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Crowdfunding

Die Massen mobilisieren

Seit der Finanzkrise stellt sich die Kreditvergabe durch Banken aufgrund zunehmender Regulierungen als immer schwieriger dar. Für Unternehmen, die Probleme haben, einen Bankkredit zu bekommen, kann Crowdfunding deshalb eine interessante Geldquelle sein.

Fabian Stützle
Student des Masterstudiengangs „Corporate Management and Economics“
 
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    Zur Person
    Fabian Stützle

    Fabian Stützle studiert seit 2018 den Masterstudiengang Corporate Management & Economics an der Zeppelin Universität mit Auslandsaufenthalt am Indian Institute of Management Bangalore. Aktuell ist er im Praxissemester in der M&A-Beratung tätig. Zuvor studierte Stützle im Bachelor an der Universität Ulm Wirtschaftswissenschaften. Im Rahmen seines ZU-Studiums bekam er die Möglichkeit, sich intensiv mit der Digitalisierung und Digitalen Transformation der Finanzbranche auseinanderzusetzen. Im Rahmen dessen verfasste er den Forschungsbeitrag „Ist Crowdfunding eine relevante Finanzierungsalternative für Unternehmen? Eine ökonomische Analyse aus Sicht unterschiedlicher Unternehmenstypen“, die in dem von Herberger herausgegebenen Sammelband „Die Digitalisierung und die Digitale Transformation der Finanzwirtschaft“ erschien.

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Du hast Dich in Deinem Beitrag mit dem Thema „Crowdfunding“ befasst. Was steckt überhaupt hinter dem Begriff?

Fabian Stützle: Beim Crowdfunding geht es darum, ein Vorhaben von einer Menge an (potenziellen) Investoren – der Crowd – finanzieren zu lassen. Das können sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen tun. Investoren und Kapitalsuchende werden beim Crowdfunding direkt zusammengeführt, in der Regel findet das auf einer der zahlreichen Plattformen statt. Wenn dabei klassische Finanzintermediäre, wie beispielsweise Banken, umgangen werden, spricht man auch von Disintermediation.


Welche unterschiedlichen Crowdfunding-Ansätze gibt es?

Stützle: Auch wenn es zum Thema Crowdfunding keine einheitliche Nomenklatur gibt, hat sich die Unterscheidung zwischen vier verschiedenen Formen etabliert: dem Donation-based Crowdfunding, dem Reward-based Crowdfunding, dem Lending-based Crowdfunding und dem Equity-based Crowdfunding. Die ersten beiden Formen haben eher den Charakter einer Spende, die gar nicht oder nur in Form einer nicht-monetären Gegenleistung, wie beispielsweise einem Goodie, vergütet wird. Bei den anderen beiden Formen handelt es sich um eine Kapitalanlage, also um eine Investition mit erwarteten finanziellen Rückflüssen: Das Lending-based Crowdfunding ähnelt dabei der klassischen Kreditvergabe durch Banken mit fester und vorab bekannter Verzinsung des eingesetzten Kapitals. Beim Equity-based Crowdfunding werden nachrangige Darlehen vergeben, oft mit Beteiligungen an zukünftigen Zahlungsströmen, beispielsweise dem Gewinn eines Unternehmens. Der Investor profitiert hier also von dessen positiver Entwicklung.

