische Kommission durch Ursula von der Leyen und der Europarat durch Charles Michel vertreten waren, nahm die Afrikanische Verhandlungsrunde zum Klimawandel nicht teil. Immerhin waren fünf afrikanische Staatspräsidenten (Gabun, Demokratische Republik Kongo, Nigeria, Südafrika und Kenia) dabei.

Das zentralafrikanische Kongobecken mit seinen artenreichen Ökosystemen stellt das zweitgrößte Regenwaldvorkommen der Erde. Mit 168 Millionen Hektar entspricht es etwa einem Drittel des Amazonas-Regenwaldes mit 526 Millionen Hektar. Dieser Anteil Afrikas am äquatorialen Regenwaldgürtel ist entscheidend für die regionalen Regenfälle bis in die Sahelzone. Schon jetzt beklagen die meisten afrikanischen Staaten unregelmäßige und kürzere Regenzeiten. In den verbliebenen tropischen Regenwäldern Amazoniens und denen des zentralafrikanischen Kongobeckens entscheidet sich das Schicksal des Planeten. Der Weltklimarat benennt seit gut zwei Jahrzehnten jene Kipppunkte, deren unumkehrbare Folgen für das Weltklima zu unkontrollierbaren Kettenreaktionen führen würden. Die weitere Zerstörung dieser beiden tropischen Regenwaldsysteme gehört dazu.
Das zentralafrikanische Kongobecken mit seinen artenreichen Ökosystemen stellt das zweitgrößte Regenwaldvorkommen der Erde. Mit 168 Millionen Hektar entspricht es etwa einem Drittel des Amazonas-Regenwaldes mit 526 Millionen Hektar. Dieser Anteil Afrikas am äquatorialen Regenwaldgürtel ist entscheidend für die regionalen Regenfälle bis in die Sahelzone. Schon jetzt beklagen die meisten afrikanischen Staaten unregelmäßige und kürzere Regenzeiten. In den verbliebenen tropischen Regenwäldern Amazoniens und denen des zentralafrikanischen Kongobeckens entscheidet sich das Schicksal des Planeten. Der Weltklimarat benennt seit gut zwei Jahrzehnten jene Kipppunkte, deren unumkehrbare Folgen für das Weltklima zu unkontrollierbaren Kettenreaktionen führen würden. Die weitere Zerstörung dieser beiden tropischen Regenwaldsysteme gehört dazu.

Diese Online-Konferenz verstand sich als eine von mehreren virtuellen Vorbereitungstreffen für die nächste offizielle UN-Verhandlungsrunde in Glasgow, die wegen Covid-19 auf November 2021 verschobene globale Klimakonferenz (COP 26). Das auf Initiative der USA kurzfristig anberaumte Online-Meeting verfolgte wohl auch eine kaum verhüllte „hidden agenda“: den erneuerten Anspruch der USA auf globale „(Climate) Leadership“.


Dazu kam der Zeitpunkt äußerst gelegen: Nur knapp eine Woche, nachdem der WWF Daten zum Jahr 2017 veröffentlicht hat, aus denen hervorgeht, dass die EU für 16 Prozent der jährlichen Regenwaldzerstörung verantwortlich ist. Der unrühmliche Rang 2 in der „Weltrangliste der Waldzerstörer“ nach China (24 Prozent) lässt die USA (mit Rang 4 und mit 7 Prozent weniger als die Hälfte) vergleichsweise in einem ungewohnt positiven Licht erscheinen. Bei den Treibhausgasemissionen sieht das freilich anders aus. Hier liegen die USA auf dem unrühmlichen zweiten Rang (deutlich vor der EU und um das mehr als Vierfache über Afrika), wie Tanguy Gahouma-Bekale, der derzeitige Vorsitzende der Afrikanischen Verhandlungsrunde zum Klimawandel, im Interview erklärt:


„Nur 4 Prozent aller globalen Emissionen kommen aus Afrika. Wir sind also nicht für die gegenwärtige Lage verantwortlich und können wenig zu ihrer Veränderung tun. Die USA tragen bis zu 18 Prozent zu den globalen Emissionen bei. Daher lassen sich die Klimaziele ohne die USA gar nicht erreichen. Die Europäische Union ist ein sehr guter Partner Afrikas – ich denke, dass sie in dieser Frage die Führung übernehmen könnte.“

Tanguy Gahouma-Bekale kommt aus Gabun, das in vielerlei Hinsicht eine Ausnahme darstellt. Hier versucht die staatlich verordnete Vision „Green Gabon“ seit rund zwei Jahrzehnten den Regenwald für zukünftige Generationen zu erhalten. Vielleicht auch mit dem Hintergedanken, am Emissionshandel noch reicher zu werden. Immerhin ist Gabun das drittreichste Land Afrikas. Im Tandem mit dem international anerkannten Wildbiologen und seinem Vorgänger als Gabuns Klimaverhandler Lee White versucht Tanguy Gahouma-Bekale, den Klimaschutz als kontinentale Priorität Afrikas zu verankern. Ob aus Gabuns Motto „Klimaschutz zuerst“ eine panafrikanische Perspektive auf das dringlichste Problem der Gegenwart entstehen kann, steht noch in den Sternen des African Sky. Sicher ist, dass Gahouma-Bekale die volle Unterstützung Lee Whites genießt, der als wichtigster Wegbereiter von Gabuns elf Nationalparks gilt und derzeit die Position als Gabuns Minister für Wald, Meer, Umwelt und Klimawandel innehat.


Neben Brasilien waren die Rodungen zuletzt im Kongobecken, namentlich der Demokratischen Republik Kongo, besonders stark. Seinen Vorsitz möchte Gabun auch dafür nutzen, auf die regionale und globale Bedeutung der tropischen Regenwälder aufmerksam zu machen. Denn die zunehmende Erderwärmung bedroht die artenreichen Wälder gleich auf mehrfache Weise. Dazu gehört der Anstieg des Meeresspiegels, der nicht nur die Küstenwälder „frisst“, sondern auch das sensible Ökosystem der salzreichen Lagunen, Sumpfgebiete und Moore stört. Für viele große Säugetiere wie Waldelefanten, Rotbüffel und Pinselohrschweine sind diese überlebenswichtig. In den Worten von Tanguy Gahouma-Bekale:


„Die wichtigsten Hauptstädte Afrikas liegen an der Küste: beispielsweise Maputo, Accra, Libreville. Das Ansteigen des Meeresspiegels wird sich auf sie alle auswirken. Daher ist es essenziell, unsere Sorgen klarzumachen. Die übernächste Klimakonferenz bietet dazu eine ausgezeichnete Gelegenheit, weil sie in Afrika stattfinden wird. Da wollen wir der Welt unsere Sicht auf den Klimawandel näherbringen.“

Der tropische Regenwald gilt als nicht erneuerbare Ressource, ist ein zentraler Faktor für die Begrenzung der Erderwärmung und systemrelevant für den Klimaschutz. Das zentralafrikanische Land Gabun gab sich daher das Ziel: „Rainforest first!“. Die 3sat-Dokumentation „Brennpunkt Regenwald – Klimaschutz in Zentralafrika“ von Werner Zips und Angelica V. Marte, zu sehen am Donnerstag, 6. Mai, 23 Uhr, in Erstausstrahlung, stellt die Bemühungen des Landes beim Klimaschutz vor. Unter dem Motto „Grünes Gabun“ will das zentralafrikanische Land mit gutem Beispiel vorangehen. Seinen Vorsitz bei den Afrikanischen Verhandlungsrunden zum Klimawandel möchte Gabun dafür nutzen, auf die regionale und globale Bedeutung der tropischen Regenwälder aufmerksam zu machen. Denn die zunehmende Erderwärmung bedroht die artenreichen Wälder auf mehrfache Weise. Dazu gehört unter anderem der Anstieg des Meeresspiegels, durch den nicht nur Küstenwälder vernichtet werden, sondern auch das sensible Ökosystem der salzreichen Lagunen, Sumpfgebiete und Moore gestört wird. Für viele große Säugetiere wie Waldelefanten, Rotbüffel und Pinselohrschweine sind diese Ökosysteme überlebenswichtig.
Der tropische Regenwald gilt als nicht erneuerbare Ressource, ist ein zentraler Faktor für die Begrenzung der Erderwärmung und systemrelevant für den Klimaschutz. Das zentralafrikanische Land Gabun gab sich daher das Ziel: „Rainforest first!“. Die 3sat-Dokumentation „Brennpunkt Regenwald – Klimaschutz in Zentralafrika“ von Werner Zips und Angelica V. Marte, zu sehen am Donnerstag, 6. Mai, 23 Uhr, in Erstausstrahlung, stellt die Bemühungen des Landes beim Klimaschutz vor. Unter dem Motto „Grünes Gabun“ will das zentralafrikanische Land mit gutem Beispiel vorangehen. Seinen Vorsitz bei den Afrikanischen Verhandlungsrunden zum Klimawandel möchte Gabun dafür nutzen, auf die regionale und globale Bedeutung der tropischen Regenwälder aufmerksam zu machen. Denn die zunehmende Erderwärmung bedroht die artenreichen Wälder auf mehrfache Weise. Dazu gehört unter anderem der Anstieg des Meeresspiegels, durch den nicht nur Küstenwälder vernichtet werden, sondern auch das sensible Ökosystem der salzreichen Lagunen, Sumpfgebiete und Moore gestört wird. Für viele große Säugetiere wie Waldelefanten, Rotbüffel und Pinselohrschweine sind diese Ökosysteme überlebenswichtig.

Schon jetzt – beim derzeitigen Stand von 1,2 Prozent Erderwärmung in Relation zur vorindustriellen Zeit – trägt der afrikanische Kontinent die Hauptlast des Klimawandels. Dürreperioden mit Hungersnöten sind dafür ebenso klare Zeichen wie die Erosion vieler Küstengebiete und das Korallen- und Fischsterben mit gravierenden Auswirkungen für hunderte Millionen Menschen, die vom Fischfang abhängig sind. Wenn der Regen ausbleibt, sich die Sahelzone immer weiter südwärts ausdehnt, landwirtschaftliche Flächen verdorren und das Trinkwasser versiegt, werden diese Menschen innerhalb Afrikas aufbrechen, um Nahrung und Wasser zu finden, wie Minister Lee White befürchtet:


„Gabun wird indirekt vom Klimawandel bedroht: durch dessen Auswirkungen in unseren Nachbarländern. Sie werden enorme Wanderbewegungen auslösen. Es wird zig Millionen Klimaflüchtlinge geben. Die meisten werden hierher in den Süden ziehen und in den Regenwäldern Zentralafrikas mit Landwirtschaft beginnen. Sie werden Wälder roden und einen Teufelskreis in Gang setzen. Der Regenwald wird in Flammen aufgehen und als CO2 in die Atmosphäre gelangen. Zugleich wird die Kohlenstoffbindung in diesen Wäldern enden und alles noch schlimmer machen.“


Schon jetzt beklagen die meisten afrikanischen Staaten unregelmäßige und kürzere Regenzeiten. Das zentralafrikanische Kongobecken mit seinen artenreichen Ökosystemen stellt die zweitgrößten Regenwaldvorkommen der Erde. Mit 168 Millionen Hektar entspricht es etwa einem Drittel des Amazonasregenwaldes mit 526 Millionen Hektar. Dieser Anteil Afrikas am äquatorialen Regenwaldgürtel ist entscheidend für die regionalen Regenfälle bis in die Sahelzone.


