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Bianca Balint ist in Freiburg geboren und aufgewachsen. Nach ihrem Abitur absolvierte sie einen kulturpolitischen Freiwilligendienst am Goethe-Institut in Jakarta sowie ein Praktikum bei der Deutsch-Iranischen Industrie- und Handelskammer in Teheran. Sie studiert derzeit im dritten Semester Sociology, Politics and Economics und ist stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Club of International Politics e.V. Neben ihrem Studium arbeitet Bianca Balint für ein Gemeinschaftsprojekt des Goethe-Instituts, des Auswärtigen Amtes sowie des DIHK namens „Iran-Horizonte“, welches hochqualifizierten iranischen Fachkräften ermöglicht, zwei Monate in einem deutschen Unternehmen zu hospitieren.
Von Teheran aus geht es zunächst in die südlich gelegene Stadt Shiraz, die für ihre schönen Gärten und ihre Literaturgeschichte bekannt ist. Die berühmten persischen Dichter Saadi und Hafez wurden in jener Stadt geboren, heute sind deren Mausoleen mit prachtvollen Gärten zu besichtigen. Zudem ist Shiraz das Tor nach Persepolis, das im 6. Jahrhundert v. Chr. die Hauptstadt des Perserreiches war und heute aus Ruinen besteht. Wir als deutsche Reisegruppe werden – wohin wir auch gehen – ausschließlich freundlich empfangen, sei es von älteren Menschen auf der Straße oder von jungen Leuten, die aus dem Auto „Welcome to Iran“ rufen. Das Deutschland-Bild ist im Iran insgesamt sehr positiv; denn viele von ihnen haben dort Verwandte oder wünschen sich, nach Deutschland auszuwandern. Uns wird in Gesprächen erzählt, dass heutzutage mehr Iranerinnen und Iraner in Sprachinstituten Deutsch lernen als Englisch, und nicht selten kommt die Situation vor, dass wir gefragt werden, was denn der beste Weg wäre, um in die Bundesrepublik kommen zu können.
Auch in Isfahan offenbart sich 8.000 Jahre alte Hochkultur. Eines der vielen Highlights der Reise: Der Platz des Imams, auf dem der Schah früher Polo spielte und heute der zweitgrößte Platz der Welt ist. Der Platz wird umrundet von großen Bazarständen, die den einen oder anderen auch zu einem Perserteppichkauf verleitet. Trotz aller schönen Seiten und dem kontinuierlich herzlichen Empfang der Iraner bemerkt die studentische Teilnehmerin Laura Höring: „Es ist spürbar, wie sehr das Land unter den wirtschaftlichen Sanktionen leidet. Leider wirken sich diese vor allem auf die einfachen Menschen aus. Der Umstand, Taxifahrer mit Hochschulabschluss anzutreffen, ist keine Seltenheit und die Verzweiflung ist vielen anzusehen.“
Die USA versuchen mit ihrer aktuellen Politik des maximalen Drucks, das Land wirtschaftlich ausbluten zu lassen, um so die Führung in Teheran wieder an den Verhandlungstisch für ein neues Atomabkommen zu zwingen. Doch die Auswirkungen sind vor allem im Alltag der Menschen im Iran sichtbar und lässt uns nachdenklich zu unserem letzten Reisepunkt in die iranische Hauptstadt fahren.
In Teheran angekommen, beginnt der eigentliche Studiencharakter-Teil der Reise mit Terminen bei verschiedenen deutschen Institutionen sowie Privatpersonen. Den Auftakt macht die Evangelische Gemeinde Deutscher Sprache im Iran, wo uns Kirsten Wolandt, die einzige deutsche Pfarrerin im Iran, begrüßt, einen Impulsvortrag über die Arbeitsweise der Kirche und die religiösen Minderheiten im Iran hält und wenig später bei Kaffee und Kuchen ausführlich alle aufkommenden Fragen beantwortet. Die Minderheiten im Iran haben sehr ausgeprägte Freiheitsrechte – Juden und Christen haben beispielsweise einen gesicherten Platz im Parlament –, dürfen jedoch keine Missionierungsarbeit leisten. Als Iraner ist man von Geburt an Muslim und das Konvertieren steht unter Todesstrafe; dementsprechend geht die Gemeinde Deutscher Sprache auch sehr vorsichtig mit Kirchenbesuchern um und darf iranischen Staatsbürgern keinen Eintritt auf das Kirchengelände gestatten.
Bei den Folgeterminen insbesondere bei der Deutsch-Iranischen Handelskammer sowie in der Deutschen Botschaft werden die Sanktionen und deren Auswirkungen auf die bilateralen Beziehungen eingehend thematisiert. Eine sehr radikale Position nimmt Nasser Hadian, Professor an der Universität Teheran mit dem Schwerpunkt Nukleare Abrüstung, ein, den wir in einem Vorort von Teheran treffen. Laut seiner Auffassung müsse der Iran durch sein Raketenprogramm für eine maximale Abschreckung sorgen und damit drohen, die ganze Region ins Chaos zu stürzen, sollten die USA nicht ihre Sanktionen zurücknehmen. Hendrik Phillips, Teil des Organisationsteams der Studienreise, kommentiert dies wie folgt: „Das Treffen mit Professor Nasser hat uns auf erschreckende, aber gleichzeitig eindrucksvolle Art und Weise klar gemacht, wie sehr sich der Iran und seine Regierung in die Ecke gedrängt fühlen, so dass die aktuelle Eskalationsspirale in einen Krieg zu münden droht und von der Regierung einkalkuliert wird.“
Nach zehn Tagen im Iran mit kurzen Nächten und langen Gesprächen kommen viele verschiedene Emotionen auf. Freude und Erstaunen über die immense Gastfreundlichkeit, Wut, weil die Regierung Menschen- und insbesondere Frauenrechte massiv einschränkt, aber auch eine gewisse Dankbarkeit, das Land bereisen zu können, ohne wie umgekehrt auf iranischer Seite 18 Monate für ein Visum nach Deutschland warten zu müssen. Iran ist vieles – oftmals laut, anstrengend, doch eines sicherlich nicht: Das Bild, das in den deutschen Medien vorherrscht.
Titelbild:
| Faruk Kaymak / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link
Bilder im Text:
| Bianca Balint / Privat (alle Rechte vorbehalten)