Charles Adler, Perry Chen und Yancey Strickler (v.l.n.r.) machten die Online-Plattform Kickstarter zum Inbegriff des Crowdfundings. Dort werden jährlich Tausende von Projekten finanziert – jedes wird vom jeweiligen Gründer eigenständig erstellt und gestaltet. Filmemacher, Musiker, Künstler oder Designer haben die volle Kontrolle über ihre Projekte und sind auch für sie verantwortlich. Jeder von ihnen ist verpflichtet, das Finanzierungsziel und die Frist für sein Projekt festzusetzen. Wenn andere an dem Projekt Gefallen finden, können sie einen Beitrag zur Umsetzung des Projekts leisten. Erreicht das Projekt sein Finanzierungsziel, werden die Kreditkarten der Unterstützer bei Ablauf der Frist belastet. Schlägt die Finanzierung fehl, zahlt niemand. Auf Kickstarter funktioniert die Finanzierung nach dem Prinzip „Alles oder nichts“. Oft mit Erfolg: Dreizehn Filme, die über Kickstarter finanziert werden konnten, wurden für die Academy Awards nominiert, einer davon, der Dokumentarfilm "Inocente", gewann 2013 den Oscar. Alben, die dank Kickstarter aufgenommen wurden, haben es unter die Top 10 der Billboards geschafft, haben Grammys gewonnen und Musikerlegenden neue kreative Freiheiten gegeben. Kickstarter war der Ausgangspunkt für Kunstwerke, die im MoMA, der Whitney Biennial, dem Kennedy Center, dem Walker Art Center, dem Smithsonian und dem American Folk Art Museum ausgestellt wurden.
Charles Adler, Perry Chen und Yancey Strickler (v.l.n.r.) machten die Online-Plattform Kickstarter zum Inbegriff des Crowdfundings. Dort werden jährlich Tausende von Projekten finanziert – jedes wird vom jeweiligen Gründer eigenständig erstellt und gestaltet. Filmemacher, Musiker, Künstler oder Designer haben die volle Kontrolle über ihre Projekte und sind auch für sie verantwortlich. Jeder von ihnen ist verpflichtet, das Finanzierungsziel und die Frist für sein Projekt festzusetzen. Wenn andere an dem Projekt Gefallen finden, können sie einen Beitrag zur Umsetzung des Projekts leisten. Erreicht das Projekt sein Finanzierungsziel, werden die Kreditkarten der Unterstützer bei Ablauf der Frist belastet. Schlägt die Finanzierung fehl, zahlt niemand. Auf Kickstarter funktioniert die Finanzierung nach dem Prinzip „Alles oder nichts“. Oft mit Erfolg: Dreizehn Filme, die über Kickstarter finanziert werden konnten, wurden für die Academy Awards nominiert, einer davon, der Dokumentarfilm "Inocente", gewann 2013 den Oscar. Alben, die dank Kickstarter aufgenommen wurden, haben es unter die Top 10 der Billboards geschafft, haben Grammys gewonnen und Musikerlegenden neue kreative Freiheiten gegeben. Kickstarter war der Ausgangspunkt für Kunstwerke, die im MoMA, der Whitney Biennial, dem Kennedy Center, dem Walker Art Center, dem Smithsonian und dem American Folk Art Museum ausgestellt wurden.

Als was für eine Rechtsform würdest Du Crowdfunding bezeichnen – es ist ja schließlich weder eine Spende noch eine Aktienanlage noch eine Investition mit konkreter Renditemöglichkeit?


Stützle: Da es verschiedene Formen des Crowdfundings gibt, kann Crowdfunding sowohl Spende als auch Kapitalanlage sein. Aus Unternehmenssicht handelt es sich beim Lending-based Crowdfunding um die Aufnahme von Fremdkapital beziehungsweise um eine Investition mit konkreter Renditemöglichkeit für den Investor. Mittels Equity-based Crowdfunding kann Eigenkapital oder Mezzanine-Kapital aufgenommen werden. In Deutschland funktioniert das – auch aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen – meist mittels sogenannter partiarischer Nachrangdarlehen, es können aber auch Unternehmensanteile ausgegeben werden. Rechtlich unterliegt das Crowdfunding in Deutschland in erster Linie dem Kleinanlegerschutzgesetz, welches das Crowdfunding sowohl aus Investoren- als auch aus Unternehmensperspektive reguliert, aber eben auch limitiert. Der Fokus liegt dabei auf den beiden renditeorientierten Formen, grundsätzlich kommt es bei der rechtlichen Bewertung des Crowdfundings aber immer auf die individuelle Vertragsgestaltung an.


Wer nutzt Crowdfunding für sich – und wer hat am meisten davon? Verträumte Künstler, Start-ups oder sogar Konzerne?