In den verbliebenen tropischen Regenwäldern Amazoniens und des zentralafrikanischen Kongobeckens entscheidet sich unter anderem das Schicksal des Planeten. Das mag pathetisch klingen, entspricht jedoch der derzeitigen Faktenlage zur Klimakrise. Der Weltklimarat benennt seit gut zwei Jahrzehnten jene Kipppunkte („tipping points“), deren unumkehrbare Folgen für das Weltklima zu unkontrollierbaren Kettenreaktionen führen würden.
Die weitere Zerstörung dieser beiden tropischen Regenwaldsysteme gehört dazu. Umso absurder erscheint die fortscheitende Abholzung der globalen Urwälder, die von Global Forest Watch – einem Forschungsprojekt der US-Universität von Maryland – erhoben wurde. Demnach ergibt sich eine Steigerung um 12 Prozent für das Pandemiejahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr. Das entspricht einem Emissionsäquivalent im Ausmaß von 570 Millionen Autos, beinahe der Hälfte aller weltweiten Kfz.

Tanguy Gahouma-Bekale hält das (ohnehin zu wenig weitreichende) 1,5-Grad-Ziel zur maximalen Erderwärmung für kaum noch erreichbar. Was in Afrika zu noch nie dagewesenen Klimaereignissen führen würde. Wie viele seiner Kolleginnen und Kollegen weigert er sich, darin „Naturkatastrophen“ zu sehen. Denn ihr Ursprung ist nicht „die Natur“, sondern die kurzsichtige und kurzfristige globale Wirtschaftspolitik.


„Tempozentrismus“ heißt die wissenschaftliche Bezeichnung für jenes Handeln, das nur auf die gegenwärtigen Interessen – einen nicht nachhaltigen Ertrag oder Gewinn – gerichtet ist. Nicht erst seit Greta Thunberg muss als bekannt gelten, dass die Zukunft der Menschheit durch wissenschaftlich belegte Prozesse der menschlichen Naturveränderung gefährdet ist. Die Vernichtung der Regenwälder gehört zu jenen Kipppunkten, die Kräfte in Gang setzen, denen wir als Menschheit hilflos ausgesetzt sein werden. Trotzdem landen sie als „Holzprodukte“ scheinbar unaufhaltsam in den Wohnzimmern, Dachterrassen und Gartenmöbeln oder als Palmöl in einer Vielzahl von Genuss- und Pflegemitteln.


In den vergangenen 50 Jahren hat ein Teil der Menschheit über die Hälfte der Tropenwälder vernichtet und mit ihnen eine Vielzahl von Tierarten. Die kurzlebige Ressourcennutzung von Tropenholz hat selbst ikonische Spezies wie Waldelefanten, Gorillas, Schimpansen, Nilpferde oder Lederschildkröten (als größte Meeresschildkröten) an den Rand des Aussterbens gebracht. Das wirft Fragen auf, die bei weitem nicht zum ersten Mal gestellt werden: Warum können wir nicht erkennen, dass der Krieg gegen die Natur uns selbst ernsthaft bedroht – oder ignorieren zumindest diese Einsicht hartnäckig? Allein im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends war die Tropenwaldabholzung für mehr als ein Viertel aller CO2-Emissionen verantwortlich. Es ist davon auszugehen, dass die massiven Waldbrände in Brasilien und die Abholzungen in Teilen Afrikas im vergangenen Jahrzehnt diesen Trend noch verstärkt haben.


Die 3sat-Dokumentation „Brennpunkt Regenwald – Klimaschutz in Zentralafrika“ widmet sich dieser Frage aus der Sicht afrikanischer Stimmen. Dazu gehören politische Akteure wie Tanguy Gahouma-Bekale und Lee White ebenso wie jene Menschen, die auf die mehrfachen Krisen ihres Alltags mit den Mitteln ihrer kulturellen Überlieferung reagieren.


Auf das Artensterben, die Bedrohung der Küstengewässer durch Überfischung, Plastikmüll und Klimawandel und auf die sich ausbreitende Corona-Pandemie antworten sie auch mit kulturellen Mitteln. Wie beispielsweise der Wiederbelebung ihrer längst verschwunden geglaubten Maskentänze. In den Moukoukoué-Masken verkörpern sich nach ihren Vorstellungen Naturkräfte, Schutz- und Ahnengeister. Lange Zeit galten solche Tänze mit und für die Naturgeister als exotische Rituale, zumindest außerhalb Afrikas. Dabei wurde der tiefere Sinn übersehen. Denn die Tänze stehen für den Respekt der Menschen vor der Natur, dem Wald, dem Meer und dem Gesamtklima. Metaphorisch für all das, was die Welt heute unter dem Begriff der „Nachhaltigkeit“ beschwört.

Das Coronavirus ist das derzeit meistbeachtete Beispiel einer Infektionskrankheit, die von Tieren auf Menschen übertragen wurde. Speziesübergreifende Infektionen sind aber keine Seltenheit – und die vielfältigen Eingriffe des Menschen in die Natur machen die Entstehung sogenannter Zoonosen immer wahrscheinlicher, wie viele Untersuchungen zeigen. Nun hat ein französisches Forscherteam aber eine neue Studie zu diesem Thema vorgelegt. Die Wissenschafterinnen und Wissenschaftler um Serge Morand vom Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung in Paris haben einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Abholzung von Wäldern und Ausbrüchen von Zoonosen gefunden. Das zeigte sich auch, wenn auf dem entwaldeten Areal Palmölplantagen entstanden: Je größer deren Flächen wurden, desto häufiger traten Infektionskrankheiten auf. Ein weiteres Ergebnis ist, dass auch Aufforstung zu mehr Infektionen führen kann. „Wir kennen die genauen ökologischen Mechanismen noch nicht, aber wir nehmen an, dass die Wiederaufforstung hauptsächlich aus Monokultur-Wäldern besteht, die auf Kosten von Grasland angelegt werden“, sagte Morand. Auch das gehe mit dem Verlust biologischer Vielfalt einher, die schrumpfenden und homogeneren Lebensräume begünstigten Krankheitserreger. Wildtiere würden dadurch krankheitsanfälliger – und seien häufiger dem Kontakt mit Menschen ausgesetzt.
Das Coronavirus ist das derzeit meistbeachtete Beispiel einer Infektionskrankheit, die von Tieren auf Menschen übertragen wurde. Speziesübergreifende Infektionen sind aber keine Seltenheit – und die vielfältigen Eingriffe des Menschen in die Natur machen die Entstehung sogenannter Zoonosen immer wahrscheinlicher, wie viele Untersuchungen zeigen. Nun hat ein französisches Forscherteam aber eine neue Studie zu diesem Thema vorgelegt. Die Wissenschafterinnen und Wissenschaftler um Serge Morand vom Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung in Paris haben einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Abholzung von Wäldern und Ausbrüchen von Zoonosen gefunden. Das zeigte sich auch, wenn auf dem entwaldeten Areal Palmölplantagen entstanden: Je größer deren Flächen wurden, desto häufiger traten Infektionskrankheiten auf. Ein weiteres Ergebnis ist, dass auch Aufforstung zu mehr Infektionen führen kann. „Wir kennen die genauen ökologischen Mechanismen noch nicht, aber wir nehmen an, dass die Wiederaufforstung hauptsächlich aus Monokultur-Wäldern besteht, die auf Kosten von Grasland angelegt werden“, sagte Morand. Auch das gehe mit dem Verlust biologischer Vielfalt einher, die schrumpfenden und homogeneren Lebensräume begünstigten Krankheitserreger. Wildtiere würden dadurch krankheitsanfälliger – und seien häufiger dem Kontakt mit Menschen ausgesetzt.

