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Der aus dem Weinviertel in Österreich stammende Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Reinhard Prügl ist seit 2010 wissenschaftlicher Leiter des Friedrichshafener Instituts für Familienunternehmen | FIF an der Zeppelin Universität sowie Inhaber des Lehrstuhls für Innovation, Technologie und Entrepreneurship. Er beschäftigt sich seit dieser Zeit intensiv mit Nachfolge-Strategie-Prozessen, insbesondere aus der Perspektive der nachrückenden Generation. In diesem Rahmen ist er zudem akademischer Programmleiter eines einzigartigen berufsbegleitenden Masterstudiengangs für Familienunternehmertum | eMA FESH.
Besonders für Familienunternehmen wird es künftig noch wichtiger, die Bewerberinnen und Bewerber von ihren Stärken als Arbeitgeber zu überzeugen. Denn während gerade Familienunternehmen oft viele weiche Arbeitgeberqualitäten aufweisen, haben sie teilweise mit Vorurteilen der Bewerberinnen und Bewerber oder ländlichen Standorten zu kämpfen. Daher ist es wichtig, dass Familienunternehmen eine starke Arbeitgebermarke aufbauen. Employer Branding als Übertragung des Markenmanagements auf den Arbeitsmarkt kann gleichermaßen genutzt werden, um einerseits neue Mitarbeitende zu werben (externes Employer Branding) und um andererseits bestehende Mitarbeitende zu loyalisieren (internes Employer Branding).
Dabei steht die relativ neue Disziplin des Employer Brandings vor einer zentralen Herausforderung. Mit dem Heranwachsen der jüngeren Generationen Y und Z verschieben sich wesentliche Werte und Präferenzen der künftigen Mitarbeitenden. Aufgewachsen mit einer selbstverständlichen Einbettung in digitale Kommunikation und soziale Netzwerke empfinden sie beispielsweise zeitliche und räumliche Fixierungen als erhebliche Hindernisse. Als Konsequenz werden etwa weitgehende Flexibilität bei Arbeitszeit und -ort sowie nicht-hierarchische Kommunikation zu erfolgsentscheidenden Strukturen in vielen Unternehmen.
Die Studie „Karriere trifft Sinn“ stellt beispielsweise fest, dass junge Fachkräfte auf kurzfristige Rendite getrimmte Konzerne unattraktiv finden. Für viele Unternehmen hat das Quartalsergebnis nach wie vor oberste Priorität. Ihre Strategie und Geschäftspolitik sind unverändert auf eine kurzfristige Gewinnmaximierung fixiert, das Wort „Nachhaltigkeit“ entpuppt sich oft als inhaltslose Floskel. Bisher galt die Regel: Wer schnell hohe Gewinne abwirft, war meist auch im Wettbewerb um die besten Fachkräfte attraktiv. Das könnte sich künftig entscheidend ändern.
Im Kampf um die besten Fach- und Führungskräfte müssen die deutschen Unternehmen menschlicher werden und ganzheitlicher denken: 86 Prozent der Befragten legen großen Wert darauf, dass ihr künftiger Arbeitgeber nicht auf kurzfristige Gewinnmaximierung setzt, sondern langfristige und stabile Erträge anstrebt. Ob der Arbeitgeber Marktführer ist (40 Prozent) oder bekannte Produkte oder Dienstleistungen anbietet (33 Prozent), ist für die Studienteilnehmenden dagegen eher zweitrangig. Familienunternehmen sind durch die Zuschreibung einer hohen Langfristorientierung bei gleichzeitig starkem Vertrauen in diesen Unternehmenstyp (Lude und Prügl, 2018) hier klar im Vorteil – wenn sie denn auch aktiv kommunizieren, dass es sich um ein Familienunternehmen handelt.
Die Bereitschaft, sich in einem Unternehmen zu bewerben, setzt ein attraktives Bild des Unternehmens im Bewusstsein der potenziellen Bewerberinnen und Bewerber voraus. Der öffentliche Auftritt des Unternehmens, sein Image und seine Bekanntheit können entscheidend sein. Motivierend wirken Firmengebäude, Werbung und Berichte in Medien, die beachtenswert sind. Eine besondere Rolle können auch die Firmenstory und der Auftritt von Vorständen und Geschäftsführern in den Medien spielen. Bewerberinnen und Bewerber interessieren sich für die Unternehmenskultur. Wichtig für potenzielle Bewerberinnen und Bewerber ist, welche Wertschätzung Mitarbeitende erfahren oder welche Führungsgrundsätze existieren. Man erwartet Hilfsbereitschaft und Kollegialität, ein gutes Verhältnis zu Vorgesetzten und eine allgemein positive Stimmung. Auch hier haben die oftmals besonders personenzentriert denkenden und handelnden Familienunternehmen einen Vorteil – wiederum aber nur dann, wenn den Bewerberinnen und Bewerbern auch bewusst ist, dass es sich bei dem Unternehmen um ein Familienunternehmen handelt, was eine aktive Kommunikation dieser Eigenschaft voraussetzt.