Stützle: Crowdfunding kann für alle möglichen Akteure interessant sein: Für Unternehmen und den Öffentlichen Sektor, zur Finanzierung von Immobilienprojekten, zur Bereitstellung sogenannter Mikrokredite und natürlich auch für den Bereich Kunst und Kultur. Für letzteren sind wahrscheinlich eher das Donation- und das Reward-based Crowdfunding interessant. Das renditeorientierte Crowdfunding ist in Deutschland aktuell auf einen Maximalbetrag von 2,5 Millionen Euro limitiert, was gerade für größere Unternehmen eher gering ist. Wird das Fundinglimit höher angesetzt, so fällt das Projekt rechtlich unter die Verkaufsprospektpflicht und wird dadurch aufgrund der anfallenden Kosten meist uninteressant. Für junge Unternehmen und Start-ups kann eine Finanzierung mittels Crowdfunding durchaus interessant sein, da es dazu beitragen kann, die Finanzierungsprobleme, mit denen diese sich in frühen Phasen konfrontiert sehen, zu reduzieren.


Neben der Finanzierung kann das Crowdfunding auch noch zu anderen Zwecken genutzt werden wie beispielsweise zu Marketingzwecken oder – zumindest ein Stück weit – zur Marktforschung. Ein Nachteil an einer Finanzierung mittels Crowdfunding ist unter anderem die Tatsache, dass Unternehmen Informationen offenlegen müssen. Gerade für innovative Produkte kann das ein Problem darstellen und eine Finanzierung mittels Crowdfunding grundsätzlich ausschließen.

Gibt es auch Unternehmen, für die Crowdfunding eine bisher unentdeckte Geldquelle sein könnte – etwa das Familienunternehmen von nebenan, das eine neue Weinsorte realisieren will?

Stützle: Seit der Finanzkrise stellt sich die Kreditvergabe durch Banken aufgrund zunehmender Regulierungen als immer schwieriger dar. Für Unternehmen, die Probleme haben, einen Bankkredit zu bekommen, kann Crowdfunding deshalb eine interessante Geldquelle sein. Auch bietet Crowdfunding die Möglichkeit, bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt die Kaufbereitschaft für ein neues Produkt zu testen, etwa wenn das Familienunternehmen von nebenan eine neue Weinsorte realisieren will. In Deutschland gibt es bereits eine Vielzahl verschiedener Crowdfunding-Plattformen mit unterschiedlichen Zielgruppen, beispielswiese Vereine, Immobilienprojekte, nachhaltige Projekte oder bestimmte Branchen wie der Tourismus, welcher ja aktuell stark von der Corona-Krise betroffen ist.


Wie risikoreich ist Crowdfunding? Gibt es Untersuchungen, wie viele Projekte gelingen oder scheitern? Und was wird im „Worst Case“-Szenario aus dem Geld?

Stützle: Im Crowdfunding ist immer eine Zielsumme definiert, die erreicht werden muss, um das einzelne Projekt zu realisieren. Wenn diese Summe nicht erreicht wird, das heißt wenn das Projekt bereits an der Finanzierung scheitert, wird das investierte Geld meist wieder zurückerstattet – die individuelle Ausgestaltung der Finanzierung ist im Vorfeld bekannt. Wenn das finanzierte Projekt – aus welchen Gründen auch immer – scheitert, ist im „Worst Case“-Szenario der gesamte investierte Betrag weg, gerade bei nachrangigen Darlehen. Daher sollte sich der Investor einerseits umfassend im Vorfeld über das entsprechende Projekt informieren, um das Risiko zumindest approximieren zu können, und andererseits nicht nur in ein einzelnes Projekt investieren, sondern diversifizieren und so das Risiko streuen.


Hast Du eigentlich selbst schon einmal ein Projekt via Crowdfunding unterstützt und was ist draus geworden – oder würdest Du es tun?

Stützle: Ich habe Stand heute noch nie in ein Crowdfunding-Projekt investiert, denke aber, dass Crowdfunding gerade in Zeiten von Niedrigzinsen mit Sicherheit eine spannende Anlagemöglichkeit sein kann. Gegebenenfalls ist die Investition in ein konkretes Projekt, wie beispielsweise eine Immobilie, auch einfacher zu verstehen als ein kompliziertes Finanzprodukt. Außerdem ermöglicht Crowdfunding einer Vielzahl an Menschen als Risikokapitalgeber aufzutreten, was eine Möglichkeit zur Diversifikation des eigenen Anlageportfolios darstellt.

Titelbild: 

| Daryan Shamkhali / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link


Bild im Text: 

| Kickstarter / Pressebild (alle Rechte vorbehalten) | Link


Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm

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Zeit, um zu entscheiden

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