Bei den Ritualen für die „Geister der beseelten Natur“ geht es nicht nur um die Traditionen eines alten, vorkolonialen Afrikas, sondern um die gegenwärtig global so wichtige Einsicht, dass Mensch und Natur nicht voneinander zu trennen sind. Afrikanische Naturkonzepte haben immer diese Einheit betont und mit religiösen Ritualen reproduziert oder sogar gefeiert. In ihrem alten Wissen, dass der Sieg über die Natur einen Pyrrhussieg darstellt, liegt ein zentraler Gedanke, dem die 3sat-Doku angemessenen Raum gibt. In der Missachtung der Natur sehen viele einen Ausdruck der Beschränktheit auf den kurzfristigen Vorteil.


Für hunderte Millionen Menschen bedeutet der Regenwald jedoch so etwas wie Mutter und Vater in ihrer ernährenden, fürsorglichen Rolle – trotz aller Gefahren, die von einem respektlosen Umgang ausgehen. Der Regenwald und mit ihm die natürlichen Ökosysteme, die er nährt, verdienen es, zum Brennpunkt zu werden. Das hieße auch, die Schlüsselfunktion dieser Lebensader in der gegenwärtigen Klimakrise zu erkennen und entsprechend zu handeln. Wie das viele lokale und indigene Gemeinschaften rund um den Erdball seit Menschengedenken praktizieren. Das erinnert an die zentrale Rolle jener Lokalbevölkerungen, die am Rande von bereits existierenden oder von zukünftig einzurichtenden Schutzgebieten leben. Biodiversität, Arten- und Naturschutz beruhen weltweit auf dem guten Willen und der aktiven Partizipation ortsansässiger Gemeinschaften. In den Worten von Francis Braisisei Lambert, des Communities Liaison Officers und Rangers im Pongara Nationalpark an der Küste vor der gabunischen Hauptstadt Libreville:


„Die wichtigsten Naturschützer sind lokale Gemeinschaften. Wo Reservate existieren, in denen Schildkröten und Elefanten leben, ist das ein Verdienst ihrer vernünftigen Ressourcennutzung.“


Vielleicht zeigt sich in der von Afrika angestrebten „Climate Leadership“ – also dem Bestreben, eine entsprechend kompetente Führungsrolle beim Klimaschutz zu übernehmen – auch ein kräftiges Zeichen zur progressiven Dekolonisierung. Staaten wie Gabun werden oft „Entwicklungsländer“ genannt, doch im Kampf gegen die Erderwärmung sind es die Industrieländer, die eindeutig Nachzügler sind. Gabun ist ein sprechendes Beispiel dafür, dass ein relativ kleines zentralafrikanisches Land die Zeichen der Zeit deutlich früher als beispielsweise die große EU erkannte. Sein erfolgreicher „Green Deal“ – genannt „Green Gabon“ – war der EU weit voran.


Das ist vor allem im Hinblick auf die ebenfalls um ein Jahr verschobene Nachfolgekonferenz zu Glasgow wichtig. Die COP 27 in Afrika (voraussichtlich 2022) könnte ein neues Fortschrittsparadigma vorantreiben. Nach dessen Verständnis führt der „Weg zum Ruhm“ nicht mehr über das größte Wirtschaftswachstum, sondern über den wirkungsvollen Schutz von Arten, Natur und Klima. Ganz im Sinne des alten Reggae-Klassikers „Train to Glory“ (The Ethiopians, Album: Engine 54, 1968)


„This train is bound to glory, glory
Get on board you don't need no baggage
This train is bound to glory, glory”

TV-Tipp: Die Dokumentation „Brennpunkt Regenwald – Klimaschutz in Zentralafrika“ von Werner Zips und Angelica V. Marte wird am Donnerstag, 6. Mai, um 23 Uhr auf 3sat ausgestrahlt.


Titelbild: 

| Angelica V. Marte und Werner Zips (alle Rechte vorbehalten)


Bilder im Text: 

| Angelica V. Marte und Werner Zips (alle Rechte vorbehalten)


Beitrag (redaktionell unverändert): Dr. Angalica V. Marte und Werner Zips

Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm

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