Schließlich wollen Bewerberinnen und Bewerber spüren, wie sich die Mitarbeitenden mit dem Unternehmen identifizieren. Die Identifikation mit dem Unternehmen ist ein zentrales Bedürfnis aller Mitarbeitenden. Jeder möchte stolz darauf sein können, in seinem Unternehmen zu arbeiten und dadurch auch Anerkennung und sozialen Status in seiner Umwelt zu erfahren. Und auch hier sind Familienunternehmen potenziell im Vorteil, sind doch vielfach eine durch die Unternehmerfamilie forcierte starke Bindung an und hohe Identifikation mit dem Unternehmen vorbildhaft und potenziell „ansteckend“.
Es gilt, die eigenen Mitarbeitenden als primäre Kunden zu betrachten und das Unternehmen nach innen als glaubwürdigen, attraktiven und einzigartigen Arbeitgeber darzustellen. Dadurch sollen langfristige und vertrauensvolle Beziehungen zwischen Unternehmen und Mitarbeitenden aufgebaut werden. Wie aber können Familienunternehmen vor allem junge Mitarbeitende an das Unternehmen binden? Übereinstimmende Werte zwischen Unternehmen und Mitarbeitenden sind das Fundament für langfristige Mitarbeiterbindung. Die Ergebnisse einer aktuellen Studie unseres Friedrichshafener Instituts für Familienunternehmen | FIF belegen eindrucksvoll, dass eine höhere Wertekongruenz zwischen Mitarbeitenden und Unternehmen zu einer stärkeren emotionalen Verbundenheit der jungen Mitarbeitenden mit dem Unternehmen führt. Entscheidend ist nun, inwieweit sie einen Fit zwischen ihren eigenen Wertvorstellungen und dem Wertesystem des Unternehmens wahrnehmen.
Dazu müssen die Unternehmenswerte klar kommuniziert und gleichzeitig erlebbar gemacht werden. Gerade für neue Mitarbeitende sind Einstiegs- und Weiterbildungsveranstaltungen hier wesentliche Kommunikationsmöglichkeiten. Zudem können auch klassische Medien der internen Kommunikation genutzt werden, beispielsweise Intranet, Mitarbeiterzeitung oder Newsletter. Speziell in Bezug auf die Generation Y sollten jedoch auch innovativere Instrumente wie Storytelling (auch über soziale Medien) in Betracht gezogen werden: Dort berichten Kolleginnen und Kollegen über die gelebte Unternehmenskultur und grundlegende Werte. Die Arbeitgebermarke wird somit für die entsprechende Zielgruppe erleb- und greifbarer. Mithilfe von derartigen Sozialisationsprozessen kann die Wertekongruenz der Mitarbeitenden vor allem in den ersten Wochen und Monaten gezielt erhöht werden.
Die Markenpersönlichkeit ermöglicht einen Vergleich mit der eigenen Persönlichkeit, was bei einer wahrgenommenen Übereinstimmung schließlich zur Identifikation mit der Marke führt. Die Ergebnisse der FIF-Studie belegen, dass die beiden Markenpersönlichkeitsdimensionen Vertrauen und Sicherheit sowie Temperament und Leidenschaft einen positiven Einfluss auf die emotionale Verbundenheit mit dem Arbeitgeber haben. Zudem zeigt sich, dass die Studienteilnehmenden den Arbeitgebermarkenbestandteil „Familienunternehmen“ zu einem hohen Grad mit menschlichen Persönlichkeitsmerkmalen assoziieren, was sich mit bisheriger Forschung deckt: Familienunternehmen werden eher als Person und weniger als anonyme Organisationen betrachtet (Beck und Prügl, 2015). Gerade Familienunternehmen, die aufgrund der präsenten Unternehmerfamilie und des Familiennamens oft personifiziert werden, sollten sich diesen Vorteil zunutze machen.
Dieser Artikel ist am 12. Juli unter dem Titel „Vorbildhaft und potenziell ,ansteckend‘“ in der Juli-Ausgabe von „DIE NEWS – Fachzeitschrift für Familienunternehmen“ erschienen.
Titelbild:
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Bilder im Text:
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Beitrag (redaktionell unverändert): Prof. Dr. Reinhard Prügl
Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm